Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Rechte und Pflichten im Praktikum
keine Blümchenpraktika machen, sondern bewusst ausgewählte Karriereschrittchen in Richtung Zielberuf“, sagt Reinhard Scharff, Geschäftsführer der Personalberatung ‚Die Stellenbesetzer‘ in Stuttgart. Vorpraktikum müssen die laut Studienordnung geforderten Aufgabenbereiche abgedeckt sein. Darauf ist unbedingt zu achten, damit das Praktikum auch anerkannt wird.
In vielen Studiengängen ist ein Praktikum in Form eines Praxissemesters als fixer Studieninhalt eingeplant. Das hilft dabei, das spätere Aufgabenfeld kennenzulernen, sich fachlich darauf vorzubereiten und Kontakte zu knüpfen, die später ein Türöffner sein können. Wie das Nürnberger Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung in Studien immer wieder herausfindet, werden die meisten Stellen über persönliche Kontakte vergeben. Beziehungen, oft als Vitamin B bezeichnet, sind daher wichtig und wertvoll. In manchen Studiengängen bietet es sich an, das Praxissemester im Ausland zu absolvieren. Damit lassen sich Praxiserfahrung und Sprachkenntnisse kombinieren. So wichtig, wie oft vermutet, ist dieser Punkt aber nicht. „Nur jedes elfte Unternehmen schaut besonders auf Talente, die mehrere Sprachen beherrschen“, sagt Dr. Sebastian Dettmers, Geschäftsführer bei StepStone. Praktikum folgt, hängt vom Studiengang ab. Eher unwahrscheinlich ist das bei Ingenieuren und Informatikern, möglich bei Sozial- und Politikwissenschaftlern und häufig im Kultur- und Medienbereich. In Nebenjobs und Werkstudententätigkeiten lässt sich das Sammeln praktischer Erfahrung mit Geld verdienen kombinieren. Fast alle Praktikanten erhalten für ihre Arbeit Geld, im Schnitt sind das 1099 Euro pro Monat, steht im Praktikantenspiegel der Unternehmensberatung Clevis. Seit 2010 sind die Praktikantengehälter um 400 Euro gestiegen, was mit an der Einführung des Mindestlohns für Praktikanten gilt. Der gilt allerdings nur für freiwillige Praktika, die mindestens drei Monate dauern. Praktika sind in vielen Studiengängen Pflicht. Und selbst ohne Zwang nutzen viele Studierende ihre vorlesungsfreie Zeit, um den Arbeitsalltag kennenzulernen.
Wo finde ich das richtige Praktikum?
Jutta Boenig, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGfK), empfiehlt dafür vor allem Messen. Denn dort können Interessenten direkt mit einem Unternehmen in Kontakt kommen. Alternativ wenden sie sich ans Career Center ihrer Hochschule. Gerade für Geisteswissenschaftler lohnt sich auch ein Blick in die Newsletter von Unternehmen, auch Plattformen wie Xing und Linkedin können weiterhelfen.
Bekomme ich Geld?
Generell gilt der Mindestlohn von 8,84 Euro auch für Praktikanten. Es gibt aber Ausnahmen: Handelt es sich etwa um ein Pflichtpraktikum im Rahmen des Studiums, müssen Unternehmen keinen Mindestlohn zahlen. Was für ihr Praktikum gilt, können Studierende mit einem Online-Test des Bundesarbeitsministeriums herausfinden.
Welche Rechte habe ich?
Für Praktikanten gilt wie für andere Arbeitnehmer auch das Arbeitszeitgesetz: Pro Tag dürfen sie demnach höchstens acht, in Ausnahmefällen auch bis zu zehn Stunden arbeiten, dazu kommt ein grundsätzliches Recht auf Pausen. Und wie andere Arbeitnehmer haben Praktikanten ebenfalls das Recht auf ein qualifiziertes Zeugnis.
Bin ich während meines Praktikums versichert?
Wie und in welcher Form man im Praktikum sozialversicherungspflichtig wird, hängt nicht nur vom Verdienst ab. Auch hier macht es einen Unterschied, ob das Praktikum Pflicht oder freiwillig ist, erklärt Birgit Adam, Autorin des Ratgebers „Chance Praktikum“der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen. Es lohnt sich also, vorher beim Arbeitgeber nachzufragen. Immer Pflicht ist dagegen die Krankenversicherung. „Hier empfiehlt es sich, die Versicherungslage vor Beginn eines Praktikums mit der jeweiligen Krankenkasse durchzusprechen“, rät Adam deshalb.