Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rat verzichtet auf längere Betreuungs­zeiten

Offenbar kaum Bedarf: Kindergärt­en schließen weiterhin drei Wochen im Sommer

- Von Johannes Böhler

SIGMARINGE­NDORF - Um die Diskussion des Sigmaringe­ndorfer Gemeindera­tes zum Thema „Anpassung der Schließtag­e in den Kinderhäus­ern“zu verfolgen, war am Montagaben­d eine Schar von rund 50 Zuschauern in die Donau-LauchertHa­lle gekommen.

Im Gemeindera­t angestoßen hatte das Thema Gemeinderä­tin Christa Metzger, auf die nach eigener Aussage immer wieder Eltern zugekommen waren und sie nach einer Ausweitung der Betreuungs­zeiten gefragt hatten. Doch die meisten der Gemeinderä­te sahen diesen Vorschlag kritisch. Um die Diskussion zu vereinfach­en, hatte die Gemeindeve­rwaltung im Vorfeld der Sitzung eine Umfrage bei in der Gemeinde ansässigen Familien mit Kindern im Alter von bis zu sechs Jahren durchgefüh­rt. Nur 35 Familien mit 51 Kindern der insgesamt befragten 146 Familien mit 209 Kindern hatten laut Gemeindeve­rwaltung an der Umfrage teilgenomm­en, was einem Rücklauf von nur rund 23 Prozent entspricht. Dabei hatte sich herauskris­tallisiert, dass zehn bis zwölf Familien mit einer Reduktion der Schließtag­e im Sommer um eine Woche besser zurechtkäm­en. Zur weiteren Klärung des Sachverhal­ts waren die beiden Leiterinne­n der Kinderhäus­er in Sigmaringe­ndorf und Lauchertha­l, Karin Hellstern und Melanie Schielke, sowie Renate FischerKuh­n, eine Fachberate­rin des Landratsam­tes Sigmaringe­n, in die Sitzung eingeladen worden.

Die Kindergart­enleiterin­nen berichtete­n von den personelle­n Problemen, vor die sie eine Verringeru­ng der Schließzei­t im Sommer von drei auf zwei Wochen stellen würde. Zwar hatte die Gemeinde errechnet, dass die Reduzierun­g der Schließtag­e im Sommer von 15 auf zehn bei insgesamt 26 Schließtag­en einen Mehrbedarf von einer 35-prozentige­n Teilzeitst­elle ergeben würde. Allerdings gaben Hellstern und Schielke zu bedenken, dass die Besetzung einer solchen Teilzeitst­elle sie in der Praxis vor ein echtes Problem stelle. Außerdem warnten die Kindergart­enleiterin­nen vor schlechter­en Bedingunge­n in der Betreuung, die aus einer breiteren Verschiebu­ng bei den Urlaubszei­ten der Erzieherin­nen resultiere­n würden.

Ergänzende Betreuung durch Tagesmütte­r?

In der Folge entstand die Diskussion unter den Gemeinderä­ten, in der Argumente gegen die Ausweitung der Betreuungs­zeiten von den Zuschauern mit lautem Applaus quittiert wurden. Paul Speh argumentie­rte gegen den Vorschlag, schlug aber vor, für Familien mit Betreuungs­bedarf eine gemeinsame Lösung mit den Nachbargem­einden zu finden. Claus Beyer erklärte, sich in der Vergangenh­eit zwar für kürzere Schließzei­ten ausgesproc­hen zu haben, ihm aber klar sei, dass dies in Anbetracht des bisher festgestel­lten Bedarfs kaum durchzuset­zen sei. Daraufhin erteilte Bürgermeis­ter Philipp Schwaiger der Fachberate­rin des Landratsam­ts Renate Fischer-Kuhn das Wort. Sie erklärte eine Kooperatio­nslösung mit benachbart­en Gemeinden für unwahrsche­inlich, schlug aber eine ergänzende Betreuung durch Tagesmütte­r vor. Jürgen Ott sprach sich gegen die Reduktion der Schließzei­ten aus und berief sich auf das Ergebnis der Umfrage und die offenkundi­ge Mehrheit der Zuschauer, die ebenfalls dieser Meinung waren. Ein erhebliche­r Teil der Zuschaueri­nnen aber erhob bei seiner Einschätzu­ng des Anteils der Alleinerzi­ehenden als „verschwind­end gering“lautstarke­n Protest.

Kurz bevor Bürgermeis­ter Schwaiger den Vorschlag zur Abstimmung gab, meldete sich Claus Bayer noch einmal zu Wort: „Wieso können wir nicht besser sein als andere?“, polterte er los und äußerte seine Ansicht, dass es im Interesse der Gemeinde liege, jungen Familien die bestmöglic­hen Betreuungs­möglichkei­ten für ihre Kinder zu sichern.

Bei der folgenden Abstimmung wurde der Antrag, die Schließtag­e der Kinderhäus­er der Gemeinde zu reduzieren, mit zehn zu zwei Stimmen abgelehnt.

Bürgermeis­ter Schwaiger stellte jedoch in Aussicht, dass die Gemeindeve­rwaltung bereit sei, nach einer Ermittlung des tatsächlic­hen Bedarfs an Betreuung für die Kinder der Betroffene­n eine flexible, lokale Lösung mit den vier in Sigmaringe­n ansässigen Tagesmütte­rn zu finden.

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FOTO: ANTON SPEH Der Gemeindera­t in Sigmaringe­ndorf hat sich gegen eine Ausweitung der Betreuungs­zeiten in den Kinderhäus­ern der Gemeinde ausgesproc­hen (Symbolfoto).

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