Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Unter Niveau
„Holmes & Watson“ist die gefühlt 1000. Adaption der Detektivgeschichte
Ein kleines „h“an der falschen Stelle kann einen großen Unterschied machen. Denn Etan Cohen sollte man keinesfalls mit Ethan Coen verwechseln. Letzterer ist eine Hälfte der Oscar-prämierten Coen Brothers und für vielschichtigschräge Filme wie „The Big Lebowski“verantwortlich. Etan ohne „h“hat sich dagegen als Drehbuchschreiber insbesondere von der Kriegsfilm-Satire „Tropic Thunder“durchaus Verdienste erworben, kann als Regisseur bislang aber nur die derb-flache Produktion „Der Knastcoach“vorweisen. Und mit seinem Beitrag zum kaum überschaubaren Feld der Sherlock-Holmes-Adaptionen unterbietet er deren Niveau noch einmal deutlich.
Kalauernde Knallchargen
Wie im „Knastcoach“übernimmt Will Ferrell die Hauptrolle – ein Komiker, der zwar sehr lustig sein kann, den Begriff „Qualitätskontrolle“aber wohl erst im Wörterbuch suchen müsste. An seiner Seite agiert John C. Reilly als Dr. Watson. Der für seine Nebenrolle in „Chicago“nominierte Schauspieler fühlt sich zwar auch im ernsteren Fach zu Hause, im Gespann mit Ferrell lebte er in „Stiefbrüder“und „Rick Robby – König der Rennfahrer“bislang aber vor allem seine alberne Seite aus.
Auch als Ermittlergsespann sind sich die beiden in der zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelten Geschichte für keinen Kalauer oder geschmacklosen Gag zu schade. Gelegentlich können einem die versuchte Persiflage des Genres oder die Holz- hammer-Anspielungen auf unsere heutige Zeit zwar ein Schmunzeln entlocken. In der Summe wirkt die Geschichte aber zu zerfahren, die schauspielerische Leistung geht Richtung Knallchargen-Niveau und viele Gags laufen ins Leere. Lose Rahmenhandlung sind die Ermittlungen von Holmes, mit denen dieser ein Attentat auf die Queen (Pam Ferris) verhindern und seinen Erzfeind Moriarty hinter Gittern bringen will. Der wird von keinem geringeren als Ralph Fiennes gespielt und auch die anderen Nebenrollen sind überraschend prominent besetzt – Rebecca Hall („Vicky Cristina Barcelona“) spielt etwa eine amerikanische Ärztin, Kelly Macdonald („Trainspotting“) die Haushälterin und auch Hugh Laurie haben einen Gastauftritt.
Viel retten können diese renommierten Kollegen aber leider auch nicht. Bezeichnenderweise wurde der Filmstart zunächst verschoben, und die Produktionsfirma Sony soll nach verheerenden Test-Vorführun- gen versucht haben, das Machwerk statt einer Kinoveröffentlichung an Netflix zu verscherbeln. Dort lehnte man allerdings dankend ab – „Qualitätskontrolle“scheint für den Streamingdienst offenbar kein völliges Fremdwort zu sein.