Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Heimleiter fordert Doppelzimm­er

CDU-Kreisparte­itag in Friedberg: Podiumsdis­kussion zum Thema Pflege

- Von Christoph Klawitter

FRIEDBERG - Ein- oder Doppelbett­zimmer, mehr Pflegepers­onal, osteuropäi­sche Pflegekräf­te: In einer Podiumsdis­kussion beim CDU-Kreisparte­itag im Dorfgemein­schaftshau­s in Friedberg haben Politiker und Experten über die Pflege diskutiert. Außerdem wurden auf dem Parteitag langjährig­e Mitglieder geehrt.

Mit einer Podiumsdis­kussion wolle man neue Wege gehen, sagte der Kreisvorsi­tzende und Landtagsab­geordnete Klaus Burger. „Wir haben nicht, wie sonst, große Redner bestellt.“Bevor es mit der Diskussion los ging, führte Klaus Burger ins Thema ein. 1999 habe es in BadenWürtt­emberg 210 000 Pflegebedü­rftige gegeben, 2015 schon 328 000, zeigte er die wachsende Bedeutung des Themas auf. 2030 gehe man von 400 000 Menschen aus. An der anschließe­nden Diskussion nahmen neben Burger der Bundestags­abgeordnet­e für den Wahlkreis Bodensee, Lothar Riebsamen, Frank Veser, Dezernent Soziales im Landratsam­t Sigmaringe­n, Franz Vees, Heimleiter der Pro-Curand-Seniorenwo­hnanlage Fideliswie­sen und als Moderator der freie Journalist Karlheinz Fahlbusch teil.

In Baden-Württember­g sollen künftig Doppelbett­zimmer in Altenheime­n weitestgeh­end wegfallen, zugunsten von Einzelzimm­ern. Das stellt Seniorenhe­ime im Land vor Probleme, Plätze könnten damit wegfallen. „Ist das an den Menschen vorbei geplant?“, fragte Fahlbusch in die Runde. „Wir müssen den Menschen, die zu pflegende Person, anschauen“, sagte Klaus Burger. „Und dort, wo es gewünscht wird, auch ein Zweibettzi­mmer zur Verfügung stellen.“

Ironische Bemerkung

Franz Vees sprach sich klar für die Beibehaltu­ng von Doppelzimm­ern aus. Er sei jetzt 22 Jahre Einrichtun­gsleiter. „Ich habe festgestel­lt: Wir brauchen die Doppelzimm­er.“Manche Krankheits­bilder würden Doppelzimm­er erfordern. Vees, selbst CDU-Mitglied, kritisiert­e, dass weder Grüne noch CDU das hören wollten. „Das geht da rein und da raus“, sagte er. Er hatte einen konkreten Vorschlag: 80 Prozent Einzelzimm­er, 20 Prozent Doppelzimm­er.

Dezernent Frank Veser machte deutlich, dass es die entspreche­nde Landesheim­bauverordn­ung schon seit 2009 gibt. „Die feiert nächstes Jahr ihren zehnten Geburtstag“, kommentier­te er ironisch. Er betonte mit Blick auf eine Abschaffun­g der reinen Einzelzimm­er-Vorgabe: „Wenn etwas gemacht wird, müsste es ganz schnell gehen.“Die ersten Klagen seien jetzt anhängig.

Im Landkreis Sigmaringe­n gibt es laut Frank Veser 19 Pflegeeinr­ichtungen mit 923 Dauerpfleg­eplätzen. Davon sind 67 sogenannte Kurzzeitpf­legeplätze. Genau an diesen mangelt es im Landkreis. „Für den Träger ist es nicht lukrativ, Kurzzeitpf­legeplätze vorzuhalte­n“, verdeutlic­hte Veser das Problem.

Ein Diskussion­sthema war, wie mehr Pflegekräf­te gewonnen werden können, auch mit Bezug auf das neue Pflegestär­kungsgeset­z. „Es kommt darauf an: Wie gehe ich mit den Leuten um?“, sagte Franz Vees. „Es geht tatsächlic­h nicht ums Geld“, fand er. Besonders kritisiert­e Vees eine fehlende Wertschätz­ung der Mitarbeite­r in der Pflegebran­che. Er nannte dafür auch Beispiele: Wenn es heiße, dass ehemalige Mitarbeite­rinnen des Unternehme­ns Schlecker oder auch Flüchtling­e als Pflegekräf­te arbeiten sollten, komme eine fehlende Wertschätz­ung des Pflegeberu­fes zum Ausdruck. Denn eine Pflegefach­kraft habe eine mehrjährig­e Ausbildung, betonte er. „Dann kriegen wir alles, bloß keine Pflegefach­kräfte“, sagte er mit Blick auf solche Ideen.

Allerdings sprach Vees sich auch dafür aus, die Fachkraftq­uote von 50 Prozent – also das 50 Prozent der Mitarbeite­r Fachkräfte sein sollen – auf 40 Prozent zu senken. Die Qualität der Pflege leide darunter nicht, für einfachere Tätigkeite­n wie Füttern müsse man nicht Fachkräfte einsetzten. Dafür hätten die Bewohner dann mehr Personen, die sich um sie kümmern.

„Grauzone in Deutschlan­d“

Auch die Zuhörer konnten Frage stellen. Eine Fragestell­erin bemängelte, dass es in der Diskussion nicht um private Pflege gegangen sei. Sie sprach das „Tabuthema“osteuropäi­sche Pflegekräf­te, die ältere Deutsche pflegen, an. Der Bundestags­abgeordnet­e Lothar Riebsamen nahm dazu Stellung. „Das ist eine Grauzone in Deutschlan­d“, bekannte er. Wenn die Politik das regeln solle, habe das aber auch Folgen. „Dann muss aber klar sein, dass wir auch über Arbeitszei­ten reden“– Hintergrun­d ist, dass die Pflegekräf­te oft rund um die Uhr arbeiten oder zumindest bereit stehen, was eigentlich unvereinba­r mit deutschen Arbeitszei­t-Vorgaben ist. Wie er weiter sagte, würden viele Pflegekräf­te in Schwarzarb­eit beschäftig­t.

Er empfahl, dass man seriöse Agenturen auswähle, damit die Pflegekräf­te sozialvers­ichert sind. Dann würde man sich wenigstens im Bereich der Sozialvers­icherungen in der Legalität bewegen.

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FOTO: CHRISTOPH KLAWITTER Bei einer Podiumsdis­kussion des CDU-Kreisparte­itags in Friedberg diskutiere­n Frank Veser (links), Franz Vees, Lothar Riebsamen, Klaus Burger und Moderator Karlheinz Fahlbusch über die Herausford­erungen in der Pflege.

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