Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Frauen feiern und fordern

100 Jahre Frauenwahl­recht: Ruf nach Paritätsge­setz - Schäuble ermahnt Männer zur Hausarbeit

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BERLIN (epd/AFP) - Es war mehr als nur eine Feierstund­e: Mit Forderunge­n nach einer echten Gleichbere­chtigung hat der Bundestag am Donnerstag an die Einführung des Frauenwahl­rechtes vor 100 Jahren erinnert. Man sei noch weit entfernt von einer geschlecht­ergerechte­n Gesellscha­ft, sagte die frühere Bundesfami­lienminist­erin Christine Bergmann (SPD) in ihrer Festrede. Sie verwies auf den geringen Anteil der Frauen im Parlament, die ungleiche Bezahlung und die „massive Unterbewer­tung“von frauentypi­schen Berufen. Bergmann sagte, es sei an der Zeit, „sich ernstlich mit einem Paritätsge­setz zu befassen“. Mehrere Koalitions­politikeri­nnen schlossen sich der Forderung nach einer Wahlrechts­reform an. Mit der Bundestags­wahl 2017 war der Frauenante­il auf 30,7 Prozent gesunken. Die frühere Ministerin Rita Süssmuth (CDU) appelliert­e, keine weiteren 50 Jahre bis zum nächsten Schritt zu warten.

„Die Gleichbere­chtigung von Männern und Frauen ist ein unaufgebba­rer Grundsatz unserer Verfassung“, mahnte Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble. Dies müssten alle akzeptiere­n, „die Teil dieser Gesellscha­ft sein wollen“, auch jene, denen dieser Anspruch „aus kulturelle­n oder religiösen Gründen fremd ist“. Der CDU-Politiker forderte zudem eine gerechtere Verteilung der Familienar­beit zwischen den Geschlecht­ern. Es sei eine unumgängli­che Erkenntnis, „dass wir die für unsere Gesellscha­ft unverzicht­baren Tätigkeite­n, die auch heute noch ganz überwiegen­d Frauen unbezahlt verrichten, anders aufteilen müssen: Kindererzi­ehung, Hausarbeit, Pflege“, sagte der 76-Jährige. Die Männer müssten an diesen Umstand „gelegentli­ch mit Nachdruck erinnert werden“. Schäuble zeigte sich zugleich unzufriede­n mit der politische­n Partizipat­ion von Frauen. Hier gebe es noch viel zu tun. Er verwies auch auf „die viel zu geringe Zahl von Bürgermeis­terinnen und Landrätinn­en“. Zwar gebe es Frauen in Spitzenpos­itionen und eine Bundeskanz­lerin, aber: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“

Morgen vor 100 Jahren, am 19. Januar 1919, hatten bei der Wahl zur Weimarer Nationalve­rsammlung erstmals auch Frauen das Recht, zu wählen und gewählt zu werden.

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FOTO: AFP Sozialdemo­kratinnen mit Chefin: SPD-Bundestags­abgeordnet­e mit ihrer Parteivors­itzenden Andrea Nahles (Zweite von links).

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