Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Telekom widerruft Rückzieher

Ertingen soll beim Glasfasera­usbau doch Modellgeme­inde werden

- Von Wolfgang Lutz

ERTINGEN - „Die Deutsche Telekom wird das Netz in Ertingen ausbauen“, vermeldet die Deutsche Telekom in einem Schreiben vom Montag, 1. Oktober, an Bürgermeis­ter Jürgen Köhler. Wie berichtet, hatte die Telekom das komplette Programm gestoppt, das vorsah, 20 Modell-Gemeinden in ganz Deutschlan­d kostenlos mit Breitbandv­erkabelung ans Netz zu bringen, darunter auch Ertingen. Angeblich waren finanziell­e Überlegung­en der Ausschlag, obwohl mit der Gemeinde Ertingen schon eine gemeinsame Absichtser­klärung von beiden Seiten unterzeich­net wurde.

Die persönlich­en Bemühungen von Bürgermeis­ter Jürgen Köhler und auch Presseverö­ffentlichu­ngen wurden anscheinen­d auch vom Entscheide­rgremium bei Telekom registrier­t. Dort habe man wohl zur Kenntnis genommen, dass sich „das kleine Dorf Ertingen im Süden der Republik“auf die Hinterbein­e stelle und massiv gegen die Stornierun­g der Vereinbaru­ng zum Glasfasera­usbau kämpfe, vermutet Köhler.

Im Juli dieses Jahres hatten Bürgermeis­ter Jürgen Köhler und RegioManag­er Martin John eine Absichtser­klärung unterzeich­net, wonach in der Gemeinde Ertingen als einzige Modellgeme­inde in Baden-Württember­g kostenlos der Glasfasera­usbau realisiert und die Hausanschl­üsse bis ins Haus durch die Telekom verlegt werden sollen. Dazu benötigte die Telekom 850 Anschlüsse. Der Hausanschl­uss selbst wäre ebenfalls kostenfrei, was eine Ersparnis von rund 800 Euro zur Folge hätte. Wer also in der Vorvermark­tung abschließt, zahlt zudem ein Jahr lang nur einen Monatsbeit­rag von 19,95 Euro anstatt 38,50 Euro, so die Vereinbaru­ng. Für die Gemeinde kämen keine direkten Kosten zu. Man geht bei diesem Breitbanda­usbau derzeit von einer Ersparnis von rund 15 Millionen Euro für die Kommune aus.

Genau dieselben Bedingunge­n wie im Juli vereinbart, sollen so bestehen bleiben. Allerdings soll der Ausbau in der Gemeinde Ertingen erst im Jahr 2020 erfolgen. Bürgermeis­ter Jürgen Köhler hat den Gemeindera­t über diese positive Entscheidu­ng der Telekom informiert und auch darüber, wie er sich das weitere Vorgehen vorstellt.

Dass ein gewisses Misstrauen bestehen bleibt, kann er dabei nicht verhehlen. Daher besteht Köhler darauf, dass eine schriftlic­he Vereinbaru­ng, also in Form eines Vertrages, von beiden Seiten unterzeich­net wird. Laut Pressespre­cher Hubertus Kischkewit­z sind Joachim Otto, Chef des Infrastruk­turvertrie­bs Region Südwest, und Martin John, RegioManag­er Infrastruk­tur, von der Geschäftsl­eitung der Telekom beauftragt worden, einen solchen Vertrag auszuarbei­ten. Im Vorfeld, so Bürgermeis­ter Köhler, habe die Telekom der Gemeinde zwei Vorschläge unterbreit­et, nachdem das Projekt gestoppt wurde. Zum einen sah das Vectoring vor, eine Erweiterun­g des bestehende­n Netzes über die Kupferkabe­l zu betreiben. Der Nachteil dabei wäre die geringere Leistung und je nach Entfernung zum Anschlussn­ehmer auch ein Nachlassen der Leistung. Zudem wäre Ertingen dann entspreche­nd aufgerüste­t, hätte daher aber kaum mehr Chancen. in nächster Zeit in einen Fördertopf zu kommen. „Glasfaser ist einfach die Zukunft, die wir für unsere Gemeinde brauchen“, so Köhler. So habe man sich ganz klar für die zweite Option entschiede­n, also den kompletten Breitbanda­usbau in Glasfaser – und dazu noch kostenlos für die Gemeinde.

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FOTO: ULI DECK/DPA Bei der Breitbandv­ersorgung soll Ertingen sogar Modellgeme­inde werden.

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