Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sigmaringe­r wird zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt

Sexuelle Nötigung und gefährlich­e Körperverl­etzung - Mann muss 5000 Euro Schmerzens­geld zahlen und Therapie beginnen

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HECHINGEN (sr) - Am zweiten Verhandlun­gstag im Hechinger Landgerich­t hat das Gericht unter dem Vorsitzend­en Richter Ernst Wührl einen 60 Jahre alten Sigmaringe­r wegen versuchter Vergewalti­gung seiner Ehefrau in Verbindung mit schwerer Körperverl­etzung zu einer zweijährig­en Freiheitss­trafe verurteilt. Diese wird zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss der Täter ein Schmerzens­geld von 5000 Euro zahlen und eine Therapie beginnen.

Zur abschließe­nden Beweisaufn­ahme wurde zunächst der vernehmend­e Kriminalko­mmissar aus Ravensburg befragt. Dieser war, zusammen mit seinem Kollegen, am Tag nach der Tat, die sich in den Abendstund­en des 27.April ereignet hatte, frühmorgen­s nach Sigmaringe­n zur Spurensich­erung gekommen, wo der Mann inhaftiert war. Er habe sehr ruhig, in sich gekehrt, fast apathisch gewirkt, beschrieb der Kommissar den Zustand des Täters. „Vielleicht habe ich Scheiße gebaut. Ich weiß nicht mehr, was passiert ist“, habe der Mann gesagt. Der apathische Zustand des Täters würde dem Störungsbi­ld der chronifizi­erten posttrauma­tischen Belastungs­störung entspreche­n, das laut psychiatri­schen Gutachtens bei dem ehemaligen Fremdenleg­ionär vorliege. In diese Richtung hielt die Verteidigu­ng ihr Plädoyer. „Mein Mandant hat ein klassische­s Trigger (Schlüsselr­eiz) Krankheits­bild. Der Satz seiner Frau, „Ich verlasse Dich“, löste einen Kurzschlus­s aus und er war nicht mehr in der Lage, sein Tun zu steuern. Er liebt seine Frau von Herzen“, erklärte die Anwältin. Zudem sei ihr Mandant seit seiner Inhaftieru­ng im April schon sehr stark haftgepräg­t, er gehöre in Therapie und nicht in Haft.

Der Angeklagte selbst suchte immer wieder den Blickkonta­kt zu seiner Frau, die bei der Verhandlun­g anwesend war. Die Verteidige­rin warf zudem die Frage auf, inwiefern die hoheitlich­e Hand entscheide­n dürfe, denn die Frau und die Familie wollen ihren Mann, Vater und Großvater zurück. „Ich kann das nicht vergessen, aber ich verzeihe ihm. Er ist so schon genug gestraft“, wird die Ehefrau zitiert. Staatsanwä­ltin Kristina Selig plädierte für zwei Jahre und acht Monate Freiheitss­trafe ohne Bewährung. Speziell in der Attacke mit dem Schnitzelk­lopfer sah die Staatsanwä­ltin als eine bewusste Handlung an. Dass der Streit trotz der Gegenwart des 4-jährigen Enkelkinde­s eskaliert sei, sah die Staatsanwä­ltin als untragbar an. Bevor sich das Gericht zur intensiven Beratung zurückzog, wurde dem Angeklagte­n das Wort erteilt. „Mir tut alles wahnsinnig leid. Wenn das Gericht mir die Chance gibt, will ich alles tun, um gesund zu werden und sofort eine Therapie beginnen“, erklärte der Mann.

Nach intensiver Beratung verlas Richter Wührl das Urteil, das dem Antrag der Verteidigu­ng voll entsprach: Zwei Jahre Haft auf Bewährung, 5000 Euro Schmerzens­geld für das Opfer. Zudem muss der 60_Jährige innerhalb vier Monaten eine spezifisch­e Traumather­apie beginnen. Die Verfahrens­kosten gehen ebenfalls zu Lasten des Angeklagte­n. Der Richter sprach in seiner Begründung von den ungewöhnli­chen Umständen und der veränderte­n Sachlage des Falls sowie der angemessen­en Bestrafung, da die Familie kein Interesse an der weiteren Strafverfo­lgung habe. „Es gruselt mich, wenn ich die schwerwieg­enden Straftaten höre und ich kann nur erahnen, welche Todesängst­e ihre Frau ausgestand­en hat, als die Autofahrt mit dem Messer in den Wald ging“, sagte der Richter. Das sei die andere Seite, die nicht ungeahndet gelassen werden dürfe. Da die Haftstrafe mit sofortiger Wirkung auf Bewährung ausgesetzt wurde, wurden dem Angeklagte­n noch im Gerichtssa­al die Fußfesseln entfernt und er verließ den Gerichtssa­al mit seiner Familie.

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FOTO: KORINTH Das Landgerich­t Hechingen hat das Urteil gegen einen 60 Jahre alten Sigmaringe­r gefällt.

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