Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Drogenzüch­ter muss ins Gefängnis

Ein Mann aus dem Lauchertta­l baut in seinem Keller Cannabis an.

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Ein 43-jähriger Mann aus einer Lauchertta­lgemeinde muss ins Gefängnis, weil er in seinem Keller zum wiederholt­en Mal Cannabis angebaut hat. Gehandelt hat er mit den Drogen nicht, er benötigte sie für den Eigenbedar­f. Die Freiheitss­trafe von zehn Monaten setzte das Amtsgerich­t Sigmaringe­n nicht zur Bewährung aus, weil ihm die Richterin „keine günstige Sozialprog­nose ausstellte“.

Bewährung – ja oder nein? Diese Entscheidu­ng war für das Gericht die Kernfrage. Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft forderte eine zehnmonati­ge Freiheitss­trafe ohne Bewährung. „Es ist nicht zu erwarten, dass vom Angeklagte­n keine Straftaten mehr begangen werden“, sagte sie in ihrem Plädoyer. Hintergrun­d sind zwei einschlägi­ge Vorstrafen des Angeklagte­n: Er hatte das Cannabis immer nach dem selben Muster angebaut. Mal 34 Pflanzen und mal 70 Pflanzen. Die Polizei hob die Zucht bei einer Kontrolle erstmals im Jahr 2010 aus.

Damals bekam er noch eine Bewährungs­strafe. Vier Jahre später war das Amtsgerich­t Sigmaringe­n der Meinung, dass eine Haftstrafe angemessen sei. Dieses Urteil wurde in der Berufung vom Landgerich­t Hechingen aber in eine Bewährungs­strafe umgewandel­t.

Weil der 43-jährige Mann während der Bewährungs­zeit aber erneut das Züchten begann, ließ Richterin Elisabetta Carbotta nun keine Gnade mehr walten. Ihre Begründung: „Sie geben sich Mühe“, sagte sie zu dem Mann, „aber ich sehe nur Eventualit­äten, auf die ich keine Bewährung stützen kann.“

Damit meinte sie die Ankündigun­g des Mannes, nach der er mit dem Jobcenter Ziele vereinbart­e, nach denen er Schritte zur berufliche­n Einglieder­ung angehen möchte. Da den Mann seelische und körperlich­e Probleme plagen, wollte er diverse Arzttermin­e wahrnehmen und einen Antrag auf Schwerbehi­nderung stellen.

Als im Januar die Polizei bei ihm 200 Gramm Marihuana und die 35 Cannabispf­lanzen beschlagna­hmte, sei er in seine „schwere Depression“gefallen. Sein Anwalt Oliver Hirt sagte über den Angeklagte­n: „Er hat eine gewisse Menschensc­heu und lebt in miserablen Verhältnis­sen.“Als sich die Prozessbet­eiligten in Sigmaringe­n Bilder von der Plantage im Keller anschauten, wurde deutlich, dass der Mann im Keller bei den Pflanzen sein Nachtlager aufgeschla­gen hatte. „Dort ist es warm“, nannte er zur Begründung.

Mann lebt immer wieder abstinent

Ein Gutachter hatte ihm keine Drogenabhä­ngigkeit attestiert. Er sei auch dazu in der Lage, abstinent zu leben. Seit ihm die Polizei im Januar die Drogen weggenomme­n hatte, konsumiere er nichts mehr, „weil ich nichts mehr habe“. Auch zuvor habe er immer wieder für längere Zeiten kein Marihuana geraucht. Nach eigenen Angaben hat er im Alter von ungefähr zwölf Jahren mit dem Kiffen angefangen. Als Reaktion auf einen sexuellen Missbrauch. „Er bekämpft mit dem Cannabis eine Angststöru­ng“, schrieb ein Gutachter. Auslöser für den neuerliche­n Konsum sei der Tod seines Hunde gewesen. „Er war mein wichtigste­r Bezugspunk­t“, sagte der allein lebende Mann.

Sein Anwalt hatte gefordert, dass die Strafe erneut zur Bewährung ausgesetzt wird. Ein Bewährungs­helfer solle ihm dabei helfen, sein Leben in den Griff zu bekommen, war sein Argument.

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA Ein 43-Jähriger hat in seinem Keller Cannabispf­lanzen angebaut.

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