Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Stadt setzt auf Videoüberwachung
Mit Videos und Sicherheitsdiensten will Riedlingen Straftäter abschrecken
RIEDLINGEN - Um den Vandalismus und die Saufgelage in Riedlingen zu unterbinden oder zumindest einzudämmen setzt die Stadt Riedlingen auf Videoüberwachung der einschlägigen Plätze. Dazu hat der Gemeinderat bei vier Gegenstimmen und 19 Ja-Stimmen grünes Licht gegeben. Außerdem wird auch der Einsatz von Security-Kräften über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten getestet.
Das Problem des Vandalismus in Riedlingen hat sich seit 2017 deutlich verschärft, in Frequenz und Vehemenz. Die Sachbeschädigungen haben zugenommen, die Anwohner vor allem am Tourist Energy Point (TEP) und an der Realschule klagen über Lärm bist tief in die Nacht. Fast jedes Wochenende sind zudem Schäden zu beklagen. Diese Zunahme kostet die Stadt nicht nur viel Geld, sie binde auch Personalressourcen etwa bei den Hausmeistern und dem Bauhof, betonte Bürgermeister Marcus Schafft. „Das sind Missstände, die kann man so nicht dulden“, sagte Gemeinderat Rolf Blatter.
Dem Problem will die Stadt nun mit einem „Mix an Maßnahmen“begegnen, so Schafft. Neben den Angeboten der Vereine und der aufsuchenden Jugendarbeit, setzt die Stadt nun auch auf repressive Maßnahmen, um die „wenigen Jugendlichen“, die für diesen Vandalismus verantwortlich seien, zu vertreiben. So sollen Plätze wie der Realschulhof ausgeleuchtet werden, so soll zur Probe ein Securitydienst beauftragt werden, doch Herzstück der Planung sind Videoüberwachungen an den bekannten Brennpunkten: der Realschulhof, der Tourist Energy Point bei der Stadthalle, der Bahnhofsvorplatz die Mißmahl’schen Anlagen sowie der Stadtgraben im Bereich der Fußgängerbrücke.
Dies ist rechtlich inzwischen über den Hebel des Hausrechts möglich, wie Hauptamtsleiter Christian Simon erläuterte. Wenn die Stadt Eigentümerin der Fläche ist, kann sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und ihr Eigentum sowie die Interessen der Anlieger durch eine Videoüberwachung schützen. Voraussetzung für eine rechtskonforme Umsetzung der Maßnahme, die in die Privatsphäre der Bürger eingreift: Die Stadt muss für jeden Platz eine Hausordnung und zusätzlich eine umfassende Konzeption erstellen. Die müsse etwa den Zweck der Überwachung, die Interessenabwägungen und das Löschkonzept beinhalten. Es muss dargestellt werden, dass die Maßnahmen die geringstmöglichen Eingriffe und gleichzeitig eine effektive Abschreckung darstellen. „Dieses Konzept muss wasserdicht sein“, so Simon. Bis zum 1. Quartal 2019 soll es fertig sein.
Die Videokameras sind auch nachtempfindlich, so dass diese Bilder aus den Nachtstunden ebenfalls ausgewertet werden können. Die Videos selbst werden automatisch nach spätestens nach 48 oder 72 Stunden gelöscht, so die Verwaltung.
Etwas umstrittener als die Videoüberwachung war der Einsatz von Security-Kräften. Simon berichtet, dass sowohl der Landkreis, der am Kreisgymnasium und an der Beruflichen Schule kontrollieren lässt, und der Stadt Laupheim . positiven Effekte sehen; allerdings auch davon, dass dies nur zu einer Verdrängung führt: Dass sich die jungen Erwachsenen woanders treffen. „Aber in den Mißmahl’schen Anlagen wäre dies noch besser zu ertragen, als an der Realschule“, glaubt Simon.
Die meisten Räte gingen auch bei dem Thema mit und waren für die Beauftragung, trotz der Kosten von rund 50 000 Euro im Jahr. Allerdings will die Stadt nun mal probeweise auf drei bis sechs Monate die Sicherheitsleute „bei Bedarf“einsetzen. Strittig war, ob dies derzeit Sinn macht, nun da die kalte Jahreszeit kommt. Die Verwaltung sagte zu, dass sie die Security-Mitarbeiter nur bei Bedarf, also nicht im kalten Winter, eingesetzt werden sollen.
Wie sehr das Thema die Räte umtreibt, zeigte sich in der Diskussion, die bereits beim Bericht der Offenen Jugendarbeit begann. Denn der Leiter des Trap, Markus Wolf, ist mit Eugen Husch an den Wochenenden auf den bekannten Plätzen unterwegs, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Das sei schwierig – je später der Abend ist (weil die jungen Leute dann betrunken sind), je größer die Gruppe und je mehr Jugendliche von auswärts kommen. Auf die habe er kaum einen Einfluss. „Da stoßen wir an unsere Grenzen“, so Wolf, der auch betonte, dass die Gruppen immer unterschiedlich seien.
Kritik an der Pesonalausstattung des Riedlinger Reviers war ebenfalls aus dem Rat zu hören. Weil die Polizei in den Nachtstunden relativ schmal besetzt sei, könne sie nicht immer präsent sein, wenn sie zu Saufgelagen gerufen werde. „Ich habe zehn Mal angerufen und nie ist die Polizei gekommen“, so Gemeinderat Blatter. Gemeinderat Stefan Schmid sprach von einer Kapitulation. „Der Bürger muss kapitulieren, die Stadt muss kapitulieren“, so seine Einschätzung. Er regte aber an, dass über den Städte- und Gemeindetag das Land in die Pflicht genommen wird, zumindest in die finanzielle Pflicht: Weil bei der Polizei die Personalressourcen fehlen, Vandalismus zu unterbinden, ist es aus seiner Sicht nur angemessen, wenn sich das Land an den Kosten für städtische Maßnahmen beteiligt. Dem stimmte der Rat zu.
Gemeinderätin Anne Hund plädierte für einen anderen Ansatz: „Vielleicht brauchen wir dringend Jugendplätze“, sagte sie – also Plätze, wo sich Jugendliche „ungestört“aufhalten können und wo sie niemanden stören. „Das ist der bessere Ansatz“, glaubte sie. Wohingegen ihr Fraktionskollege Ecker für den Abriss der Hütte in der Mißmahl’schen Anlage plädierte, damit dort keine Saufgelage stattfinden können.