Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Talkrunde nähert sich dem Begriff „Heimat“
Mehr als die Schönheit der Landschaft
SIGMARINGEN - Eine Talkrunde, im Rahmen der Veranstaltungsreihe zur Kulturlandschaft des Jahres 2018, hat sich dem Heimatbegriff gewidmet: „Was ist Heimat“, fragte Projektkoordinator Karlheinz Fahlbusch die vier Fachleute auf der Bühne.
Die Antworten kamen von Landrätin Stefanie Bürkle, Bernd Langner als Geschäftsführer des Schwäbischen Heimatbundes, Willi Rößler für den Schwäbischen Albverein sowie der Sigmaringer „Neubürger“Andres Negreros Abril, der aus Guatemala stammt. Die Alphorn-Gruppe Meßkirch hat die Veranstaltung musikalisch umrahmt. Vor der Talkrunde wurde die Ausstellung des in Meßkirch wohnenden Künstlers Antonius Conte im Eingangsbereich des Landratsamts eröffnet. Der Sprachkünstler Jürgen Weing aus Kisslegg übernahm die „lyrische Einführung“in Contes großflächige Wand-Installation „Home“. Eindrucksvoll demonstrierte er dabei mit WortKlang-Bildern, dass Heimat auch viel mit Sprache zu tun hat. Für uns, so Fahlbusch, ist die Auszeichnung „Kulturlandschaft des Jahres“mit dem Begriff Heimat verbunden. Auf die Frage nach „Heimat“bekomme man „ein Feuerwerk an Antworten“:
Von der Gemeinschaft und der Familie über das Essen, der Erinnerung oder der Sicherheit bis hin zu einem schlichten „Zuhause“. Dieser Vielfalt an Definitionen wolle man in der Veranstaltung nachgehen. Als Einstimmung zeigte er Video-Beiträge aus dem Wettbewerb, der die Sicht der Jungen einbezog.
Familie und Brauchtum
Für Landrätin Bürkle hat „Heimat etwas mit Emotionen zu tun: Familie, Schwäbisch, Brauchtum, Begegnungen und Erinnerungen.“Ob sie als Politikerin, „in dem, was gerade auf uns zukommt“, eine Gefahr sehe? Bürkle erwiderte: „Jeder, der gute Wurzeln mitbekommen hat, kann Flügel bekommen.“Heimat könne man nicht konservieren: „Sie ist eine Frage der Perspektive. Es ist gut, dass wir hier groß geworden sind und hinausgehen, es ist auch gut, dass andere kommen.“Bernd Langner ist Geschäftsführer des Schwäbisches Heimatbunds, der einen Teil des Tals der Oberen Donau zur „Kulturlandschaft des Jahres 2018“gewählt hat. Er beschäftigt sich berufsmäßig mit dem Begriff und ist überzeugt, dass man Heimat nicht einfach definieren dürfe. Heimat könne man jedoch in seinen laufenden Veränderungen erklären, dazu gehörten der Denkmalschutz, der Naturschutz, die Kultur und die Landschaft: „Auch Feldkreuze sind Kulturlandschaft.“Willi Rößler, langjähriger Gau-Obmann des Schwäbischen Albvereins und mit 91 Jahren immer noch unermüdlich in Sachen „Heimat“unterwegs, hat eine Heimat, das Egerland, „im Herzen.“Mit 19 Jahren musste er diese Heimat verlassen.
Frischen Wind brachte Jungunternehmer Andres Negreros Abril aus Guatemala in die Runde. 2001 hat er sein Heimatland verlassen und landete in Sigmaringen. Seit einem Jahr ist er Deutscher: „Ich bin stolz, dass ich ein Teil von diesem Land bin.“Rößler, der die ersten 20 Jahre seines Lebens im Nationalsozialismus aufgewachsen ist, sei froh, dass man sich Europa zugehörig fühle – er empfinde 70 Jahre Frieden als ein Geschenk. Fahlbusch befragte danach noch das Publikum. Eine Mitarbeiterin des Landratsamts brachte noch eine weitere Perspektive ein: „Für ein Heimatgefühl reicht die Schönheit der Landschaft nicht aus. Für die Gemeinschaft ist es wichtig, etwas miteinander zu gestalten.“