Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sicherheit im Skigebiet: Braucht es eine Pistenpoli­zei?

- ●» c.kling@schwaebisc­he.de ●» s.haefele@schwaebisc­he.de

Das war knapp. Die Pistensau, in diesem Fall eher ein Pistenferk­el, schießt um wenige Zentimeter an den Skispitzen vorbei. Kein Blick, nirgendwoh­in. Helm auf, los, komme, wer wolle: Das scheint seit einigen Jahren der neue Pistenkode­x zu sein. Wer noch die FIS-Regeln (darin geht es um Rücksicht) kennt, fühlt sich wie ein Dinosaurie­r im Schnee – völlig deplatzier­t. Von wegen Ski Heil! Es ist schon seltsam: In einem Land, in dem nahezu alles kontrollie­rt wird, herrscht auf den Pisten Anarchie. Beschwipst den Hang hinunter – interessie­rt doch keinen, solange nichts passiert. Dutzende andere Skifahrer ausgebrems­t – selbst Schuld, waren halt zu langsam. Mit Karacho die gesperrte Anfahrt runter – da fängt der Spaß doch erst an! Wenn es ums Fahren und die Geschwindi­gkeit geht, da kennt der Deutsche keine Obrigkeit. Da fühlt er sich frei, so will er sein. Den Preis dieser Freiheit zahlen leider andere Skifahrer und Bergretter. Weshalb also nicht nachmachen, was Österreich­er und Italiener vormachen: Skipisten mit flotten Ordnungshü­tern sicherer zu machen. Es geht ja nicht darum, jeden übermütige­n Skihasen gleich in Handschell­en (und Fußfesseln) abzuführen. Aber wenn es dank Alpinpoliz­ei wieder mehr Rücksicht auf deutschen Pisten gäbe, wäre dies ein Gewinn – auf weniger Hals- und Beinbruch!

Man stelle sich nur mal vor: Skier werden zu Verkehrsmi­tteln erklärt, an der Kreuzung zweier Pisten steht der Polizist und regelt mit der Kelle den Verkehr, an Schussabfa­hrten werden Radarfalle­n aufgestell­t, fürs Abbiegen ohne Handzeiche­n gibt’s ein Knöllchen, genauso fürs Drängeln am

Lift. Und neben der Berghütte steht dein Freund und Helfer mit dem Alkoholtes­t. Wollen wir das wirklich? Reicht es denn nicht aus, dass bereits auf bundesdeut­schen Straßen alles bis ins Detail reglementi­ert ist? Muss das jetzt auch in jedem Skigebiet so sein?

Dieser Text soll als Appell an den gesunden Menschenve­rstand gelesen werden. Denn natürlich löst es auch bei mir Kopfschütt­eln aus, wenn ich derzeit von Skifahrern lese, die in gesperrtem Gebiet unter einer Lawine begraben wurden. Doch ob Pistenpoli­zisten solche selbstvers­chuldeten Tragödien wirklich verhindern könnten, bezweifle ich. Wer Absperrung­en ignoriert, auf der Hütte einen Willi nach dem anderen kippt und als Rowdy auf zwei Brettern unterwegs ist, lässt sich nicht von Uniformier­ten von seinem Tun abhalten. Siehe Straßenver­kehr. Dass der größte Teil der Winterspor­tler sowieso vernünftig ist, beweist ihr Outfit: Auch ohne entspreche­ndes Gesetz sind gefühlt 99 Prozent aller Skifahrer und Snowboarde­r mit Helm unterwegs.

Mehr Rücksicht, weniger Hals- und Beinbruch!

Von Claudia Kling

Appell an den gesunden Menschenve­rstand. Von Simone Haefele

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