Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Drogenzüchter muss ins Gefängnis
Ein Mann aus dem Laucherttal baut in seinem Keller Cannabis an.
SIGMARINGEN - Ein 43-jähriger Mann aus einer Laucherttalgemeinde muss ins Gefängnis, weil er in seinem Keller zum wiederholten Mal Cannabis angebaut hat. Gehandelt hat er mit den Drogen nicht, er benötigte sie für den Eigenbedarf. Die Freiheitsstrafe von zehn Monaten setzte das Amtsgericht Sigmaringen nicht zur Bewährung aus, weil ihm die Richterin „keine günstige Sozialprognose ausstellte“.
Bewährung – ja oder nein? Diese Entscheidung war für das Gericht die Kernfrage. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte eine zehnmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung. „Es ist nicht zu erwarten, dass vom Angeklagten keine Straftaten mehr begangen werden“, sagte sie in ihrem Plädoyer. Hintergrund sind zwei einschlägige Vorstrafen des Angeklagten: Er hatte das Cannabis immer nach dem selben Muster angebaut. Mal 34 Pflanzen und mal 70 Pflanzen. Die Polizei hob die Zucht bei einer Kontrolle erstmals im Jahr 2010 aus.
Damals bekam er noch eine Bewährungsstrafe. Vier Jahre später war das Amtsgericht Sigmaringen der Meinung, dass eine Haftstrafe angemessen sei. Dieses Urteil wurde in der Berufung vom Landgericht Hechingen aber in eine Bewährungsstrafe umgewandelt.
Weil der 43-jährige Mann während der Bewährungszeit aber erneut das Züchten begann, ließ Richterin Elisabetta Carbotta nun keine Gnade mehr walten. Ihre Begründung: „Sie geben sich Mühe“, sagte sie zu dem Mann, „aber ich sehe nur Eventualitäten, auf die ich keine Bewährung stützen kann.“
Damit meinte sie die Ankündigung des Mannes, nach der er mit dem Jobcenter Ziele vereinbarte, nach denen er Schritte zur beruflichen Eingliederung angehen möchte. Da den Mann seelische und körperliche Probleme plagen, wollte er diverse Arzttermine wahrnehmen und einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen.
Als im Januar die Polizei bei ihm 200 Gramm Marihuana und die 35 Cannabispflanzen beschlagnahmte, sei er in seine „schwere Depression“gefallen. Sein Anwalt Oliver Hirt sagte über den Angeklagten: „Er hat eine gewisse Menschenscheu und lebt in miserablen Verhältnissen.“Als sich die Prozessbeteiligten in Sigmaringen Bilder von der Plantage im Keller anschauten, wurde deutlich, dass der Mann im Keller bei den Pflanzen sein Nachtlager aufgeschlagen hatte. „Dort ist es warm“, nannte er zur Begründung.
Mann lebt immer wieder abstinent
Ein Gutachter hatte ihm keine Drogenabhängigkeit attestiert. Er sei auch dazu in der Lage, abstinent zu leben. Seit ihm die Polizei im Januar die Drogen weggenommen hatte, konsumiere er nichts mehr, „weil ich nichts mehr habe“. Auch zuvor habe er immer wieder für längere Zeiten kein Marihuana geraucht. Nach eigenen Angaben hat er im Alter von ungefähr zwölf Jahren mit dem Kiffen angefangen. Als Reaktion auf einen sexuellen Missbrauch. „Er bekämpft mit dem Cannabis eine Angststörung“, schrieb ein Gutachter. Auslöser für den neuerlichen Konsum sei der Tod seines Hunde gewesen. „Er war mein wichtigster Bezugspunkt“, sagte der allein lebende Mann.
Sein Anwalt hatte gefordert, dass die Strafe erneut zur Bewährung ausgesetzt wird. Ein Bewährungshelfer solle ihm dabei helfen, sein Leben in den Griff zu bekommen, war sein Argument.