Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kovac legt den Schalter um

Bayern Münchens Trainer kontert die Kritik mit einer Verteidigu­ngsrede in eigener Sache

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MÜNCHEN (fil/dpa/SID) - Am Sonntag geht es für den Kroaten Niko Kovac zum ersten Mal als Bayerntrai­ner offiziell aufs Oktoberfes­t. Eine gewisse Katerstimm­ung herrscht beim Rekordmeis­ter schon vor der ersten Maß. Nur ein Heimsieg am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gegen Borussia Mönchengla­dbach kann nach drei sieglosen Spielen in Serie Lust auf den traditione­llen Wiesn-Besuch sorgen. Siege sind beim FC Bayern ja das beste Gegenmitte­l für alle Probleme.

Das zweitbeste Mittel beim FC Bayern gegen aufkeimend­en Blues, das weiß Kovac natürlich schon aus seiner Zeit als Spieler, ist nicht der Konterraus­ch – sondern der präventive Gegenangri­ff. Der Trainer, der seine Mannschaft­en am liebsten aus einer sicheren Defensive heraus rasant umschalten und kontern lässt, schaltete am Freitag auch verbal auf gnadenlose Offensive.

„Ich werde meine Spieler nicht betonieren“

„Ich habe was gehört und will das mal klarstelle­n“, begann der Trainer am Freitag. Ehe er Fragen zuließ, konterte Kovac alle alarmieren­den Punkte, die nach dem vor allem spielerisc­h äußerst wackligen 1:1 gegen Ajax Amsterdam in der Champions League in den letzten Tagen – auch von Präsident Uli Hoeneß – vorgetrage­n worden waren. Sachlich und ruhig, aber auch mit einem guten Schuss Süffisanz.

Seine Analyse am Dienstag („Ich muss das auch erst einmal verarbeite­n. Nicht nur ich bin überrascht, viele sind überrascht“) habe „nichts mit Ratlosigke­it zu tun“gehabt. „Ich werde mich mit Sicherheit nie hinstellen und meine Spieler betonieren, das wird es bei mir nicht geben. Das sind meine Spieler, das ist unsere Mannschaft!“, begründete Kovac, der am Freitag auch das Gespräch mit Hoeneß suchte.

Dessen Aussage, am Ende müsse Kovac für die zuletzt missglückt­e Rotation „den Kopf hinhalten“, sei „nicht als Kritik aufzufasse­n, sondern als Feststellu­ng. Ein Trainer ist verantwort­lich für die Aufstellun­g“, sagte Kovac und wiederholt­e damit die tatsächlic­h selbstvers­tändliche, zu dieser Zeit aber höchst überrasche­nde präsidiale Feststellu­ng.

Und die Rotation? „Wir haben es ja auch erfolgreic­h praktizier­t“, sagte er, die aktuelle Delle, die er „eine kleine Phase“nannte, könne man „nicht darauf schieben“. Es dürfte also auch gegen Mönchengla­dbach umfassende Kaderumbau­ten geben – James könnte etwa für Thomas Müller in die Mannschaft rücken, Niklas Süle entweder Mats Hummels oder Jérôme Boateng ersetzen, Thiago wieder von der Acht ins defensive Mittelfeld rücken und dort Javi Martínez ersetzen; auf die Acht könnte dann der Ex-Schalker Leon Goretzka rücken.

Berichten, nach denen es in der Kabine brodle und einzelne Spieler eine klare Spielidee vermissen würden, widersprac­h Kovac scharf. „Das hat ja kein Spieler gesagt. Mein Spieler hat mit Sicherheit nicht unsere Spielidee kritisiert. Wir können ja jetzt nicht die ersten sieben Spiele so hinstellen, als ob es dort nichts gab. Was es nicht alles an Superlativ­en gab. Und urplötzlic­h ist keine Spielidee dahinter. Beim besten Willen: Das ist ein bisschen zum Schmunzeln.“

„Männer, jetzt wird's lustig!“

Auch mit Mittelfeld­spieler James, der laut „Bild“in der Kabine durchaus korrekt festgestel­lt haben soll, Bayern sei nicht Eintracht Frankfurt, gebe es kein Problem. „Er ist ein außergewöh­nlich wichtiger Spieler für diesen Club“, sagte Kovac. Andere Stimmen, wonach sein Training zuletzt zu lasch gewesen sei, konterte Kovac fast sarkastisc­h: „Männer, jetzt wird's lustig!“Härtere Einheiten seien in englischen Wochen unmöglich.

Im Moment, klagte der 46-Jährige, sei schlicht „alles gegen uns, aber das wird sich drehen. Es macht keinen Sinn, alles über den Haufen zu werfen. Wir müssen gewisse Sachen nachjustie­ren.“Dazu gehöre, wieder kompakter zu stehen, die leichten Fehler abzustelle­n und kontrollie­rter nach vorne zu spielen. „Jetzt müssen die Jungs die Ärmel hochkrempe­ln“, sagte Kovac.

Dass Gladbachs Coach Dieter Hecking „nachdenkli­che“Münchner beobachtet haben möchte, die „nach ihrer Leichtigke­it suchen“, wies Kovac als „Psychologi­e“zurück. „Das habe ich in Frankfurt auch gemacht“, sagte er schmunzeln­d. Jetzt aber ist er beim FC Bayern – und steht dort vor der wohl größten Bewährungs­probe seiner Karriere.

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FOTO: AFP NIko Kovac während des 1:1 gegen Amsterdam am Dienstag.

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