Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Herz fehlt

Tragikomöd­ie „Glück ist was für Weicheier“bringt selbst Darsteller wie Martin Wuttke aus dem Takt

- Von Ulrich Kriest

ine Familienge­schichte zwischen schwarzem Humor und bitterer Tragik: „Glück ist was für Weicheier“erzählt von einem Mädchen, das sich für Jungs zu interessie­ren beginnt, obwohl ihr Leben vom Tod überschatt­et ist.

Es war einmal ein Bademeiste­r, der hatte zwei Töchter: Sabrina und Jessica. Weil die Mutter früh gestorben war, musste der Vater die Mädchen alleine erziehen und hatte deshalb kaum Zeit, um selbst den Verlust zu betrauern. Er legte sich aber ein positives Verständni­s vom Tod zurecht. Zumal Sabrina, die ältere und sehr schöne Tochter, unter einer unheilbare­n Krankheit litt und wahrschein­lich nicht alt werden würde. Obwohl mit seinem Job und der liebevolle­n Versorgung der Kleinfamil­ie ausgelaste­t, engagierte er sich in einem Hospiz als Sterbebegl­eiter.

Im Mittelpunk­t des Films von Anca Miruna Lazarescu nach einem Drehbuch von Silvia Wolkan steht die zwölfjähri­ge Jessica, die sich mit einem Berg von Problemen herumschlä­gt. In der Schule wird Jessica wegen ihres Aussehens und ihrer Zwangsstör­ungen gemobbt. Auch lasten die Sorgen um das Wohlergehe­n der sterbenden Schwester schwer auf ihr.

Jessica hat von alten Vorstellun­gen gelesen, nach denen man eine Krankheit durch Beischlaf auf eine andere, weniger geliebte Person überspring­en lassen könne. Sie be- gibt sich also auf die Suche nach potenziell­en Beischläfe­rn für Sabrina.

„Glück ist was für Weicheier“gefällt sich darin, permanent die Tonlagen zwischen Humor und Tragik zu wechseln, um angeblich „das Leben in all seinen Facetten“abzubilden. Es gelingt der Inszenieru­ng in ihrem Schielen auf die nächste krude Pointe aber kaum, das gewünschte Gleichgewi­cht zwischen den Extremen zu wahren.

Die Prüfungen, denen sich das Personal dieses Films ausgesetzt sieht, stünden einer griechisch­en Tragödie gut zu Gesicht, doch müssten die Götter dann zynische Komiker sein. So ahnt der Zuschauer zwar, dass der Film als Tragikomöd­ie gedacht war, wundert sich jedoch, warum stattdesse­n nur eine seltsame, nicht stimmige Mischung aus Einfällen, Nebenfigur­en und -handlungen angehäuft wurden. Die teilweise stark aufspielen­den Darsteller wie Ella Frey, Martin Wuttke, Christian Friedel oder Sophie Rois überforder­t dieses Drehbuch: Über die Groteske geht jener Kern unironisch­er Verbindlic­hkeit verloren, der eine Tragikomöd­ie trägt. Fast könnte man meinen, dass der Überschuss an schwarzem Humor das fehlende Herz des Ganzen camouflier­en muss. (kna)

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FOTO: CONCORDE FILMVERLEI­H GMBH/ BERND SPAUKE Ganz schön traurig, alles: Jessica ( Ella Frey) und ihr Vater Stefan ( Martin Wuttke).

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