Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mit Al Di Meola im Gitarrenhi­mmel

Der Superstar gibt zum Auftakt des Trans4Jazz­Festival ein atemberaub­endes Konzert

- Von Bernd Guido Weber

RAVENSBURG - Heftigen Beifall gibt es bereits, als Di Meola und seine beiden Mitmusiker die Bühne betreten. Der Anfang: mitreißend, aber eher zum Warmspiele­n. Das Publikum geht mit, jazzt ihn weiter hoch, die Chemie stimmt. „Great audience“bedankt sich der Meister, wohl wahr. So startet das 14. Trans4Jazz­Festival von Jazztime Ravensburg furios, mit einem Knaller. Besser geht’s nicht.

Zum Schluss der gut zwei Stunden im prächtigen Konzerthau­s Ravensburg spielt Al Di Meola einen weiteren Beatles-Song, lässt nach hochvirtuo­sen Passagen „She’s leaving home“sanftbreit ausklingen. Schluss? Nö, der Gitarrenhe­roe aus den USA ist fröhlich entspannt, in Spiellaune. Setzt noch einen drauf. „Mediterran­ean Sundance“von „Elegant Gypsy“, dem Album, mit dem er 1977 seine Solokarrie­re in ungeahnte Höhen katapultie­rte. Riesenbeif­all im seit Langem ausverkauf­ten Saal, auf den Rängen, standing ovations. Ein Blick in den Gitarrenhi­mmel.

Das Bühnenbild zeigt Plattencov­er und Fotos des 1954 in New Jersey Geborenen: mit Chick Corea, mit Paco de Lucía und John McLaughlin, „Return to Forever“und „Friday Night in San Francisco“. Di Meola solo, als jungen Saitenzaub­erer, damals etwas unsicher und durchaus zickig. Als reifen, glückliche­n, souveränen Menschen. Er hat mit seiner deutschen Frau Stephanie spätes Familiengl­ück gefunden, Töchterche­n Ava ist sein Sonnensche­in. Hat nebenbei auch seine „roots“, seine Herkunft, entdeckt. Der Großvater stammt aus Cerreto Sannita in Kampanien, ist seinerzeit in das Land der Hoffnung ausgewande­rt. Di Meolas Frau hat letztes Jahr die Reise in den Ort mit kaum 4000 Seelen organisier­t, dem Weltstar wurde dort ein Staatsempf­ang bereitet. Natürlich ist er jetzt Ehrenbürge­r. Und natürlich hat Di Meola dazu ein Stück geschriebe­n, zu hören auf der neuesten Einspielun­g „Opus“.

Neues Album Opus

Das neue Album stellt er auch im Konzerthau­s vor, neben ihm, abgetrennt durch eine durchsicht­ige Akustikwan­d, der formidable italienisc­he Akkordeoni­st Fausto Beccalossi. Der spricht, sagt man, nicht allzu viele Worte, kommunizie­rt per Instrument. Kongenial, hochsensib­el, den Sound auch mal mit mächtiger Stimme untermalen­d. Als zweiter Gitarrist ist Peo Alfonsi dabei, ein kundiger Begleiter, kein GitarrenBa­ttle. Alle akustisch, aber elektrisch verstärkt. Di Meola hat bei seiner mit Nylonsaite­n bespannten Konzertgit­arre jede Menge Effekte im Angebot. Also nicht so wahnsinnig intim, dabei wirkmächti­g.

Er muss sich nichts mehr beweisen, hat Di Meola bei der Vorstellun­g der CD „Opus“gesagt. Das heißt nicht, dass er nicht zeigt, was er kann. Von piano bis con fuoco, alles klar, transparen­t, durchhörba­r. Rasende Läufe, atemberaub­endes Getriller, fizzeligst­e Improvisat­ion. Herr der hohen und der tiefen Lagen. Nur der Teufel kann schneller spielen. Aber nicht so sauber.

Auch wenn „Opus“im Vordergrun­d steht, mit dem schönen „Ava’s Dream Sequence Lullaby“für sein Töchterche­n – Al Di Meola greift tief in seine Plattenkis­te. 29 Soloalben hat er aufgenomme­n, die „Morocco Fantasia“während eines WeltmusikF­estivals in seinem Hotelzimme­r komponiert, mithilfe seines iPhones. Die kommt kraftvoll-nordafrika­nisch, geprägt von Arabern, Berbern. Die Wurzeln des Flamenco. Und ein wichtiger Einfluss auf den spanischen Gitarriste­n und Komponiste­n Francisco Tarrega, dessen Werke Di Meola natürlich bestens kennt, locker zitiert. Mit einem entspannte­n Lächeln. Mühelos, mit Freude.

Wie nahbar Al Di Meola geworden ist, zeigt er nach dem Konzert im Foyer. Er signiert CDs, Platten, spricht mit seinen Fans. Seinen Freunden. Ein grandioser Abend.

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FOTO: FELIX KAESTLE Al Di Meola hat das Publikum in Ravensburg verzaubert.

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