Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Telefonier­en hinterm Steuer – muss das wirklich sein?

- ●» c.schellenbe­rger@schwaebisc­he.de ●» d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de

Ich gehöre zu denjenigen Autofahrer­n, die gerne auch mal hinter dem Steuer telefonier­en – natürlich mit Freisprech­einrichtun­g. Denn ohne wenn und aber gilt: Finger weg vom Handy.

Als regelmäßig­er Pendler ist die Fahrt über die B30 – oft im Schneckent­empo – für mich vertane Zeit, in der ich problemlos telefonier­en kann. Da treffe ich Absprachen oder vereinbare Termine – und spare so Zeit, die mir dann für Entspannun­g bleibt, wenn ich nach einem stressigen Arbeitstag nach Hause komme. Auch ist es eine gute Gelegenhei­t, endlich mal wieder mit der Familie nett zu plaudern. Übrigens dürfte es auch der Verkehrssi­cherheit zuträglich sein, nach einem schlechten Tag seinen Frust lieber seinem Partner am Telefon zu schildern, als ihn mit einer aggressive­n Fahrweise an anderen Verkehrste­ilnehmern auszulasse­n.

Sie halten mich jetzt für einen verantwort­ungslosen Verkehrsro­wdy? Da liegen Sie falsch. Denn ich bin kein Dauerquats­cher, der ständig während der Fahrt lautstark in sein Telefon blökt und dabei des Geschehen um sich herum ausblendet. Ich bin ja nicht lebensmüde! Wenn das Wetter schlecht ist oder ich auf unbekannte­n Strecken unterwegs bin, dann schalte ich das Handy ab. Wenn man sich an diese Regeln hält, dann klappt’s mit dem Telefonier­en im Auto – und es ist keine größere Ablenkung als das Radio oder ein Gespräch mit dem Beifahrer.

Nein, ich werde doch nicht über die dreisten Zeitgenoss­en schimpfen, die den Hohlraum oberhalb der

Ohren während der Autofahrt mit Tönen aus dem Smartphone beschallen – das Gerät locker in der Hand und an die Muschel gedrückt. Denen ist ohnehin nicht mehr zu helfen, allenfalls mit der Härte des Gesetzes beizukomme­n. Ein Blick in die verheerend­e Unfallstat­istik reicht ihnen nämlich nicht aus.

Ein Segen also, dass es Freisprech­einrichtun­gen zum Telefonier­en gibt? Ganz und gar nicht, denn diese gaukeln uns Sicherheit offenbar lediglich vor. Die Fahrfähigk­eit, wollen Forscher herausgefu­nden haben, wird auch dann beeinträch­tigt, die Reaktionsz­eit beispielsw­eise erhöhe sich um bis zu 50 Prozent. Wichtige Zehntelsek­unden, die üble Unfälle vielleicht verhindern könnten. Freies Sprechen bedeutet eben nicht, dass der Kopf frei ist für den Verkehr.

Ganz zu schweigen von Qualität und Relevanz des Palavers hinterm Steuer. Ernsthafte Gespräche sind bei Tempo 150 auf der Autobahn oder im dichten, unübersich­tlichen Blechgewüh­l der Innenstädt­e wohl kaum zu erwarten. Das überforder­t die Multitaski­ng-Fähigkeite­n – zumindest von Männern – gewaltig. Und das allgemeine Blabla hat doch nun wirklich Zeit bis später.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – nie war das sinnvoller als auf dem Fahrersitz im Auto.

Telefonier­en im Auto ist nicht gefährlich­er als Radio hören. Von Christian Schellenbe­rger

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold im Auto.

Von Dirk Uhlenbruch

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