Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Brandschutzmängel: Stadt schließt das Hotel Baier
Ab heute bleiben Hotel, Gastronomie und Veranstaltungsräume im Mengener Traditionshaus geschlossen
Ab heute bleibt das Hotel Baier in Mengen geschlossen. Weder Übernachtungsgäste noch Gastronomiebesucher dürfen das Gebäude an der Hauptstraße noch betreten. Buchungen müssen storniert, Versammlungen abgesagt werden. Die Stadt Mengen hat die Nutzung sämtlicher Räume aufgrund von gravierenden Brandschutzmängeln untersagt. Diese waren bei einer Brandverhütungsschau im vergangenen Jahr festgestellt worden. Weil der Eigentümer die erforderlichen Sofortmaßnahmen nicht umgesetzt hatte, muss der Betrieb nun eingestellt werden.
Eigentümer und Hotelbetreiber Klaus Härle ist am Dienstagmittag noch dabei, die schlechte Nachricht zu verarbeiten. „Gestern Abend haben mich der Bürgermeister und seine Mitarbeiter informiert“, sagt er. „Und morgen dürfen schon keine Gäste mehr kommen. Ich bin immer noch sprachlos.“Am Telefon erklärt er einer Kundin, dass ihre Mitarbeiter leider nicht mehr im Hotel nächtigen können. „Nach Mitternacht ist das verboten.“Die 55 Betten des Hotels werden bis auf Weiteres leer bleiben.
Dass es in dem Hotel eklatante Mängel in Sachen Brandschutz gibt, weiß Klaus Härle schon seit November vergangenen Jahres. Da waren Vertreter der unteren Baurechtsbehörde der Stadtverwaltung zusammen mit einem Brandsachverständigen zu einer Brandverhütungsschau in seinem Hotel. „Es war ja nicht die erste, seit ich das Hotel führe“, sagt er. „Immer gab es neue Auflagen, die ich auch erfüllt habe.“Durch die Änderungen der Versammlungsstättenverordnung sei die Liste der Mängel aber diesmal besonders lang gewesen: Es fehlen zweite Flucht- und Rettungswege, Brandschutztüren und eine außenliegende Treppe. Der Wäscheschacht muss zugemauert werden und Stromleitungen für beleuchtete Notausgangsschilder gelegt werden. „Das sind Maßnahmen, die lassen sich nicht mal so eben machen, auch finanziell nicht“, sagt Härle.
Laut Bürgermeister Stefan Bubeck gehört das Hotel Baier neben produzierenden Unternehmen und dem Kinocenter zu den Gebäuden im Stadtgebiet, in denen sich zu bestimmten Zeiten viele Menschen auf einmal aufhalten. „Wir sind angehalten, diese Gebäude regelmäßig zu prüfen und zu kontrollieren, dass die Mängellisten abgearbeitet werden“, sagt Bubeck. Auch wenn sich Klaus Härle viele Gedanken gemacht und auch einzelne Angebote eingeholt hat, fehlte ihm am Ende das Gesamtkonzept. „Wir haben nichts von ihm gehört und es verstrichen immer mehr Monate“, sagt Bubeck. Schließlich habe das Regierungspräsidium gegenüber der Stadtverwaltung deutlich gemacht, dass die Frist nicht noch weiter ausgereizt werden könne. „Wenn im Brandfall eine derart erhebliche Gefahr für Gesundheit und Leben der Besucher besteht, ist der Entscheidungsspielraum irgendwann nicht mehr vorhanden“, sagt er. Deshalb habe die Verwaltung Klaus Härle mit der plötzlichen Schließung konfrontieren müssen.
Der Hotelbetreiber hatte zunächst noch gehofft, vielleicht wenigstens die Versammlungsräume und die Gastronomie weiternutzen zu können. Weil aber das Treppenhaus und das Foyer nicht in so genannte Brandabschnitte aufgeteilt werden könnten, es also keinerlei Fluchtmöglichkeiten gibt, wenn es in diesem Bereich brennt, kommt diese Variante momentan nicht infrage. „In Zusammenarbeit mit einem Architekten und einem Sachverständigen lässt sich aber sicher ein Konzept erarbeiten, das eine schrittweise Umsetzung der Maßnahmen zulässt“, sagt Bubeck. Genau das hätte Härle aber schon viel früher tun sollen.
Genauer Kostenrahmen ist derzeit unklar
Der stellt sich am Dienstag aber auch grundlegende Existenzfragen. „Ich führe das Hotel in dritter Generation und mache das eigentlich sehr gerne“, sagt er. Sein Team und er hätten Freude an der Arbeit und würden das gern auch weitermachen. Insgesamt hat Härle sieben Mitarbeiter, die in Teilzeit oder auf 450-Euro-Basis arbeiten.
„Wenn ich jetzt aber 200 000 Euro oder mehr in den Brandschutz stecken muss, bleiben Sanierungsmaßnahmen auf der Strecke, die auch dringend nötig wären.“Schließlich sei er auch so schon ständig mit Aussagen von Menschen konfrontiert, die das Hotel für veraltet hielten. Da würde er sich schon die Frage stellen, ob sich das Ganze am Ende lohne oder er nicht lieber Wohnungen aus den Hotelzimmern machen solle. „Da sind die Brandschutzanforderungen vielleicht nicht ganz so hoch.“
Nun will er aber zunächst noch einmal das Gespräch mit der Stadtverwaltung suchen. „Die Nachricht hat mich gestern so mitgenommen, dass ich gar nicht alle Fragen stellen konnte, die mir jetzt am Herzen liegen“, sagt er.
In einem zweiten Schritt will er sich dann wie empfohlen mit einem Architekten und einem Sachverständigen zusammensetzen und sich dann über Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren.
„Es wird sich dann zeigen, ob das alles finanziell machbar ist“, sagt er. Schmerzlich vermisst wird das Hotel Baier ab sofort vor allem auch von Gruppen und Vereinen, die seine Säle als Treffpunkt für Versammlungen und Feiern genutzt haben.
„So einen großen Saal haben wir in Mengen sonst nicht“, sagt Mengens Bürgermeister Bubeck. Im Mengener Rathaus will man den Vereinen nun mit Ausweichmöglichkeiten in Mehrzweckhallen oder im Bürgerhaus Ennetach weiterhelfen. „Die Bürger müssen sich darauf einstellen, dass das Hotel länger geschlossen bleibt.“