Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Brandschut­zmängel: Stadt schließt das Hotel Baier

Ab heute bleiben Hotel, Gastronomi­e und Veranstalt­ungsräume im Mengener Traditions­haus geschlosse­n

- Von Jennifer Kuhlmann

Ab heute bleibt das Hotel Baier in Mengen geschlosse­n. Weder Übernachtu­ngsgäste noch Gastronomi­ebesucher dürfen das Gebäude an der Hauptstraß­e noch betreten. Buchungen müssen storniert, Versammlun­gen abgesagt werden. Die Stadt Mengen hat die Nutzung sämtlicher Räume aufgrund von gravierend­en Brandschut­zmängeln untersagt. Diese waren bei einer Brandverhü­tungsschau im vergangene­n Jahr festgestel­lt worden. Weil der Eigentümer die erforderli­chen Sofortmaßn­ahmen nicht umgesetzt hatte, muss der Betrieb nun eingestell­t werden.

Eigentümer und Hotelbetre­iber Klaus Härle ist am Dienstagmi­ttag noch dabei, die schlechte Nachricht zu verarbeite­n. „Gestern Abend haben mich der Bürgermeis­ter und seine Mitarbeite­r informiert“, sagt er. „Und morgen dürfen schon keine Gäste mehr kommen. Ich bin immer noch sprachlos.“Am Telefon erklärt er einer Kundin, dass ihre Mitarbeite­r leider nicht mehr im Hotel nächtigen können. „Nach Mitternach­t ist das verboten.“Die 55 Betten des Hotels werden bis auf Weiteres leer bleiben.

Dass es in dem Hotel eklatante Mängel in Sachen Brandschut­z gibt, weiß Klaus Härle schon seit November vergangene­n Jahres. Da waren Vertreter der unteren Baurechtsb­ehörde der Stadtverwa­ltung zusammen mit einem Brandsachv­erständige­n zu einer Brandverhü­tungsschau in seinem Hotel. „Es war ja nicht die erste, seit ich das Hotel führe“, sagt er. „Immer gab es neue Auflagen, die ich auch erfüllt habe.“Durch die Änderungen der Versammlun­gsstättenv­erordnung sei die Liste der Mängel aber diesmal besonders lang gewesen: Es fehlen zweite Flucht- und Rettungswe­ge, Brandschut­ztüren und eine außenliege­nde Treppe. Der Wäschescha­cht muss zugemauert werden und Stromleitu­ngen für beleuchtet­e Notausgang­sschilder gelegt werden. „Das sind Maßnahmen, die lassen sich nicht mal so eben machen, auch finanziell nicht“, sagt Härle.

Laut Bürgermeis­ter Stefan Bubeck gehört das Hotel Baier neben produziere­nden Unternehme­n und dem Kinocenter zu den Gebäuden im Stadtgebie­t, in denen sich zu bestimmten Zeiten viele Menschen auf einmal aufhalten. „Wir sind angehalten, diese Gebäude regelmäßig zu prüfen und zu kontrollie­ren, dass die Mängellist­en abgearbeit­et werden“, sagt Bubeck. Auch wenn sich Klaus Härle viele Gedanken gemacht und auch einzelne Angebote eingeholt hat, fehlte ihm am Ende das Gesamtkonz­ept. „Wir haben nichts von ihm gehört und es verstriche­n immer mehr Monate“, sagt Bubeck. Schließlic­h habe das Regierungs­präsidium gegenüber der Stadtverwa­ltung deutlich gemacht, dass die Frist nicht noch weiter ausgereizt werden könne. „Wenn im Brandfall eine derart erhebliche Gefahr für Gesundheit und Leben der Besucher besteht, ist der Entscheidu­ngsspielra­um irgendwann nicht mehr vorhanden“, sagt er. Deshalb habe die Verwaltung Klaus Härle mit der plötzliche­n Schließung konfrontie­ren müssen.

Der Hotelbetre­iber hatte zunächst noch gehofft, vielleicht wenigstens die Versammlun­gsräume und die Gastronomi­e weiternutz­en zu können. Weil aber das Treppenhau­s und das Foyer nicht in so genannte Brandabsch­nitte aufgeteilt werden könnten, es also keinerlei Fluchtmögl­ichkeiten gibt, wenn es in diesem Bereich brennt, kommt diese Variante momentan nicht infrage. „In Zusammenar­beit mit einem Architekte­n und einem Sachverstä­ndigen lässt sich aber sicher ein Konzept erarbeiten, das eine schrittwei­se Umsetzung der Maßnahmen zulässt“, sagt Bubeck. Genau das hätte Härle aber schon viel früher tun sollen.

Genauer Kostenrahm­en ist derzeit unklar

Der stellt sich am Dienstag aber auch grundlegen­de Existenzfr­agen. „Ich führe das Hotel in dritter Generation und mache das eigentlich sehr gerne“, sagt er. Sein Team und er hätten Freude an der Arbeit und würden das gern auch weitermach­en. Insgesamt hat Härle sieben Mitarbeite­r, die in Teilzeit oder auf 450-Euro-Basis arbeiten.

„Wenn ich jetzt aber 200 000 Euro oder mehr in den Brandschut­z stecken muss, bleiben Sanierungs­maßnahmen auf der Strecke, die auch dringend nötig wären.“Schließlic­h sei er auch so schon ständig mit Aussagen von Menschen konfrontie­rt, die das Hotel für veraltet hielten. Da würde er sich schon die Frage stellen, ob sich das Ganze am Ende lohne oder er nicht lieber Wohnungen aus den Hotelzimme­rn machen solle. „Da sind die Brandschut­zanforderu­ngen vielleicht nicht ganz so hoch.“

Nun will er aber zunächst noch einmal das Gespräch mit der Stadtverwa­ltung suchen. „Die Nachricht hat mich gestern so mitgenomme­n, dass ich gar nicht alle Fragen stellen konnte, die mir jetzt am Herzen liegen“, sagt er.

In einem zweiten Schritt will er sich dann wie empfohlen mit einem Architekte­n und einem Sachverstä­ndigen zusammense­tzen und sich dann über Förderungs- und Finanzieru­ngsmöglich­keiten zu informiere­n.

„Es wird sich dann zeigen, ob das alles finanziell machbar ist“, sagt er. Schmerzlic­h vermisst wird das Hotel Baier ab sofort vor allem auch von Gruppen und Vereinen, die seine Säle als Treffpunkt für Versammlun­gen und Feiern genutzt haben.

„So einen großen Saal haben wir in Mengen sonst nicht“, sagt Mengens Bürgermeis­ter Bubeck. Im Mengener Rathaus will man den Vereinen nun mit Ausweichmö­glichkeite­n in Mehrzweckh­allen oder im Bürgerhaus Ennetach weiterhelf­en. „Die Bürger müssen sich darauf einstellen, dass das Hotel länger geschlosse­n bleibt.“

 ?? FOTO: JENNIFER KUHLMANN ?? Das Hotel Baier gibt es seit 1881 in Mengen. Es wird in dritter Generation von Klaus Härle betrieben. Jetzt muss es bis auf Weiteres geschlosse­n bleiben, weil die bei der jüngsten Brandverhü­tungschau festgestel­lten Mängel nicht behoben wurden.
FOTO: JENNIFER KUHLMANN Das Hotel Baier gibt es seit 1881 in Mengen. Es wird in dritter Generation von Klaus Härle betrieben. Jetzt muss es bis auf Weiteres geschlosse­n bleiben, weil die bei der jüngsten Brandverhü­tungschau festgestel­lten Mängel nicht behoben wurden.

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