Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Unterkunft für Flüchtlinge soll schließen
Das Gebäude am Talweg in Gammertingen ist nur noch zur Hälfte belegt.
GAMMERTINGEN - Das Sigmaringer Landratsamt will zum Ende dieses Jahres die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge am Talweg in Gammertingen aufgeben. Wie die Behörde am Mittwoch mitteilte, leben dort zurzeit 49 Menschen. Zu Spitzenzeiten waren es bis zu 125. „Aufgrund deutlich rückläufiger Flüchtlingszahlen sind die Unterkünfte des Landkreises derzeit nur zur Hälfte belegt“, schreibt das Landratsamt in einer Pressemitteilung. Aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus fordere das Land allerdings eine Auslastungsquote von mindestens 70 Prozent. Bis zum Jahr 2020 soll diese auf 80 Prozent angehoben werden.
Zurzeit unterhält das Landratsamt vier Gemeinschaftsunterkünfte: zwei in Sigmaringen sowie jeweils eine in Meßkirch und Gammertingen. Hinzu kommen einzelne Wohnungen in Meßkirch und Bad Saulgau. Von den insgesamt 299 Plätzen sind aktuell 172 belegt. Bis zum Jahresende solle die Anzahl der Plätze auf 208 reduziert werden, schreibt das Landratsamt in seiner Pressemitteilung.
Land und Kreistag entscheiden
Um die Vorgaben des Landes zu erfüllen, hat der Landkreis ein mehrstufiges Abbaukonzept ausgearbeitet. Dieses sieht zunächst eine Schließung der Gemeinschaftsunterkünfte vor, die der Landkreis angemietet hat: in Laiz, Mengen, Gammertingen und Meßkirch. Die Unterkünfte in Mengen und in Laiz waren bereits im vergangenen Jahr aufgelöst worden. Der Auflösung der Unterkunft in Gammertingen müssen noch das Land und der Kreistag zustimmen. Ob und wann der Landkreis auch die Gemeinschaftsunterkunft in Meßkirch aufgibt, steht noch nicht fest. „Das hängt von der weiteren Entwicklung der Flüchtlingszahlen ab“, sagt Tobias Kolbeck, Pressesprecher des Landratsamts.
Die 49 Flüchtlinge, die in Gammertingen wohnen, stammen überwiegend aus Afghanistan, Gambia und Togo sowie zehn weiteren Ländern. Sie sollen bis Silvester entweder in der kommunalen Anschlussunterbringung wohnen können oder in andere Gemeinschaftsunterkünfte verlegt werden – „unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Situation“, wie es in der Pressemitteilung des Landratsamts heißt.
Die Bewohner der Gammertinger Gemeinschaftsunterkunft waren am Dienstag über die Schließung informiert worden, ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter bereits in der vergangenen Woche. „Seit 2015 haben die ehrenamtlichen Helfer mit dem Asylcafé und zahlreichen weiteren Projekten einen großen Beitrag zur Integration der Geflüchteten geleistet“, sagt Anja Schäfer, die beim Landratsamt den Fachbereich Recht und Ordnung leitet. Darüber hinaus habe die Stadt mit ihrer weitreichenden Unterstützung dafür gesorgt, dass sich die Flüchtlinge in Gammertingen angenommen gefühlt hätten.
Bürgermeister lobt Engagement
Ein großes Lob für die ehrenamtlichen Helfer gibt es auch von Gammertingens Bürgermeister Holger Jerg. „Dieser große, ehrenamtliche Kreis von Mitbürgern hat die Integration der Flüchtlinge intensiv unterstützt“, sagt er. Bis auf einige wenige Einzelfälle habe es mit der Unterbringung der Asylsuchenden in Gammertingen auch nie Probleme gegeben. Auch das sei zu einem großen Teil dem ehrenamtlichen Engagement zu verdanken.
Dieses Engagement ist auch an der kommunalen Anschlussunterbringung ablesbar: In Gammertingen leben mittlerweile rund 60 Flüchtlinge in normalen Wohnungen. „Dabei handelt es sich durchweg um Wohnungen, die privat vermietet werden – und nicht von der Stadt“, sagt Holger Jerg. Dafür sei er den Bürgern und Unternehmen, die diese Wohnungen zur Verfügung stellen, ausgesprochen dankbar. „Auch das hat uns geholfen, diese enorme Herausforderung anzunehmen.“