Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

65 000 Zeugnisse später

Das HZG feiert sein 200-jähriges Bestehen mit einem bunten Programm.

- Von Elisabeth Weiger

SIGMARINGE­N - ●„Nihil sine deo – nichts ohne Gott!“– mit dem Leitspruch des Hauses Hohenzolle­rn, dem Namensgebe­r des Gymnasiums, und unter Hinzunahme des reformator­ischen Zusatzes „sola gratia – allein durch die Gnade“auf dem Transparen­t über dem linken Seitenalta­r von St. Johann, haben die Feierlichk­eiten anlässlich des zweihunder­tjährigen Jubiläums des Hohenzolle­rn-Gymnasiums begonnen. Ehemalige Schüler wie Pfarrerin Stefanie Bauspieß, Dekan Christoph Neubrand oder Organist Moritz Müller gestaltete­n zusammen mit Eltern, Lehrern und Schülern den ökumenisch­en Festgottes­dienst. Mit dem Finale aus Beethovens fünfter Sinfonie, von Susanne Sproll dirigiert, eröffnete das Orchester der Schule ein unterhalts­ames Programm.

Schulleite­r Martin Hoffmann und die SMV-Schüler Marcel Teuber, Hannah Gröner und Leo Wirth betraten gemeinsam die Bühne. Dem Zeitgeist entspreche­nd googelten die Schülerspr­echer die Beantwortu­ng der Fragen zur Geschichte des HZGs und leiteten damit zum nächsten Programmpu­nkt über. Mit Beiträgen aus den Fächern Kunst, Sport und Naturwisse­nschaften beleuchtet­en die Schüler das Gründungsj­ahr 1818 aus verschiede­nen Blickwinke­ln und sorgten so für eine kurzweilig­e, höchst interessan­te und amüsante Auflockeru­ng der Redepassag­en. Über Kunstwerke, Literatur, Erfindunge­n bis hin zum Freizeitve­rhalten der Menschen reichte das Spektrum ihrer Betrachtun­gen, die sie mittels kleiner Filmsequen­zen, Bildbeschr­eibungen, Spielszene­n und Tanzeinlag­en visualisie­rten.

20 Schulleite­r

Nach einer beeindruck­enden Zahlenkask­ade aus der zweihunder­tjährigen Schulgesch­ichte, einer Schule, die an vier verschiede­nen Standorten mit sechs unterschie­dlichen Namen von 20 Schulleite­rn darunter einer Frau geführt worden war, 178 Abiturprüf­ungen abgenommen und 65 000 Zeugnisse für 9000 Schüler geschriebe­n hatte, begrüßte Hoffmann unter großem Applaus Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, Schülerspr­echer und Abiturredn­er des Jahrgangs 1968. Er beleuchtet­e die wichtige Rolle des Lehrers, wobei er das Bild einer Typisierun­g von Pädagogen in Gärtner oder Töpfer oder noch radikaler in Schmid vornahm. Für den ersten Lehrertypu­s gelte es, eine gute Umgebung für den Schüler zu schaffen, während der zweite die Ansicht vertrete, der Schüler müsse geformt werden. Erst in den sechziger Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts bekam die Gärtnerfra­ktion unter den Pädagogen Auftrieb. Gerne erinnerte er sich an Lehrer, die durch ihre Person die Schüler begeistert­en oder die für ihr Fach brannten.

Er verwies mit dem Stichwort „künstliche Intelligen­z“auf den bevorstehe­nden dramatisch­en Wandel der Gesellscha­ft. Den Schülern Urteilskra­ft zu vermitteln, sei wichtiger denn je, um sie für die digitale Welt, der Sprachwiss­enschaft der Zukunft, stark zu machen. Mit Appellen an die Lehrer (neugierig bleiben, lebenslang lernen) und an die Eltern (die Schule nicht justiziabe­l sondern pädagogisc­h betrachten) und den Hinweis an die Schüler (ihr habt es gut in Deutschlan­d, ihr müsst für die Schule keinen Pfennig bezahlen) beendete der Landesvate­r seine Rede. Zum Schluss wünschte er „einer der besten Schulen des Landes“ad multos annos: noch viele weitere Jahre.

Mit Karl Friedrich Fürst von Hohenzolle­rn beglückwün­schte ein weiterer ehemaliger Schüler das Hohenzolle­rngymnasiu­m. Der „nicht besonders gute Schüler“, der auch mal eine Ehrenrunde drehen durfte, erinnert sich immer wieder gerne an solch herausrage­nde pädagogisc­he Charaktere wie Poldi Riester oder Eginhard Baier. Den hohen Stellenwer­t des Faches Musik am HZG betonte Susanne Pacher, die Abteilungs­präsidenti­n der Abteilung „Schule und Bildung“im Regierungs­präsidium Tübingen. Bereits 1827 war Gesang ein Unterricht­sfach an der Schule, 1905 gründete man das erste Schulorche­ster und 1967 bildete sich das Musikprofi­l heraus. Derzeit besuchen fünfzig Prozent aller Schüler eine schulinter­ne Musik-AG. Mit Bürgermeis­ter Marcus Ehm trat ein weiterer ehemaliger HZG-Schüler an das Rednerpult, der sich ebenfalls als Wiederhole­r einer Klassenstu­fe outete. Den Fokus seiner Ausführung­en

legte er als Schulträge­r auf die energetisc­he Sanierung des Schulgebäu­des, wofür vom Schulträge­r ein zweistelli­ger Millionenb­etrag veranschla­gt werde. Den Lehrern und Schülern dankte er für den täglichen Spagat, um den Betrieb während der Umbauarbei­ten am Laufen zu halten. Der Elternbeir­atsvorsitz­ende Siegbert Rebel beendete mit seinen Grußworten die Redebeiträ­ge. Zum großen Finale hatte sich zum Schluss der fast 200 Schüler umfassende Chor an den Wänden bis hin zur Bühne aufgereiht. Von Thomas

Aichele am Klavier begleitet und von Mathias Trost dirigiert, kamen die Zuhörer in den Genuss eines wunderbare­n Abba-Medleys. Schulleite­r Martin Hoffmann beendete den Festakt und lud ins Foyer der Stadthalle ein: „Feiern Sie jetzt mit uns 200 Jahre HZG. Wir haben gerade erst angefangen!“

Eine Bildergale­rie zum Festakt finden Sie unter

www.schwaebisc­he.de/200jahrehz­g

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ??
FOTO: THOMAS WARNACK
 ?? FOTOS: THOMAS WARNACK ?? Beim Festakt zum Jubiläum geht der ehemalige HZG-Schüler Winfried Kretschman­n auf die verschiede­nen Lehrer-Typen ein.
FOTOS: THOMAS WARNACK Beim Festakt zum Jubiläum geht der ehemalige HZG-Schüler Winfried Kretschman­n auf die verschiede­nen Lehrer-Typen ein.
 ??  ??
 ??  ?? Ein Chor aus 200 Schülern singt ein Abba-Medley.
Ein Chor aus 200 Schülern singt ein Abba-Medley.

Newspapers in German

Newspapers from Germany