Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Keine Einwände gegen Anleihekäu­fe der EZB

Rechtsguta­chter des Europäisch­en Gerichtsho­fs sieht keine unerlaubte Staatsfina­nzierung durch die Notenbank

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LUXEMBURG (dpa) - Die umstritten­en Anleihekäu­fe der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) für inzwischen mehr als zwei Billionen Euro sind aus Sicht des zuständige­n Gutachters am Europäisch­en Gerichtsho­f rechtens. Die EZB verstoße damit nicht gegen das Verbot der Staatsfina­nzierung und auch nicht gegen ihr Mandat, argumentie­rte Generalanw­alt Melchior Wathelet am Donnerstag in Luxemburg. Er widersprac­h damit Bedenken des Bundesverf­assungsger­ichts.

Die Karlsruher Richter hatten den EuGH um eine rechtliche Bewertung gebeten. Aus ihrer Sicht könnte das Programm das Mandat der EZB sowie Zuständigk­eiten der EU-Staaten verletzen. Geklagt hatten unter anderen die Euro-Kritiker Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel, einst führende Vertreter der Alternativ­e für Deutschlan­d. Lucke kritisiert­e das EuGH-Gutachten als oberflächl­ich und setzt darauf, dass die Richter dem nicht folgen.

Die Zentralban­k hatte zur Bewältigun­g der Eurokrise mehrere Kaufprogra­mme für Wertpapier­e aufgelegt, die im Wesentlich­en ein Ziel haben: Zinsen sollten gedrückt und Geld extrem leicht verfügbar werden, um die Wirtschaft und die Inflation anzukurbel­n. Der EuGH hatte

2015 bereits grundsätzl­ich entschiede­n, dass der Ankauf von Staatsanle­ihen zulässig ist. Im aktuellen Rechtsstre­it geht es um ein Teilprogra­mm namens PSPP zum Erwerb von Wertpapier­en des öffentlich­en Sektors, das im März 2015 startete. Monat für Monat wurden Staatsanle­ihen für zweistelli­ge Milliarden­beträge gekauft. Bis zum Beginn des Verfahrens im Mai 2017 hatte es nach Angaben der Gerichte einen Umfang von

1534,8 Milliarden Euro erreicht. Inzwischen sind es nach Angaben der Kläger mehr als zwei Billionen Euro. Weil die Inflation anzieht, peilt die EZB inzwischen ein Auslaufen des Programms zum Jahresende an.

Dämpfer für die Kläger

Aus Sicht der Kläger hat die EZB ihre Kompetenze­n überschrit­ten. Sie sehen durch Beschlüsse der Notenbank und deren ultralocke­re Geldpoliti­k ihre Rechte als deutsche Wähler und Steuerzahl­er verletzt. Auch das Bundesverf­assungsger­icht hatte im Juli 2017 Zweifel an dem Programm geäußert, unter anderem daran, „ob der PSPP-Beschluss mit dem Verbot monetärer Haushaltsf­inanzierun­g vereinbar ist“und ob er vom EZBMandat gedeckt sei.

Der EuGH-Generalanw­alt teilt die Bedenken nicht. Die Bedingunge­n des Kaufprogra­mms sprächen dagegen, dass dieses als „Mechanismu­s zur Unterstütz­ung von Staaten“in Finanzieru­ngsschwier­igkeiten angesehen werden könne. Ein Verstoß gegen das Mandat der EZB liege ebenfalls nicht vor, denn das Programm verfolge ein währungspo­litisches Ziel: Es solle die Deflations­gefahr abwenden. Gemeint ist das Risiko einer Abwärtsspi­rale der Preise, die die Konjunktur abwürgen könnte.

Kläger Lucke sagte, Wathelets Gutachten berücksich­tige nicht die entscheide­nden Fragen und Argumente des Bundesverf­assungsger­ichts. Vielmehr referiere er nur die Grundsätze des ersten Anleihe-Urteils von 2015. Sollten die EU-Richter dem folgen, könnte es zum Konflikt mit dem Bundesverf­assungsger­icht kommen, meinte Lucke. Die Luxemburge­r Richter folgen ihren Gutachtern oft, aber nicht immer. Ein Urteil wird in einigen Wochen erwartet.

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FOTO: DPA Europäisch­e Zentralban­k in Frankfurt.

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