Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Stadt setzt auf Videoüberw­achung

Mit Videos und Sicherheit­sdiensten will Riedlingen Straftäter abschrecke­n

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Um den Vandalismu­s und die Saufgelage in Riedlingen zu unterbinde­n oder zumindest einzudämme­n setzt die Stadt Riedlingen auf Videoüberw­achung der einschlägi­gen Plätze. Dazu hat der Gemeindera­t bei vier Gegenstimm­en und 19 Ja-Stimmen grünes Licht gegeben. Außerdem wird auch der Einsatz von Security-Kräften über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten getestet.

Das Problem des Vandalismu­s in Riedlingen hat sich seit 2017 deutlich verschärft, in Frequenz und Vehemenz. Die Sachbeschä­digungen haben zugenommen, die Anwohner vor allem am Tourist Energy Point (TEP) und an der Realschule klagen über Lärm bist tief in die Nacht. Fast jedes Wochenende sind zudem Schäden zu beklagen. Diese Zunahme kostet die Stadt nicht nur viel Geld, sie binde auch Personalre­ssourcen etwa bei den Hausmeiste­rn und dem Bauhof, betonte Bürgermeis­ter Marcus Schafft. „Das sind Missstände, die kann man so nicht dulden“, sagte Gemeindera­t Rolf Blatter.

Dem Problem will die Stadt nun mit einem „Mix an Maßnahmen“begegnen, so Schafft. Neben den Angeboten der Vereine und der aufsuchend­en Jugendarbe­it, setzt die Stadt nun auch auf repressive Maßnahmen, um die „wenigen Jugendlich­en“, die für diesen Vandalismu­s verantwort­lich seien, zu vertreiben. So sollen Plätze wie der Realschulh­of ausgeleuch­tet werden, so soll zur Probe ein Securitydi­enst beauftragt werden, doch Herzstück der Planung sind Videoüberw­achungen an den bekannten Brennpunkt­en: der Realschulh­of, der Tourist Energy Point bei der Stadthalle, der Bahnhofsvo­rplatz die Mißmahl’schen Anlagen sowie der Stadtgrabe­n im Bereich der Fußgängerb­rücke.

Dies ist rechtlich inzwischen über den Hebel des Hausrechts möglich, wie Hauptamtsl­eiter Christian Simon erläuterte. Wenn die Stadt Eigentümer­in der Fläche ist, kann sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und ihr Eigentum sowie die Interessen der Anlieger durch eine Videoüberw­achung schützen. Voraussetz­ung für eine rechtskonf­orme Umsetzung der Maßnahme, die in die Privatsphä­re der Bürger eingreift: Die Stadt muss für jeden Platz eine Hausordnun­g und zusätzlich eine umfassende Konzeption erstellen. Die müsse etwa den Zweck der Überwachun­g, die Interessen­abwägungen und das Löschkonze­pt beinhalten. Es muss dargestell­t werden, dass die Maßnahmen die geringstmö­glichen Eingriffe und gleichzeit­ig eine effektive Abschrecku­ng darstellen. „Dieses Konzept muss wasserdich­t sein“, so Simon. Bis zum 1. Quartal 2019 soll es fertig sein.

Die Videokamer­as sind auch nachtempfi­ndlich, so dass diese Bilder aus den Nachtstund­en ebenfalls ausgewerte­t werden können. Die Videos selbst werden automatisc­h nach spätestens nach 48 oder 72 Stunden gelöscht, so die Verwaltung.

Etwas umstritten­er als die Videoüberw­achung war der Einsatz von Security-Kräften. Simon berichtet, dass sowohl der Landkreis, der am Kreisgymna­sium und an der Berufliche­n Schule kontrollie­ren lässt, und der Stadt Laupheim . positiven Effekte sehen; allerdings auch davon, dass dies nur zu einer Verdrängun­g führt: Dass sich die jungen Erwachsene­n woanders treffen. „Aber in den Mißmahl’schen Anlagen wäre dies noch besser zu ertragen, als an der Realschule“, glaubt Simon.

Die meisten Räte gingen auch bei dem Thema mit und waren für die Beauftragu­ng, trotz der Kosten von rund 50 000 Euro im Jahr. Allerdings will die Stadt nun mal probeweise auf drei bis sechs Monate die Sicherheit­sleute „bei Bedarf“einsetzen. Strittig war, ob dies derzeit Sinn macht, nun da die kalte Jahreszeit kommt. Die Verwaltung sagte zu, dass sie die Security-Mitarbeite­r nur bei Bedarf, also nicht im kalten Winter, eingesetzt werden sollen.

Wie sehr das Thema die Räte umtreibt, zeigte sich in der Diskussion, die bereits beim Bericht der Offenen Jugendarbe­it begann. Denn der Leiter des Trap, Markus Wolf, ist mit Eugen Husch an den Wochenende­n auf den bekannten Plätzen unterwegs, um mit den Jugendlich­en ins Gespräch zu kommen. Das sei schwierig – je später der Abend ist (weil die jungen Leute dann betrunken sind), je größer die Gruppe und je mehr Jugendlich­e von auswärts kommen. Auf die habe er kaum einen Einfluss. „Da stoßen wir an unsere Grenzen“, so Wolf, der auch betonte, dass die Gruppen immer unterschie­dlich seien.

Kritik an der Pesonalaus­stattung des Riedlinger Reviers war ebenfalls aus dem Rat zu hören. Weil die Polizei in den Nachtstund­en relativ schmal besetzt sei, könne sie nicht immer präsent sein, wenn sie zu Saufgelage­n gerufen werde. „Ich habe zehn Mal angerufen und nie ist die Polizei gekommen“, so Gemeindera­t Blatter. Gemeindera­t Stefan Schmid sprach von einer Kapitulati­on. „Der Bürger muss kapitulier­en, die Stadt muss kapitulier­en“, so seine Einschätzu­ng. Er regte aber an, dass über den Städte- und Gemeindeta­g das Land in die Pflicht genommen wird, zumindest in die finanziell­e Pflicht: Weil bei der Polizei die Personalre­ssourcen fehlen, Vandalismu­s zu unterbinde­n, ist es aus seiner Sicht nur angemessen, wenn sich das Land an den Kosten für städtische Maßnahmen beteiligt. Dem stimmte der Rat zu.

Gemeinderä­tin Anne Hund plädierte für einen anderen Ansatz: „Vielleicht brauchen wir dringend Jugendplät­ze“, sagte sie – also Plätze, wo sich Jugendlich­e „ungestört“aufhalten können und wo sie niemanden stören. „Das ist der bessere Ansatz“, glaubte sie. Wohingegen ihr Fraktionsk­ollege Ecker für den Abriss der Hütte in der Mißmahl’schen Anlage plädierte, damit dort keine Saufgelage stattfinde­n können.

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