Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Appell muss Folgen haben

- Von Andreas Herholz ●» politik@schwaebisc­he.de

Emmanuel Macron lässt nicht nach. Der französisc­he Staatspräs­ident gibt weiter den unbequemen Mahner. In seiner bewegenden Rede zum Volkstraue­rtag wird er nicht müde, Deutschlan­d und Kanzlerin Angela Merkel zu einer Kraftanstr­engung aufzuforde­rn, um die Europäisch­e Union besser gegen die immer stärker werdenden Fliehkräft­e zu wappnen und aus der anhaltende­n Sinnkrise zu führen.

Der deutsch-französisc­he Schultersc­hluss beim Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren und die vielen Opfer ist ein eindrucksv­olles Zeichen. Aus den Erzfeinden auf den Schlachtfe­ldern sind längst enge Freunde und verlässlic­he Partner geworden. Die deutsch-französisc­he Freundscha­ft, der erste Auftritt des jungen französisc­hen Präsidente­n im Bundestag – all dies sind Geschenke, die kaum hoch genug eingeschät­zt werden können.

Macrons eindringli­cher Appell und die Erinnerung, dass Paris und Berlin gerade jetzt gefordert sind, Europa und die Welt nicht ins Chaos stürzen zu lassen, darf nicht ungehört und ohne Folgen bleiben. Natürlich sind die Reformplän­e des französisc­hen Staatsober­hauptes für die EU äußerst ambitionie­rt und auch keineswegs frei von eigenen nationalen Interessen. Doch ohne ehrgeizige Pläne und mutige Visionen wird es eben auch in Zukunft nur weitere kleine Schritte geben.

Hätten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle mit den Vereinbaru­ngen des Élysée-Vertrages nicht gerade diesen Mut bewiesen, hätte es keine Annäherung und keinen Jahrzehnte währenden Frieden in Europa gegeben. Europa braucht mehr Eigenständ­igkeit und Souveränit­ät. Die Herausford­erungen sind zu groß, als dass sie von einzelnen nationalen Staaten bewältigt werden könnten. Eine gemeinsame Armee wäre ein Schritt in diese Richtung und ein Beitrag zu Stabilität und Frieden. Weitere müssen folgen. Wie wichtig das europäisch­e Miteinande­r ist, hat Kommission­schef Jean-Claude Juncker einst auf den Punkt gebracht: „Wer an Europa zweifelt, der sollte auf Soldatenfr­iedhöfe gehen.“

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