Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Reden macht die seelischen Wunden erträglicher“
Friska Viljor verarbeiten auf ihrem neuen Album „Broken“das Ende einer Liebe
Friska Viljor lagen zwei Jahre lang auf Eis. Jetzt sendet die schwedische Indierockband mit „Broken“(Crying Bob Records) ein neues musikalisches Lebenszeichen in den Äther. Daniel Drescher hat mit Sänger und Gitarrist Joakim Sveningsson über das bislang schwierigste Album der Band gesprochen.
Auf eurem neuen Album verarbeitest du die Trennung von deiner Partnerin. Wie fallen die Reaktionen von Fans aus?
Bereits als wir Songs von „Broken“vor der Veröffentlichung live gespielt haben, haben Fans uns unterstützt, auch wenn sie das Thema möglicherweise nicht von uns erwartet haben. Als ich in den Ansagen die Trennung thematisiert habe, riefen uns Menschen aus dem Publikum mutmachende Worte zu. Bisher gab es nur positive Rückmeldungen.
Es war sicher nicht einfach, dieses Album aufzunehmen, oder?
Die Aufnahmen an sich waren nicht das Problem. Die Songs zu schreiben war nicht leicht. Als ich mit meiner Freundin Schluss gemacht habe, wollte ich erst mal komplett mit der Musik aufhören. Ich sagte zu Daniel (Johansson, Sänger und Gitarrist, Anm. d. Red), dass ich micht mehr mit Friska Viljor spielen möchte. Ich wollte, dass einfach alles endet. Daniel schlug vor, wir könnten pausieren und sehen, was geschieht. Ich habe mich darauf eingelassen, war mir aber sicher, dass ich nicht mehr spielen will. In diesen zwei Jahren danach schrieb ich die Songs, ohne zu wissen, ob sie nun für unsere Band sind oder nicht. Auch beim Aufnehmen gab es dann durchaus Momente, die nicht so einfach waren. Es ist immer noch schwierig, die Songs zu singen, vor allem vor vielen Menschen, wo jedes Gefühl sich vervielfacht und zurückgespiegelt wird.
Wie lang wart ihr zusammen? Wart ihr verheiratet?
Nein, verheiratet nicht, aber wir waren fünf Jahre zusammen und haben zwei gemeinsame Kinder, Ronnie und Rufus. Nach ihnen ist auch ein Song auf dem Album benannt.
Seid das ihr beide, die man auf dem Albumcover sieht?
Ja, ich habe viel mit meiner ExFreundin darüber gesprochen, und es ist in Ordnung für sie. Sie rief mich am Tag nach der Veröffentlichung des Albums an und sagte, sie habe den ganzen Tag geweint, sei aber stolz auf das Album. Wir sind keine Feinde, sondern immer noch gute Freunde.
Warum hast du dich dazu entschieden, mit diesen intimen Songs an die breite Öffentlichkeit zu gehen?
Es ist wie eine Katharsis. Daniel fragte mich nach zwei Jahren Pause, ob wir wieder Musik machen wollen. Da hatte ich das Gefühl, dass es wieder bergauf geht. Daniel brachte mich dann auf die Idee, mit den Songs, die in dieser Zeit entstanden sind, ein Album zu füllen. Ich habe auch schon vorher kein Problem damit gehabt, persönliche Dinge in Songs zu verarbeiten. Diesmal war es eben noch ein Stück persönlicher. Jeder kennt solche traurigen Momente im Leben und es ist immer besser, wenn man mit jemandem darüber reden kann. Es macht die seelischen Wunden erträglicher, wenn man den Schmerz mit jemandem teilt. Ich habe Tausende, mit denen ich diesen Schmerz teilen kann. Es ist gut für mich, und wer weiß, vielleicht fühlt sich jemand, der das Album hört, besser, weil er Ähnliches erlebt.
Wie sind die Songs entstanden, hast du dir bewusst Zeit genommen oder fängst Du Kreativität lieber ein, wenn du Ideen hast?
Ich mache keine Sessions fürs Songwriting. Ich nehme viel mit dem Smartphone auf, wenn es mir einfällt, oder ich nehme am Computer auf. Das meiste ist spontan, wenn mir eine Textzeile einfällt etwa. Zuerst entstehen Songzeilen, dann die Idee, worum sich der Song dreht, dann erst kommt die Musik.
Ein anderes Thema: Die Indie-Szene erlebte vor zehn Jahren einen Boom. Wie beurteilst du den Zustand der Szene heute?
Musikalisch ist die Szene besser als je zuvor, es gibt so viele gute Bands. Viele Musiker haben sich elektronischeren Sounds zugewandt und mixen das mit Gitarren. Aber es ist schwieriger geworden, eigentlich für jeden, der nicht zu den ganz großen Popgrößen zählt. Aber so ist das Leben. Wenn man Musik machen will, darf einen die Perspektive nicht abschrecken, auch wenn es brotlose Kunst ist und man sich dafür verkämpfen muss. Es wird sicher nicht einfacher.
Wieso ist das so?
Die Zeiten ändern sich, das war immer so. Es gibt wenige Musikrichtungen, die den Lauf der Zeit überlebt haben. Es gibt sicher wieder ein Indie-Revival, in zehn Jahren vielleicht. Die Kids wollen sich diese Musik derzeit eben nicht im gleichen Maß anhören wie vor zehn Jahren. Und die entscheiden letztendlich darüber, was angesagt ist.
Live:
22.1. A-Dornbirn, Conrad Sohm; 24.1. CH-Winterthur, Salzhaus; 25.1. München, Theaterfabrik.
Infos unter www.friskaviljor.net.