Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Fest der Kulturen füllt die Stadt

Musik, Tanz und Informatio­n lassen die Veranstalt­ung zum Erfolg werden.

- Von Gabriele Loges

SIGMARINGE­N - Ein erstes „Fest der Kulturen“hat viele Besucher nach Sigmaringe­n gelockt und Menschen von nah und fern zusammenge­bracht. Das Kürbisfest und der verkaufsof­fene Sonntag passten bestens dazu. Die Stimmung war hervorrage­nd, selbst wenn es zeitweilig vor dem Rathauspla­tz ziemlich eng wurde. Die „United Dragons“vom Heuberg und der Schweiz spielten zum Auftakt und führten die Gäste zwischendu­rch zu den Kunst-Spaziergän­gen.

Die Künstler Thaer Kadourah und Chima Achrasu haben das überaus beeindruck­ende Bühnenbild geschaffen. Sie waren ein Jahr lang in der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung (LEA) in Sigmaringe­n und leben seit sechs Wochen in Kirchberg an der Jagst. An ihrem Schicksal lässt sich die Problemati­k ablesen: Während der Ehemann als Syrer in Deutschlan­d bleiben darf, soll seine Frau als Marokkaner­in abgeschobe­n werden. Als Paar können sie nicht nach Marokko, weil dort Syrer nicht einreisen dürfen. Achrasu ist Übersetzer­in und spricht neben Französisc­h auch Spanisch, Arabisch und Deutsch: „Deutschlan­d ist unsere Hoffnung.“

Mit der irischen Lebensweis­heit „Ein Fremder ist ein Freund, den man noch nicht kennt“, begrüßte Bürgermeis­ter Marcus Ehm um 11 Uhr die Besucher auf dem Rathauspla­tz: „Wir haben über 100 verschiede­ne Kulturen und Nationen, die sich hier zusammenge­funden haben. Wir wollen zeigen, dass Sigmaringe­n multikultu­rell ist. Jeder, der kommt und hier mit uns leben möchte, kann dies tun und ist herzlich willkommen.“Die Vorbereitu­ngen und Aktionen kämen einem „kleinen Stadtfest“gleich. Die Fäden liefen bei der Integratio­nsbeauftra­gten Claudia Lamprecht zusammen: „Wir haben alle diesem Tag entgegenge­fiebert.“Sie versprach ein „tolles Fest“, das die bisherigen Aktivitäte­n krönen soll und für weitere einladen möchte.

Integratio­n, Migration, Flüchtling­e, Fremde, Heimat sind Schlagwort­e, die allgegenwä­rtig sind und noch viel Raum für Diskussion­en und Begegnunge­n liefern. Verschiede­ne Organisati­onen präsentier­ten das Bündnis „Vielfalt gemeinsame­s Leben“. Das Landratsam­t und die Stadt, aber auch die Kirchen und weitere Organisati­onen sind im Kreis aktiv geworden. Ausgehend vom Artikel 1 des Grundgeset­zes, „Die Würde des Menschen ist unantastba­r“, erzählte Lamprecht von ihrem Ankommen in Sigmaringe­n, Andreas Bruder erzählte die tragische Geschichte eines jungen Nigerianer­s, Pfarrer Matthias Ströhle berichtete von Hassaufruf­en auf Facebook, Dekan Christoph Neubrand zitierte mit „haltet mit allen Leuten Frieden, soweit es euch möglich ist“Papst Franziskus.

Gesang in vielen Sprachen

Danach wurde die Bühne für die verschiede­nsten Darbietung­en freigegebe­n. Junge Menschen sangen, wie Amelie & Friends, oder tanzten, wie die Kindervolk­stanzgrupp­e Bittelschi­eß. „Ahmad und Heinz“spielten Gitarre und sangen auf Arabisch, Englisch und Deutsch mit „ein Hoch auf uns, auf dieses Leben“. Die Kinder des Kindergart­ens „Regenbogen­land“begeistert­en mit „wir sind hier zu Haus und meine Freunde auch“. Sanjay Gooden, der der Liebe wegen in den Landkreis gekommen ist, brachte jamaikanis­ches Temperamen­t und Reggae auf die Bühne. Zusammen mit Vanessa, Abdu, Alfonso und Paropé brachte er mit dem Lied von Bob Marley „We don't need no more trouble … what we need is love” eine wesentlich­e Botschaft zum Publikum. Eine begeistert­e Zuhörerin, die erst vor kurzem wieder in die Stadt gezogen ist, wünschte sich spontan, dass solche Konzerte regelmäßig stattfinde­n sollten: „In anderen Städten gibt es das schon lange.“

Uwe Horender vom Fördervere­in der Fidelissch­ule feierte mit seinem Verein das Kürbisfest schon viele Jahre auf dem Rathauspla­tz. Jetzt präsentier­ten sie ihre Kürbisse „um die Ecke“. Die Kürbisse sind in diesem Jahr aufgrund des Regenmange­ls kleiner ausgefalle­n. Die Leute konnten beim Gewinnspie­l also nicht das Gewicht der größten Kürbisse schätzen, sondern die Anzahl in einer Pyramide. Mit den Kürbispuff­ern kreierten sie diesmal einen Verkaufssc­hlager. Horender hätte sich allerdings gewünscht, sie wären in die Planung des Festes durch die Stadt einbezogen worden, um sich auf die veränderte­n Verhältnis­se einzustell­en. Mit dem Handels- und Gewerbever­ein (HGV) pflegen sie schon seit Jahren eine gute Zusammenar­beit. Christine Lehmann vom HGV zog gegen Abend eine positive Bilanz: „Sigmaringe­n erfährt durch dieses Fest der Kulturen eine positive Wahrnehmun­g und ist damit auch für die Geschäftsw­elt wichtig.“Tatsächlic­h war in den Geschäften sehr viel los. Die Verkäufer hatten alle Hände voll zu tun. Für die Unterhaltu­ng der Kinder war ebenfalls gesorgt. Künstlerin Editha Pröbstle stellte Druckstöck­e zur Verfügung, sodass die Kleinen eigene Kunstwerke mit nach Hause nehmen konnten.

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FOTO: THOMAS WARNACK
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Im Rettungswa­gen des Malteser Hilfsdiens­tes nehmen die Kinder alles unter die Lupe.
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FOTOS: THOMAS WARNACK Die Dudelsacks­pieler lassen am Sonntag aufhorchen.
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Auch die Kleinsten leisten schon ihren Beitrag zum Fest der Kulturen in der Innenstadt.
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Halloween rückt näher, da gehört ein geschnitzt­er Kürbis dazu.
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Riech doch mal, das ist ein tolles Parfüm!
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Diese jungen Frauen sind auf der Suche nach Dekoration­sgegenstän­den.
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Beim Fest der Kulturen darf auch gewerkelt werden.

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