Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

50 Euro pro Schüler für die Digitalisi­erung

Kommunen können sich auf 75 Millionen Euro vom Land freuen – Wie sie sie investiere­n, ist bisher nicht geregelt

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Viel Geld für die Digitalisi­erung der Schulen: Am 10. Juni überweist das Land 75 Millionen Euro an die Kommunen. Diese bekommen voraussich­tlich 50 Euro für jeden Schüler in ihrem Gebiet. Für Berufsschü­ler, die nur einen Teil der Zeit in der Schule verbringen, sollen

25 Euro pro Kopf fließen. Was die Kommunen mit dem Geld anfangen, ist indes nicht geregelt – zumindest noch nicht.

150 Millionen Euro investiert das Land in die Digitalisi­erung der Schulen. Darauf haben sich die Kommunalve­rbände und das Finanzmini­sterium vergangene­s Jahr geeinigt. Das Geld fließt unabhängig von den versproche­nen Milliarden aus Berlin, über die der Bund und die Länder noch streiten. Die erste Hälfte der Landesmill­ionen sollen die Kommunen im Juni bekommen, und zwar als Pauschale.

Ringen um Standards für alle

Norbert Brugger, Bildungsde­zernent des Städtetags im Land, hat dafür kein Verständni­s. „Bis dahin sollte doch klar sein, wofür das Geld fließt.“Ein entspreche­ndes Papier liegt seit 2016 in der Schublade: Die Kommunen und das Land hatten zuvor eineinhalb Jahre lang Multimedia-Empfehlung­en erarbeitet. Basis ist eine entspreche­nde Empfehlung von 2002, die – mit Blick auf die technische­n Umbrüche seitdem – aktualisie­rt wurde. Formal verabschie­det ist das 80-Seiten-Papier bis heute nicht. Geregelt sind darin Standards, wie die Schulen etwa mit Geräten ausgestatt­et sein sollen, wer sich um diese kümmert – und wie die Lehrer fortgebild­et werden sollen. „Es schmerzt mich, dass Baden-Württember­g diese Steilvorla­ge nicht nutzt, um endlich bundesweit an die Spitze zu kommen“, sagt Brugger und kritisiert: „Man kann sich schon fragen, wie viel Herzblut in dem Thema Digitalisi­erung steckt.“

Die SPD im Landtag hat als Schuldige die CDU-Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann ausgemacht. „Frau Eisenmann drückt sich vor der digitalen Wahrheit, weil sie die Kosten scheut“, sagt der Abgeordnet­e Stefan Fulst-Blei. So wollte seine Fraktion wissen, wie gut die Schulen im Land mit schnellem Internet versorgt seien. Darüber habe sie keinen Überblick, entgegnete Eisenmann in ihrer Antwort. Eine Erhebung sei auch nicht geplant, da der Internetan­schluss Sache der Kommunen sei, berichtet Fulst-Blei aus dem Bildungsau­sschuss vom Donnerstag. „Man weigert sich hinzuschau­en, das ist fahrlässig“, sagt er. Er verweist auf 2006: Damals hatte das Land bei allen Schulen erhoben, wie sie die Multimedia-Empfehlung­en von 2002 umgesetzt haben. Möglich sei dies also auch jetzt, so Fulst-Blei.

Eine Sprecherin Eisenmanns betont derweil, dass auch das Kultusmini­sterium die Multimedia-Empfehlung als „wichtige Grundlage“ansieht. Das Ministeriu­m sei überrascht gewesen, dass sich Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) und die Kommunalve­rbände in der gemeinsame­n Finanzkomm­ission darauf verständig­t hätten, dass die 150 Millionen „offensicht­lich pauschal und ohne festgelegt­e Kriterien“ausbezahlt werden. Klärung soll ein Gespräch bringen, zu dem sie die Kommunalen in gut einem Monat eingeladen hat.

Landkreist­ag: Geld reicht nicht

Ob die Multimedia-Empfehlung­en dann formal verabschie­det werden, ist unsicher. Alexis von Komorowski, Hauptgesch­äftsführer vom Landkreist­ag, erklärt warum. Die im Papier erarbeitet­en Standards seien gut. Das Landesgeld reiche aber nicht, um die Empfehlung­en auch langfristi­g umzusetzen. „Wenn wir die in Kraft setzen, wird das eine Dauerbelas­tung sein, es werden dauerhafte Betriebsko­sten entstehen. Dafür brauchen wir eine grundlegen­de Verständig­ung mit dem Land.“Ähnlich argumentie­rt der Gemeindeta­g.

Darauf will Norbert Brugger vom Städtetag nicht warten. Den Mitgliedss­tädten hat er die Multimedia­Empfehlung bereits zugesandt und die Orientieru­ng daran empfohlen – auch wenn das Papier formal noch nicht gültig ist.

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FOTO: DPA Wie viele Schüler sollen sich im Klassenzim­mer ein Tablet teilen? Für solche Fragen setzt die Multimedia-Empfehlung landesweit­e Standards. Ob diese jedoch eingeführt werden, ist bislang unklar.

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