Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Politik als bereichern­des Element

Prominente Frauen in Gesprächsr­unde beim Landfrauen­verband Biberach-Sigmaringe­n

- Von Waltraud Wolf

NEUFRA – Vor 100 Jahren wurde in Deutschlan­d das Frauenwahl­recht eingeführt. Dieses Ereignis machte der Landfrauen­verband BiberachSi­gmaringen zum Motto seiner Mitglieder­versammlun­g, zu der er am Donnerstag in die Donauhalle nach Neufra eingeladen hatte. Dass Frauen dieses Wahlrecht in ihrem Sinne wahrnehmen und sich auch angesichts der anstehende­n Kommunalwa­hlen im kommenden Frühjahr zur Verfügung stellen sollen, wurde sowohl in der Rede der Vorsitzend­en Doris Härle, den Grußworten und in einer Gesprächsr­unde deutlich.

Zu der hatten die Landfrauen prominente Gesprächsp­artnerinne­n gewonnen: die baden-württember­gische First Lady Gerlinde Kretschman­n, die Sigmaringe­r Landrätin Stefanie Bürkle, die langjährig­e Europa-Abgeordnet­e Elisabeth Jeggle, Toni Teufel, Ehrenpräsi­dentin des Landfrauen­verbandes Württember­g-Hohenzolle­rn und die Kreisrätin­nen Rita Hafner-Degen aus dem Landkreis Sigmaringe­n und Monika Koros-Steigmülle­r aus dem Landkreis Biberach.

Vorstandsm­itglied Claudia Reisch moderierte die Runde. Zur Behauptung: „Frauen wählen keine Frauen“, zeigte sich Gerlinde Kretschman­n überzeugt, dass sich dies bei der nächsten Wahl ändern werde. Elisabeth Jeggle erinnerte sich, mit welcher Skepsis man ihrer ersten Wahl zur Europa-Abgeordnet­en begegnet ist und zwar bei der Frage: „Wie geht es daheim?“Dabei sei ihr Jüngster damals 23 Jahre alt gewesen. Toni Teufel erklärte: Weitblicke­nde Frauen haben schon immer Frauen gewählt. Monika Koros-Steigmülle­r machte deutlich, dass sich Frauen dazu erst einmal aufstellen lassen müssten, zeigte sich jedoch für die Kommunalwa­hl 2019 optimistis­ch. Nicht nur Rita Hafner-Degen schlug eine Bresche für die Männer. Sie empfahl zwar, bei gleicher Qualifikat­ion Frauen zu wählen, unterstric­h aber auch: „Die Vielfalt ist wichtig“. Sie wusste Stefanie Bürkle an ihrer Seite, die würdigte, dass inzwischen auch Frauen in herausgeho­bene Positionen gewählt werden.

Als Motivation für ihren Einstieg in die Politik gab die Sigmaringe­r Landrätin ein positives Erlebnis aus ihrer Kindheit an. Sie hatte als Neunoder Zehnjährig­e mit einer Unterschri­ftenaktion Erfolg, die den Kindern einen Platz für Freizeit-Aktivitäte­n bescherte. Dazu kam der Wunsch des Gestaltens. „Wer meckert, muss auch ran“, beschrieb Hafner-Degen den Ursprung ihres Tuns, räumte dazu ein, dass sie aus einer „politisch sehr engagierte­n Familie“komme. Dies war auch bei Gerlinde Kretschman­n der Fall. Wenn sich der Vater nach der Stallarbei­t gewaschen und umgezogen habe, um in die Gemeindera­tssitzung zu gehen, habe sie schon als Kind gewusst, dass sie dies auch einmal wolle. Überhaupt sei die Prägung von ehrenamtli­chem Tun in der Familie wichtig. Toni Teufels Motivation hatte mit den Landfrauen und ihren „vielen Ideen“und der Einsicht zu tun: Wir können nur etwas erreichen, wenn wir mitreden können. Jeggle sah in positiven Ergebnisse­n ihrer Arbeit als EuropaAbge­ordnete Motivation.

Koros-Steigmülle­r bezeichnet­e sich als unpolitisc­hen Menschen, der mit dem gesunden Menschenve­rstand arbeite, gerne gestalte, was auch ihr eigenes Leben betreffe. Zudem wolle sie ihre Werte weitergebe­n. Ihr Tipp für Kandidatin­nen für die kommende Kreistags-Wahl: Sich auf kleinen Listen aufstellen zu lassen, weil hier die Chancen größer seien.

Nicht nur Hafner-Degen appelliert­e an die Frauen zu kandidiere­n. Interessie­rte Frauen müssten sich gegenseiti­g unterstütz­en, betonte Jeggle und an sich glauben: „Vielleicht sind wir Frauen besser als Männer“. Allerdings: Die Familie muss mitziehen. Man brauche Selbstbewu­sstsein, betonte Kretschman­n, müsse selber denken und nicht „nur strecken“, wenn es die anderen täten.

Unterschie­dlich waren die Positionen der Gesprächsp­artnerinne­n zur Frauen-Quote bei Wahlen. Selbst wenn die Frauen auf den Wahllisten stünden, entschiede­n die Wähler „in der Kabine“, so Jeggle.

„Macht Ihnen Politik Spaß?“, wollte Claudia Reisch zum Abschluss wissen. Für sie mache Politik Sinn und nicht Spaß, doch sie empfinde sie als bereichern­d, so Gerlinde Kretschman­n. Gemeinsam mit anderen über harte Arbeit zum Ziel zu kommen, empfinde sie erfüllend, bereite ihr Freude und in diesem Sinne mache ihr Politik Spaß, betonte Stefanie Bürkle. Ganz ohne Spaß daran gehe es nicht, meinte Elisabeth Jeggle. Ihre Fraktion sei immer wieder das „Zünglein“an der Waage und so sei die Politik für sie Verantwort­ung und Bereicheru­ng gleicherma­ßen, so Monika Koros-Steigmülle­r. Man spüre, dass man sich etwas aufgeladen habe, räumte Toni Teufel ein. Rita Hafner-Degen sah der AfD wegen die „Demokratie wackeln“, es gelte, sich wieder auf die Basis zu besinnen.

 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Politisch motivierte Frauen stellen sich den Fragen (von links): Gerlinde Kretschman­n, Toni Teufel, Rita Hafner-Degen, Moderatori­n Claudia Reisch, Stefanie Bürkle, Elisabeth Jeggle und Monika Koros-Steigmülle­r.
FOTO: WALTRAUD WOLF Politisch motivierte Frauen stellen sich den Fragen (von links): Gerlinde Kretschman­n, Toni Teufel, Rita Hafner-Degen, Moderatori­n Claudia Reisch, Stefanie Bürkle, Elisabeth Jeggle und Monika Koros-Steigmülle­r.

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