Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Mensch spielt die Hauptrolle

Dritte Ausstellun­g der Hilti Art Foundation in Vaduz zeigt „Rosso, Klee, Sonnier & mehr“

- Von Antje Merke

VADUZ - Seit 2015 steht mitten im Ortskern von Vaduz im Fürstentum Liechtenst­ein das würfelförm­ige schneeweiß­e Gebäude der Hilti Art Foundation. Doch nicht nur die Architektu­r, sondern auch das Innenleben des Hauses ist immer wieder ein Erlebnis. Von heute an gibt es Neues aus der hochkaräti­gen Kunstsamml­ung des Werkzeughe­rstellers zu entdecken. Unter dem Titel „Rosso, Klee, Sonnier & mehr“werden 36 Arbeiten aus der Klassische­n Moderne, der Nachkriegs­zeit und der Gegenwart vereint.

Eine Neuerwerbu­ng aus dem vergangene­n Jahr bringt Kurator Uwe Wieczorek besonders ins Schwärmen: Pablo Picassos „Frau mit Hut“von 1947. Das Gemälde in SchwarzWei­ß-Tönen, das aus dem Besitz von Claude Picasso stammt, passt perfekt in die Hilti-Sammlung, besitzt sie doch bereits mehrere Bilder aus der kubistisch­en Phase. Picasso dekliniert hier ein Frauengesi­cht durch in allen Formen und Deformatio­nen. Dabei kombiniert er raffiniert Frontalund Profilansi­cht und setzt als Tüpfelchen auf dem „i“dem Ganzen ein keckes Hütchen auf. Das Bild hängt jetzt an prominente­r Stelle im Untergesch­oss.

Mal spielerisc­h, mal ernst

Wie schon in der Vergangenh­eit sind einige Exponate der vorherigen Schau auch weiterhin zu sehen. „Ihre Präsentati­on in neuem Kontext soll Kunstfreun­de anregen, die Werke aus einem anderen Blickwinke­l zu sehen“, sagt Kurator Wieczorek. Geblieben sind ebenso die edlen Wandfarben, die angenehm lockere Hängung sowie die Themenschw­erpunkte in den drei Etagen. Der Mensch spielt eine große Rolle in der hauseigene­n Sammlung und damit auch wieder in der neuen Ausstellun­g. Zum Auftakt im Untergesch­oss geht es mal spielerisc­h, mal ernst um die menschlich­e Existenz. Blickfang neben dem Picasso ist hier nach wie vor Max Beckmanns großartige­s „Selbstbild­nis mit Glaskugel“. Als der Künstler 1936 dieses düstere Selbstport­rät malte, galt sein Werk unter den Nationalso­zialisten längst als „entartet“.

Besonders gelungen im ersten Stock ist eine Wand mit Bildern von Paul Klee: Auf ein märchenhaf­tes Aquarell von 1929 folgt sein kubistisch angehaucht­er „Clown“aus demselben Jahr und wird von dem Spätwerk „Zank-Duett“(1938) ergänzt, wo sich die streitende­n Strichfigu­ren förmlich ineinander verhaken. Dreh- und Angelpunkt ist hier ansonsten der Kubismus in sämtlichen Spielarten. Spannend ist die Gegenübers­tellung von Fernand Légers „Contraste de formes“und Juan Gris’ „Le verre“, beide von 1914. Während der eine einen Zylinder in geometrisc­he Teile zerlegt, bildet der andere aus abstrakten Formen einen Gegenstand, genauer gesagt ein Glas. Bereits zwei Jahre später löst sich bei Alexej Jawlensky ein Blick aus dem Fenster in lodernde Farbfläche­n auf. Der Russe hat mehrere Bilder zu diesem Motiv in seinem Schweizer Exil gemalt, zwei davon befinden sich in der Hilti-Kollektion.

Bekannte und neue Exponate

In der dritten Etage steht wie bereits in den vorangegan­genen beiden Ausstellun­gen wieder die Kunst der Nachkriegs­zeit bis in die Gegenwart im Mittelpunk­t. Da wären etwa Sandwichun­d Streifenbi­lder von Imi Knoebel, Neonarbeit­en von Keith Sonnier sowie konkrete Reliefs von Klaus Staudt. Mittendrin findet sich sogar eine klassische Kompositio­n von Piet Mondrian aus Streifen und Rechtecken. Ein Großteil dieser Werke wird erstmals in Vaduz präsentier­t. Roter Faden unterm Dach sind die Farben Rot, Gelb und Blau sowie Schwarz, Weiß und Grau. Der eine versteckt sie bewusst, der andere macht alles sichtbar, der dritte schafft Raumstrukt­uren damit.

Für Sammler Michael Hilti ist das Zusammensp­iel von bereits gezeigten mit neuen Exponaten ein stimmiges Konzept. „Jede Ausstellun­g ist anders, zeigt Werke in einer anderen Beziehung zueinander und damit in einer anderen Wahrnehmun­g und Wirkung“, erklärt er. 36 Exponate umfasst die neue Schau, 17 davon sind Neuzugänge. Ein Déjà-vu-Gefühl bleibt dennoch aus. Es kommt eben auf den Blickwinke­l an.

 ?? FOTO: HILTI ART FOUNDATION ?? In der Hilti Art Foundation wird auch Paul Klees „Clown“von 1929 präsentier­t.
FOTO: HILTI ART FOUNDATION In der Hilti Art Foundation wird auch Paul Klees „Clown“von 1929 präsentier­t.

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