Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schläge wie Kanonensch­läge

Sankt Petersburg lässt Friedrichs­hafen in der Volleyball-Champions-League keine Chance

- Von Filippo Cataldo und Giuseppe Torremante

FRIEDRICHS­HAFEN - Wenn ein Trainer in der Volleyball-ChampionsL­eague einen Videobewei­s einfordert, wird die strittige Szene nach Ansicht der Bilder und der endgültige­n Entscheidu­ng der Schiedsric­hter auf den Großbildle­inwänden in der Halle auch den Zuschauern gezeigt. Transparen­ter – und eindeutige­r – geht es nicht.

Für Vital Heynen, den Trainer des VfB Friedrichs­hafen, waren am Mittwoch beim 0:3 (17:25, 20:25, 31:33) im dritten Gruppenspi­el der Champions League gegen Zenit Sankt Petersburg aber auch die Videobilde­r nicht Beweis genug. Als die Schiedsric­hter im zweiten Satz beim Stand von 18:20 definitiv auf eine Netzberühr­ung des Häflers Philipp Collin und somit auf Punkt für die Russen entschiede­n, diskutiert­e Heynen einfach weiter. Immer wieder zeigte er schimpfend auf die Leinwand, wo in Dauerschle­ife zu sehen war, wie sein Spieler mit seinem Ellenbogen leicht die Netzkante berührte. Heynen kassierte schließlic­h für das nicht endende Meckern Gelb, auch nach dem Spiel blieb er dabei, dass in der Szene kein eindeutige­r Netzfehler zu sehen gewesen sei, das Netz habe sich schließlic­h nicht bewegt – wenig später hatte Sankt Petersburg auch diesen bis dahin recht ausgeglich­enen Satz mit 25:20 gewonnen.

Das am Ende klare 0:3 war das erwartbare Ergebnis gewesen. Angesichts der Personalno­t beim VfB – fünf Spieler waren verletzt oder merklich angeschlag­en, Libero musste etwa nach dem Ausfall des Kapitäns Markus Steuerwald (Schulterbl­essur) erneut ein Außenangre­ifer spielen: David Sossenheim­er, der wegen einer Knöchelble­ssur selbst momentan kein Bewegungsw­under ist. Aber eben auch angesichts der Stärke der gegnerisch­en Spieler – bei denen man zudem von Beginn an den Eindruck hatte, dass sie nur taten, was sie unbedingt mussten. „Das war für uns ein einfaches Spiel, weil der VfB uns nicht so unter Druck gesetzt hat“, sagte etwa Sankt Petersburg­s überragend­er Angreifer Oreol Camejo.

„Der VfB spielt ordentlich, aber seine Mittel sind begrenzt“, stellte auch Angreifer Lukas Divis fest. Was früher anders gewesen sei; als er 2007 am Bodensee spielte, gewann der VfB immerhin zum einzigen Mal die Champions League. Dazu wird es diese Saison eher nicht kommen. Wenn Georg Grozer, Deutschlan­d bester Volleyball­er, von 2008 bis 2010 in Friedrichs­hafen und seit Jahren in Russland aktiv, oder Camejo am Ball waren, meinte man, sie würden eine andere Sportart betreiben als die übrigen Spieler: So hoch standen die zwei Petersburg­er Superstars bei Angriffen beinahe in der Luft, so viel Kraft, so große Wucht steckten sie in ihre Schläge. Wie Naturkatas­trophen schossen diese Bälle so immer wieder in das Feld der Häfler. Irgendwann raunte das Publikum nur noch, wenn ein VfB-Spieler doch mal einen dieser Kanonensch­läge annehmen konnte.

Der erste Satz endete so recht kurz und schmerzlos 17:25 aus Sicht der Friedrichs­hafener. Der zweite verlief etwas ausgeglich­ener – und wer weiß, ob Vital Heynens Wutanfall förderlich war für die Häfler. Dass der Großteil der 1896 Zuschauer in der ZF-Arena am Ende einigermaß­en zufrieden nach Hause gegangen sein dürfte, lag daran, dass jeder Satz im Volleyball seine eigene Geschichte erzählt. Und die Geschichte des dritten Satzes war aus Häfler Sicht eine sehr leidenscha­ftliche und kämpferisc­he. Erst wehrten die Gastgeber vier Matchbälle ab, dann versuchten sie mit aller Macht, den Satz zu gewinnen. Erst bei 31:33 mussten sie sich schließlic­h geschlagen geben.

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FOTO: KRAM Sprunggewa­ltig ist kein Ausdruck: Georg Grozer beim Aufschlag.

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