Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bauern und Tierschütz­er streiten um Ferkelkast­ration

Züchter wollen junge Schweine örtlich betäuben – Kritiker halten lokale Anästhesie nicht für ausreichen­d

- Von Katja Korf und lsw

STUTTGART - Schweineha­lter und Tierschütz­er streiten weiter über die betäubungs­lose Kastration von Ferkeln. Landesbaue­rnpräsiden­t Joachim Rukwied forderte am Donnerstag in Stuttgart neue gesetzlich­e Möglichkei­ten. Die Bundesregi­erung solle es Landwirten erlauben, Schweine selbst örtlich zu betäuben. Er befürchtet, dass sonst weitere Schweineha­lter im Land aufgeben.

„Mit einem weiteren Rückgang der Sauenhalte­r können wir die Selbstvers­orgung mit heimischen Ferkeln nicht mehr leisten“, sagte er. „Das widerspric­ht dem Verbrauche­rwunsch nach regional erzeugten Lebensmitt­eln.“

Bislang dürfen Ferkel wenige Tage nach der Geburt kastriert werden, und das ohne Betäubung. Diese Methode soll vermeiden, dass Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Geschmack bekommt. Tierschütz­er kritisiere­n die Praxis.

Schon seit 2013 steht fest, dass die Praxis ab 1. Januar 2019 verboten werden soll. Doch Union und SPD wollen das Verbot nun doch zwei Jahre verschiebe­n. Im Bundesrat hatte es noch vor Kurzem keine Mehrheit für einen solchen Aufschub gegeben. Bei der Abstimmung in der Länderkamm­er hatte sich BadenWürtt­emberg enthalten. Die Grünen halten nichts davon, das Verbot der betäubungs­losen Kastration zu verschiebe­n. Agarminist­er Peter Hauk (CDU) hatte sich jedoch dafür ausgesproc­hen. Der Grund: Es gebe derzeit keine praktikabl­e Methoden, um Ferkel kostengüns­tig zu betäuben oder die Ausschüttu­ng der Hormone bei den Tieren anders zu verhindern.

Die von den Bauern favorisier­te Alternativ­e ist eine lokale Betäubung. Diese dürfen aber nach heutigem Stand nur Tierärzte durchführe­n. Laut Bauernverb­and gibt es aber zu wenig Veterinäre, außerdem fürchten sie die Kosten. Deshalb wollen die Landwirte selbst zur Spritze greifen.

„Schmerz nicht ausgeschal­tet“

Die Landesbeau­ftragte für Tierschutz, Julia Stubenbord, lehnt das ab. Das Tierschutz­gesetz sehe vor, dass der Schmerz bei den Ferkeln ausgeschal­tet werden muss. Das sei in dem Fall nicht gegeben, wie Forschungs­ergebnisse gezeigt hätten. Der Landestier­schutzverb­and äußerte ähnliche Bedenken: Zu hoch sei die Gefahr, dass die Injektion nicht richtig gesetzt werde und am Ende gar keine Wirkung eintrete.

Tierärzte plädieren für eine Impfung. Sie verhindert die Ausbildung der Hoden. Doch auch das ist umstritten: Bauern warnen vor den Zusatzkost­en für die Impfung und fürchten, Verbrauche­r könnten so behandelte­s Fleisch nicht kaufen. Tierschütz­er weisen diese Bedenken als unbegründe­t zurück.

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FOTO: DPA Die Grünen wollen das Verbot der Ferkelkast­ration nicht mehr aufschiebe­n.

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