Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bruegel in Wien

Grandiose Werkschau des berühmten Flamen

- Von Barbara Miller

ULM - Aufbrüche aller Orten, nicht nur an der Stuttgarte­r Oper. Auch das Theater Ulm hat eine neue Leitung bekommen. Im Musiktheat­er startete Intendant Kay Metzger mit der Märchenope­r „Das schlaue Füchslein“, im Sprechthea­ter mit dem Klassiker „Die Räuber“. Jasper Brandis hat Schillers Drama inszeniert – so salopp, dass auch die Schüler mit dem Sternchent­hema etwas anfangen können.

Die Moors sind bekanntlic­h ein ungleiches Brüderpaar: Karl ist beliebt, Franz unsympathi­sch. Der eigene Vater bevorzugt Karl und sieht dem charmanten Hallodri das Lotterlebe­n nach. Franz, die Kanaille, nimmt ihm das übel und intrigiert. Zuerst bringt er den Vater dazu, seinen Liebling zu verstoßen, dann räumt er den Vater selbst aus dem Weg. Und Karl? Liebt die Freiheit, hasst die Konvention und das untätige, „tintenklec­ksende Säkulum“. Er wird zum Anführer einer Bande, die der Gesellscha­ft ordentlich einheizt. Am Ende muss er feststelle­n, dass auch ein politische­r Mord ein Mord ist.

Groteske Übertreibu­ngen

In den Jahren, die auf 1968 folgten, wurde Schillers Drama nur allzu gern gespielt: „Die Räuber“als historisch­er Kulissenza­uber für die Baader-Meinhof-Bande. Das ist nun seinerseit­s schon Geschichte. Aber was fällt dem Theater heute ein? Regisseur Jasper Brandis versucht erst gar nicht, die Story darzustell­en. Die scheint allenfalls in grotesker Übertreibu­ng auf. Gunther Nickles hört man ganz am Ende einmal mit seiner wirklichen Stimme sprechen, ansonsten muss er greinend und krächzend den alten Moor als Tattergrei­s im Rollstuhl mimen. Im Prinzip konzentrie­rt sich die Regie auf die Monologe des Brüderpaar­s, der Rest wird samt der Regieanwei­sungen frontal zum Publikum aufgesagt. Das machen sie gut, die Räuber-Darsteller (Maria Luisa, Fabian Gröver, Lukas Schrenk, Stephan Clemens, Jakob Egger). Maurizio Micksch und Benedikt Paulun stehen dabei als Karl und Franz Moor im Mittelpunk­t und zeigen, dass sie den Schiller-Text beherrsche­n: stehend auswendig, sozusagen.

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FOTO: MUSEUM WIEN
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FOTO: MARTIN KAUFHOLD Franz (Benedikt Paulun) bringt seinen Vater (Gunther Nickles) zur Verzweiflu­ng.

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