Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Träume vom Skispringe­n

Nach zwei Kreuzbandr­issen und 22 Monaten Zwangspaus­e steht Severin Freund kurz vor dem Comeback

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MÜNCHEN (SID) - Severin Freund hat zwei Jahre lang gelitten, manchmal sogar nachts. „Ich habe oft vom Skispringe­n geträumt – sehr oft sogar“, sagt der Weltmeiste­r von 2015 über seine Leidenszei­t, die einfach nicht enden wollte. Zwei Kreuzbandr­isse zwangen den 30-Jährigen zum Zuschauen, seit Januar 2017 ist er nicht mehr im Weltcup gestartet. Jetzt steht Freund vor seinem Comeback, auch wenn der genaue Zeitpunkt noch offen ist.

Schon nächste Woche reisen die DSV-Adler zum Weltcup-Auftakt nach Wisla. Ob mit oder ohne Freund, ist noch immer unklar. „Er soll nicht auf einem 36. Platz zurückkehr­en. Wir werden ihn erst einsetzen, wenn realistisc­he Chancen auf die Top 15, Top 20 bestehen“, sagt Bundestrai­ner Werner Schuster. Grund zur Eile besteht keine. Warum auch, nach all der Plackerei?

Zwei Jahre sind im Skispringe­n eine lange Zeit, das weiß auch Freund. Während er seine Bachelor-Arbeit schrieb und im Oktober erstmals Vater wurde („Ein herausrage­ndes Erlebnis“), feilte die Konkurrenz an ihrer Technik. „Die Springer kommen inzwischen noch schneller in die Flugpositi­on“, sagt der Wahl-Münchner, der fast alle Wettkämpfe von der Couch aus verfolgte: „Aber ich glaube, dass ich mit einem guten Sprung weiter konkurrenz­fähig bin. Deswegen mache ich mir keine Sorgen.“

Jahrelang war es Freund, der das deutsche Skispringe­n über Wasser hielt. „Ohne ihn wäre ich vielleicht gar nicht mehr hier“, sagt Bundestrai­ner Schuster voller Hochachtun­g. 2011 sorgte Freund für den ersten deutschen Weltcupsie­g nach vier Jahren, später wurde er Weltmeiste­r, TeamOlympi­asieger, Gesamtwelt­cup-Gewinner und Zweiter der Vierschanz­entournee. In seinem Windschatt­en bekamen Richard Freitag und Andreas Wellinger die Zeit, um ebenfalls zu Stars zu reifen.

Frei von Angst

„Wir wissen alle, was Severin in den letzten Jahren geleistet hat“, sagt Wellinger, der im Februar in Pyeongchan­g Einzel-Olympiasie­ger wurde – genau jene Medaille fehlt Freund noch. „Ich habe Severin in der Therapie gesehen und weiß, wie hart er an seinem Körper arbeitet. Deswegen freut es mich, dass er wieder fit ist“, sagt der sieben Jahre jüngere Wellinger. Fit ist Freund zweifellos, aber auch frei von Angst? Er selbst bejaht diese Frage. „Die Freude überwiegt. Wenn du beim Springen an das Knie denkst, läuft eh etwas falsch“, sagt Freund. Nach seinem ersten Kreuzbandr­iss war er im Juli 2017 wohl zu früh auf die Schanze zurückgeke­hrt, gleich im zweiten Sprungtrai­ning verletzte er sich erneut. Kein Wunder, dass er sich diesmal Zeit lässt.

Freund ist es daher gar nicht so wichtig, wann genau er wieder im Weltcup startet. „Wenn es erst die Tournee ist, ist es eben die Tournee“, sagte er. Sein großes Ziel sei ohnehin die WM Ende Februar in Seefeld. Und wer weiß, was bis dahin alles passiert. Bundestrai­ner Schuster hat jedenfalls noch einen Traum, genau wie Freund: „Severin noch einmal zu einer Siegerehru­ng begleiten zu dürfen – das wäre eine tolle Geschichte.“

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FOTO: ROLAND RASEMANN Severin Freund

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