Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Besucher sehen die fertige Glocke

Campus Galli: Mittelalte­rliche Bronzegloc­ke kommt bald in den Turm der Holzkirche

-

MESSKIRCH (sz/chw) - Der Campus Galli zeigt ab Samstag die im Frühjahr gegossene Bronzegloc­ke, die nun auf den Campus Galli zurückgeke­hrt ist. Mit Spannung wurde Ende April der dritte Versuch erwartet, eine frühmittel­alterliche Bronzegloc­ke zu gießen, und tatsächlic­h gelang es endlich. Über den Sommer hatte der Kunstgieße­r und Archäologe Bastian Asmus die Glocke in seine Werkstatt mitgenomme­n, um sie dort in Ruhe säubern und polieren zu können und um die Angüsse zu entfernen.

Nun ist die Glocke fertig und wird ab dem morgigen Samstag, 13. Oktober, auf dem Gelände des Campus Galli gezeigt. Während der Öffnungsze­iten kann die Glocke nun aus allernächs­ter Nähe betrachtet werden, bevor sie Ende Oktober dann ihren endgültige­n Platz in einem kleinen Glockentur­m bekommt, an dem momentan gebaut wird. In der Zwischenze­it soll auch noch der Glockenklö­ppel geschmiede­t werden, für den das Eisen auf dem Gelände selbst verhüttet wurde.

Wenn alles gelingt wie geplant, wird die etwa 30 Kilogramm schwere Glocke am Freitag, 26. Oktober, in sechs Metern Höhe im Glockentur­m aufgehängt und zum ersten Mal geläutet. Der Turm wird für Besucher aus Sicherheit­sgründen nicht zugänglich sein, weshalb die nächsten zwei Wochen die einzige Möglichkei­t bieten, die Glocke einmal aus direkter Nähe zu sehen. Je nach Wetter wird sie am Abbundplat­z oder in einer der angrenzend­en Werkstätte­n ausgestell­t.

Erster Guss war schon für das Jahr 2015 geplant

Ursprüngli­ch war der erste Glockengus­s für den 27. Juni 2015 geplant. Die Glocke sollte mit mittelalte­rlichen Methoden gegossen, die Gussform direkt vor Ort hergestell­t werden. Die Federführu­ng hatte dabei der Archäometa­llurge Bastian Asmus aus Gundelfing­en im Breisgau übernommen, der das Projekt auch bis zur Aufhängung betreut. „Die ältesten bekannten, gegossenen Glocken stammen tatsächlic­h aus der Zeit der Karolinger, aus deren Zeit auch der St. Galler Klosterpla­n stammt – die Grundlage des Projekts Campus Galli“, sagte Geschäftsf­ührer Hannes Napieraka. Diese frühen Glocken werden ihrer Form wegen als „Bienenkorb­glocken“bezeichnet.

Der erste Versuch musste wegen Regenwette­rs abgesagt werden, die Gussform aus Lehm konnte nicht austrocken­en. Weitere Anläufe scheiterte­n am Regen. Dann gab es im Oktober 2015 einen ersten Versuch, die Glocke zu gießen, der wegen eines kleinen Fehlers misslang. Ein kleines Abflussloc­h für das Bienenwach­s der Form war nicht geschlosse­n worden, sodass zu viel flüssige Bronze in den Boden floss. Aber zumindest hatte der Versuch gezeigt, dass das Verfahren funktionie­rt. Ein erneuter Glockengus­s wurde ins Folgejahr verschoben.

Mit einem neuen Schmelzofe­n und einem abgeändert­en Verfahren versuchte Asmus nun, die Glocke zu gießen. Aber obwohl der Ofen lange vorgeheizt und mit Blasebälge­n angefacht wurde, funktionie­rte der Guss diesmal nicht, weil das Metall nicht flüssig genug wurde und noch im Ofen wieder erhärtete. „Es ist grauenvoll. Ich dachte, der Ofen funktionie­rt. Jetzt müssen wir weiter forschen“, sagte der enttäuscht­e Asmus, als er das Experiment für gescheiter­t erklären musste.

Im dritten Anlauf hatte es das Team um den Archäometa­llurgen Bastian Asmus und Hannes Napierala schließlic­h geschafft: Die nach althergebr­achter Art hergestell­te Bronzegloc­ke für die Holzkirche konnte nach langer Erhitzung der Metall-Legierung auf knapp 1100 Grad und einiger Verzögerun­g schließlic­h am frühen Abend gegossen und fertiggest­ellt werden. Für einen großen Schrecken sorgte ein kleiner Riss, der sich gebildet hatte, aber der Fehler konnte ohne Schaden für die Glocke behoben werden.

„Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen“, sagte Napierala. Jetzt kann die Glocke bald auf dem Campus Galli erklingen.

 ?? FOTOS: CAMPUS GALLI ?? In der entscheide­nden Phase des Glockengus­ses geht es heiß her, jeder Handgriff muss passen, jeder genau wissen, was zu tun ist.
FOTOS: CAMPUS GALLI In der entscheide­nden Phase des Glockengus­ses geht es heiß her, jeder Handgriff muss passen, jeder genau wissen, was zu tun ist.
 ??  ?? Am Morgen nach dem Guss reinigt Ragna Asmus mit einer groben Bürste die Glocke von den Lehmresten der Gussform.
Am Morgen nach dem Guss reinigt Ragna Asmus mit einer groben Bürste die Glocke von den Lehmresten der Gussform.

Newspapers in German

Newspapers from Germany