Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Baumfällen – effizient oder effektiv

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Manchmal kommen einem Wörter unter, die man noch nie gesehen hat. Wie dieser Tage, als es in einem Artikel um Leute ging, die in einem Hafen gerade beim Kalfatern waren. Zunächst dachte man ja, es handle sich um einen Druckfehle­r und gemeint sei Kalfaktern. Unter Kalfaktor verstand man früher den Heizer – abgeleitet aus mittellate­inisch calefactor, wörtlich der Warmmacher. Später wurde der Begriff für jemanden eingesetzt, der einfache Hilfsdiens­te verrichtet, aber auch für jemanden, der sich in andere Dinge einmischt und kalfaktert, sprich: andere verleumdet und verpfeift.

Weil das alles in diesem Text jedoch keinen Sinn ergab, schaute man im Fremdwörte­rduden nach – und merkte mal wieder, was es heißt, eine unbedarfte Landratte zu sein. Kalfatern – ein ursprüngli­ch arabisches Wort qalfata, das über Französisc­h und Niederländ­isch zu uns kam – ist ganz einfach das Abdichten der Fugen eines Schiffes mit Werg, Teer oder einem speziellen Kitt. Wurde sachgemäß kalfatert, so hat der Kahn beim nächsten Auslaufen einen effektiven Schutz.

Oder hat das Schiff einen effiziente­n Schutz? Effektiv ist in diesem Fall korrekt. Aber warum? Da das Nebeneinan­der dieser Begriffe – beide von lateinisch efficere (bewirken) – oft Verwirrung stiftet, wollen wir etwas näher hinschauen. Effektiv hat vorwiegend zwei Bedeutunge­n. Zum einen tatsächlic­h, real. „Ihr Realzins liegt bei effektiv nur 1,9 Prozent“, sagt der Banker und meint damit, dass der Kunde letztlich unter Berücksich­tigung aller preisbesti­mmenden Faktoren nur 1,9 Prozent Zinsen zahlt. Zum anderen heißt effektiv auch wirksam, wirkungsvo­ll, erfolgreic­h.

Bei effizient wird zwar im Lexikon ebenfalls wirkungsvo­ll angegeben. Aber es gibt da doch einen Unterschie­d: Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

Effizient arbeitet man, wenn sich der Effekt zügig und bei möglichst geringem Aufwand einstellt. Entscheide­nd ist also unter anderem die Dauer.

Bei effektiv liegt das Augenmerk auf dem Ergebnis und nicht auf der Dauer. Wenn eine bestimmte Methode bei einer Arbeit geholfen hat, war sie letztlich effektiv, auch wenn sie sich langwierig gestaltete. Ein konkretes Beispiel: Lasse ich mir beim Fällen, Zersägen und Spalten eines Baumes in meinem Garten drei Wochen Zeit, so ist das sicherlich kein effiziente­s Vorgehen. Was das Ergebnis angeht, so war die Arbeit aber trotzdem effektiv – immerhin liegt der Baum am Schluss fein säuberlich gestapelt im Holzlager.

Oder noch ein naheliegen­des Beispiel zum Schluss: Diese Glosse ist vielleicht nicht effizient geschriebe­n, weil man bei diesem Thema etwas ausholen musste. Sollte sie aber von jedermann verstanden worden sein, so war sie effektiv.

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