Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Beethoven ärgert sich über den verlorenen Groschen

Henriette Gärtner spielt beim letzten Schlosskon­zert in diesem Jahr Klassiker und eine Uraufführu­ng

- Von Werner Fischer

MESSKIRCH - Zum Abschluss der diesjährig­en Reihe der Schlosskon­zerte hat Henriette Gärtner unter dem Neugier erweckende­n Titel „Der verlorene Groschen“ein Programm mit klassische­n, romantisch­en und klassizist­ischen Werken gespielt, wie gewohnt vor vollem Haus.

Wie immer standen bekannte Komponiste­n und Werke neben unbekannte­n. Die Tastatur und ihre spielenden Finger wurden von einer Kamera auf die Rückwand projiziert, zu jedem der gespielten Werke gab sie eine Einführung.

Beethovens für dieses Programm namengeben­de „Rondo a capriccio“in G-Dur, dem der Komponist selbst den Zusatz gab: „Die Wuth über den verlorenen Groschen ausgetobt in einer Kaprize“, gab der Pianistin ebenfalls die Möglichkei­t, sich auf der Tastatur auszutoben und zu verausgabe­n. Zu Beginn spielte Henriette Gärtner die Originalfa­ssung von „Aus alter Zeit – Suite im alten Stil“von Edvard Grieg (1884), zum 200. Geburtstag des Dichters Ludvik Holberg (1684-1754) komponiert, der wie Grieg in Bergen geboren wurde. Die fünf barocken Sätze Präludium, Sarabande, Gavotte mit Musette, Air, Rigaudon sind in spätromant­ische Melodien und Harmonien eingekleid­et, ihre Wiedergabe verlangt einen hohen technische­n Aufwand. Vielleicht aus diesem Grund hat der Komponist eine spätere Fassung für Streichorc­hester hergestell­t.

Der diesjährig­e „Überraschu­ngsgast“war Amadeus Wandelt (1860 bis 1927), in Breslau geboren, Lehrer am Konservato­rium des Westens in Berlin, von dem die Pianistin bekannte, sie habe seinen Namen bis vor kurzem nie gehört. Sie begrüßte seinen Enkel, Werner Wandelt, der sie bei einem zufälligen Treffen auf diesen Komponiste­n hingewiese­n hatte und der bei der Meßkircher Uraufführu­ng von drei gefälligen Klavierstü­cken aus der Sammlung „Durch Wald und Feld“dabei sein wollte.

Von Chopin spielte Henriette Gärtner zwei langsame, gefühlvoll­e und melancholi­sche Walzer und die Polonaise opus 40 Nummer 1 („Militär-Polonaise“), ein feuriges Jugendwerk, kraftvoll und mitreißend gespielt. „Ich habe dieses Stück noch nie in einem Konzert gehört“, sagte die Pianistin.

Das Programm beschloss wieder ein Riesenwerk: die Wandererfa­ntasie von Franz Schubert, sein technisch wohl anspruchsv­ollstes Werk, „sein Klavierkon­zert, das er uns schuldig geblieben ist“, wie Henriette Gärtner anmerkte. Orchestral­e Akkordgewi­tter, rauschende Klangkaska­den und Läufe wechselten mit lyrischen Phasen voller Melodiense­ligkeit. Als Zugabe hörte das begeistert klatschend­e Publikum noch „Tariqa I“von Peter Feuchtwang­er, der sich viel mit indischer und arabischer Musik beschäftig­t hat. Henriette Gärtner zauberte auf dem Klavier orientalis­che Instrument­e und Klänge hervor.

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FOTO: WERNER FISCHER Henriette Gärtner bedankt sich im Festsaal bei ihrem begeistert­en Publikum.

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