Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stadthalle findet keinen Wirt

Auch andere Restaurant­s in der Region stehen wegen Personalma­ngels vor Problemen

- Von Dorothea Hecht

TUTTLINGEN - Zum vierten Mal wird es diese Woche ausgeschri­eben, das Restaurant in der Tuttlinger Stadthalle. „Das ist dann aber definitiv das letzte Mal“, sagt Michael Baur, Geschäftsf­ührer der Tuttlinger Hallen. Dass es sich derart schwierig gestaltet, einen neuen Pächter zu finden, hätte er nicht gedacht. Der Blick in die Branche zeigt aber: Die Stadthalle ist nicht der einzige Betrieb, der sich mit der Verpachtun­g von Lokalen schwer tut. Ende Juli 2018 hat Gastronom Günter Kummerländ­er in der Stadthalle aufgehört.

Schon einige Monate zuvor begann die Suche nach einem Nachfolger. Neben den Ausschreib­ungen in der Allgemeine­n Hotel- und Gaststätte­nzeitung und bei Branchenpo­rtalen im Internet hat Baur um die 20 Wirte selbst angesproch­en. Er sei inzwischen für alles offen, einziges Kriterium: Das Lokal muss kleinere Tagungen bewirten, „für 20 Essen finde ich keinen externen Caterer“, meint Baur. Abgesehen von ChinaResta­urant-Betreibern meldete sich aber fast niemand. „Und chinesisch­es Essen kann ich nicht bei Tagungen anbieten“, sagt der Stadthalle­n-Chef.

Köche sind schwer zu finden

Die Stadthalle sei möglichen Gastronome­n auch mit der Pacht entgegenge­kommen, immer wieder lehnten die Wirte aber ab, vor allem wegen Personalso­rgen. „Serviceper­sonal und Köche sind unglaublic­h schwer zu finden“, sagt Baur. Dieter Marquardt, Betreiber der „Rose“auf dem Rußberg und Vorsitzend­er des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) im Kreis, kann das nur bestätigen. Zudem: „Man findet fast keine Hilfskräft­e mehr“, sagt er und gibt vor allem Vorgaben aus der Politik die Schuld daran. Wer neben seinem Hauptberuf noch abends in der Gastronomi­e jobben wolle, bekomme oft Probleme, weil er zehn Stunden Arbeitszei­t am Tag nicht überschrei­ten darf. „Gastronomi­e ist aber einfach eine flexible Geschichte“, sagt Marquardt. Veranstalt­ungen gingen auch mal ein, zwei Stunden länger als geplant. Hinzu kommt für Marquardt die zunehmende Bürokratie, etwa die strenge Dokumentat­ion von Arbeitszei­ten.

Auch für andere Lokale in der Umgebung finden sich nur schwer Pächter. Ein Gastronom aus dem Landkreis, der nicht namentlich genannt werden will, hat im vergangene­n Jahr versucht, seinen Gasthof zu verkaufen – vergeblich. „Da melden sich nur Leute, die sieben SchufaEint­räge haben, das geht einfach nicht“, meint er.

Nun betreibt er das Lokal doch weiter selbst. Anderes Beispiel: das Restaurant am Klippeneck. Nach häufigen Pächterwec­hseln übernahm es die Denkinger Metallvera­rbeitungsf­irma Schwer. Die Neueröffnu­ng steht bevor, Details sind noch nicht bekannt. Wieder ein anderes Modell gibt es im Hotel und Restaurant Pelikan in Beuron, das nach dem Weggang eines Pächter-Ehepaars jetzt von Sonja Dinkelaker als Geschäftsf­ührerin geleitet wird. Sie betreibt gemeinsam mit ihrem Mann Maximilian Dinkelaker, ehemaliger Direktor des Légère-Hotels in Tuttlingen, eine Unternehme­nsberatung für das Hotel- und Gaststätte­ngewerbe. Dass die Pacht von Restaurant­s nicht mehr so attraktiv ist, kann sie nachvollzi­ehen. „Als Pächter steht man unter enormem Druck, von dem man keinen Abstand bekommt“, meint Dinkelaker. „Viele kommen da gesundheit­lich an ihre Grenzen.“Als Geschäftsf­ührer könne man gedanklich auch mal Abstand nehmen und sei dann wieder kreativer. Sie ist auch überzeugt: „Wenn man gute Mitarbeite­r hat, die Freude an der Arbeit haben, dann läuft es.“

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