Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
International ein Leichtgewicht
Friedrichshafens Volleyballer haben mehr als ihre Grenzen aufgezeigt bekommen
FRIEDRICHSHAFEN - Auch wenn die Volleyballer des VfB Friedrichshafen durch ausuferndes Videostudium wussten, wie die Gäste aus Sankt Petersburg gegen sie in der Champions League vermutlich spielen würden, hat es ihnen nichts genutzt. Am dritten Spieltag zeigte das russische Team den Häflern am Mittwoch beim 0:3 (17:25, 20:25, 31:33) die Grenzen auf. Nach der zweiten verdienten 0:3-Niederlage hintereinander – im Dezember in Chaumont zeigte der VfB seine wohl schlechteste Saisonleitung – sind die Play-offs in der Königsklasse in weite Ferne gerückt.
„Die heutige Mannschaft des VfB Friedrichshafen ist nicht so stark, wie die damalige, als ich noch Teil von ihr war. Die Qualität hat deutlich abgenommen“, sagte Zenits Außenangreifer Lukas Divis, der 2007 mit dem VfB Friedrichshafen die Champions League gewann, hinterher. Was nur für den arrogant klingen kann, der das Spiel nicht gesehen hat. Der sprunggewaltige Kubaner Oreol Camejo brachte es auf den Punkt: „Uns haben hier 50 bis 60 Prozent unseres Leistungsvermögen genügt, um klar zu gewinnen. Es war für uns einfacher, als vorher gedacht“, sagte der Außenangreifer. Ein gutes Pferd springt eben nur so hoch, wie es muss.
Und was meinte VfB-Trainer Vital Heynen zu den Aussagen von Divis und Camejo? „Ich kann nicht widersprechen. Sankt Petersburg hat einen hohen Etat und erstklassige Spieler. Wir hatten nie eine richtige Chance, obwohl meine Mannschaft alles gegeben hat.“Der VfB, letzte Saison nur knapp am Einzug ins Final Four der Königsklasse gescheitert und in der Gruppenphase mit 17 Punkten einen Rekord für deutsche Mannschaften aufgestellt, scheint international nur noch ein Leichtgewicht. Kein Wunder, dass Heynen längst die nationalen Titel zur Priorität erklärt hat.
Aufholjagd versöhnt die Fans
Als die Gäste am Mittwoch nach zwei gewonnenen Sätzen in Durchgang drei bereits mit 10:4 und 11:7 führten, ließen sie etwas nach. Das VfB-Team nutzte seine Chance und verhinderte so die Blamage. Die Häfler glichen später zum 19:19 aus. St. Petersburg zog zwar auf 24:20 davon, doch dann folgte eine unglaubliche Aufholjagd des VfB. Zwei Punkte des starken Angreifers Michal Petras, ein Ausball von Evgeny Sivozhelez und plötzlich stand es 23:24. In der ZFArena wurde es sehr laut. Als dann VfB-Mittelblocker Jakob Günthör den deutschen Nationalspieler und erfolgreichsten russischen Punktesammler Georg Grozer (23 Punkte) zum 24:24 blockte, kannte die Freude bei den Fans keine Grenzen mehr.
Ganz nach dem Geschmack der Zuschauer ging es nun hin und her. Die entscheidenden Bälle verwerteten aber die Gäste. Nach einem Aufschlag von Camejo blockte Georg Grozer VfB-Spieler Petras zum 32:31. Außenangreifer Sivozhelez nutzte den achten Matchball für die Gäste.
Die Fans konnten somit einigermaßen beglückt nach Hause gehen. Hinterher stellte sich die Frage, ob eine Häfler Mannschaft mit 13 gesunden Spielern eine Chance gegen St. Petersburg gehabt hätte? „Wenn ich ganz ehrlich bin, eher nein. Wir hätten vielleicht einen Satz gewonnen, aber die Angreifer auf der anderen Seite haben den Unterschied gemacht“, betonte Heynen.
Play-offs fast unerreichbar
In der Tat: Grozer und Camejo hauten den Häflern die Bälle nur so um die Ohren. Aber nicht nur sie überragten: Bis auf Mittelblocker Sergej Cherviakov schlugen alle Petersburger hart und präzise auf. Unglaublich waren auch die Bälle von Mittelblocker Alexander Volkov. Er sprang kaum 20 Zentimeter hoch und schmetterte den Ball mit einer solchen Wucht und Präzision über das Netz, dass die Häfler Annahme immer große Probleme hatte.
Was bleibt als Fazit nach knapp 90 Minuten? Nach drei Spieltagen mit nur einem Sieg und zwei klaren Niederlagen sind die Play-offs für den VfB Friedrichshafen fast schon unerreichbar. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.