Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Leitartike­l Mit Maut droht Minusgesch­äft

- Von Ulrich Mendelin ● u. mendelin@ schwaebisc­he. de

Mit seiner jüngsten Einlassung hat Alexander Dobrindt noch einmal in Erinnerung gerufen, warum man dankbar sein muss für seinen Abgang aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium. Kaum war das Gutachten des EU-Generalanw­alts bekannt geworden, twitterte der heutige CSU-Landesgrup­penchef, die „Maut-Maulerei“der Österreich­er müsse jetzt endlich ein Ende haben. Seit mehr als zwei Jahren nutzt Dobrindt diese Wortschöpf­ung inzwischen, und sie hat in dieser Zeit nichts von ihrer Infantilit­ät verloren.

Dobrindts Parteifreu­nd und Amtsnachfo­lger im Verkehrsmi­nisterium, Andreas Scheuer, mag jetzt gute Aussichten haben, bei der Umsetzung der Maut nicht am Europarech­t zu scheitern. Das sagt aber nichts darüber aus, wie sinnvoll das ganze Unterfange­n ist. Scheuer rechnet mit Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro im Jahr für die deutsche Infrastruk­tur. Zum Vergleich: Allein der geplante Neubau der A 8 am Albabstieg kostet mehr als 600 Millionen Euro. Dabei könnten sich die Maut-Prognosen des Verkehrsmi­nisters noch als Luftbuchun­g erweisen. Das liegt nicht nur am enormen Verwaltung­saufwand. Hinzu kommt, dass Autos mit der umweltfreu­ndlichen Abgasnorm Euro 6 weniger Maut zahlen müssen – eine der Zusagen, mit der die Bundesregi­erung sich die Zustimmung der EU-Kommission erkauft hat. Allerdings wird die Zahl der Fahrzeuge mit niedrigen Abgaswerte­n nach und nach steigen. Deswegen könnte die Maut mittelfris­tig sogar zum Minusgesch­äft werden.

Österreich­s Verkehrsmi­nister Norbert Hofer von der rechten FPÖ will nun prüfen, ob sich das Prinzip der europarech­tskonforme­n Ungleichbe­handlung von Ausländern auch andersheru­m anwenden lässt. Nicht nur bei der Maut, sondern, nur so zum Beispiel, auch bei ausländisc­hen Studierend­en – was vor allem Deutsche treffen würde, und das ist sicher kein Zufall. Merke: So populistis­ch das CSU-Steckenpfe­rd Ausländer-Maut auch sein mag, in Sachen Populismus steckt die FPÖ die deutschen Christsozi­alen locker in die Tasche.

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