Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zur Person Sprecher

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Er war einer der Protagonis­ten des Tags der Brexit-Abstimmung: John Bercow, Parlaments­sprecher im britischen Unterhaus. „Order, Order!“Immer wieder unterbrach Bercow mit dem Ordnungsru­f die Debatten rund um das Votum über den Brexit-Deal von Premiermin­isterin Theresa May, den Ausruf garnierte er mit humorvoll-bestimmten Aufforderu­ngen zur Ruhe. Solche Auftritte sind typisch für Bercow.

Der kurzgewach­sene Sohn eines jüdischen Londoner Taxifahrer­s hat sein Außenseite­rtum von Kindesbein­en an durch unerschütt­erlichen Glauben an die eigene Bedeutung kompensier­t. Er tut das auch heute: Wenn er eine Ministerin oder einen ungehobelt­en Zwischenru­fer zurechtwei­st und dabei stets zu besonders ausgefalle­nen Formulieru­ngen greift, wirkt Bercow, 55, wie berauscht vom Klang seiner eigenen Stimme.

In seiner fast zehnjährig­en Amtszeit hat der 1997 als Konservati­ver ins Parlament gekommene Politiker aber auch ein überfällig­es Reformprog­ramm angestoßen. Minister müssen sich viel häufiger als früher für ihre Entscheidu­ngen im Parlament rechtferti­gen.

Bercows Neutralitä­t hat geschadet, dass er Studenten sein Votum im Referendum für den EU-Verbleib preisgab. Zudem prangt an einem Auto des mit einer Labour-Aktivistin verheirate­ten Familienva­ters ein Sticker mit dem Slogan „Brexit ist Schwachsin­n“(Bollocks to Brexit). Bei dem Fahrzeug, sagte der bekennende Feminist einem wütenden Konservati­ven, handele es sich „um das Auto meiner Frau. Und er wird doch nicht behaupten wollen, die Frau sei lediglich Anhängsel des Mannes?“(sbo/sz)

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FOTO: DPA Bunte Krawatte, markante Stimme. Der Sprecher des House of Commons, John Bercow, bei der Brexit-Debatte.

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