Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kitas in Neuhausen kürzen ihre Öffnungszeiten
Personalengpässe machen Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen
NEUHAUSEN/BÄRENTHAL - Nach der Elternzeit möglichst schnell zurück in den Beruf, das Kind soll den Tag über dennoch bestmöglich versorgt werden – der Trend geht eindeutig zur Ganztagesbetreuung. Die Nachfrage nach längeren Öffnungszeiten in Kinderbetreuungseinrichtungen steigt – und damit auch der Personalbedarf. Den können manche Einrichtungen inzwischen nur noch schwer stemmen, denn vielerorts sind Erzieherinnen Mangelware.
Zwei Erzieherinnen, die schwanger wurden, und eine Kündigung in der Probezeit machten im Dezember der Kinderkrippe „Denk mit!“in Neuhausen ob Eck zu schaffen. Solche Personallücken kurzfristig zu schließen, sei schwierig, berichtet Anke Weinreich, Regionalleiterin bei der Einrichtung. Bewerbungen auf offene Stellen erhalte man zwar meist genügend, „aber an der Besetzung hapert es dann, weil die Leute oftmals Kündigungsfristen haben – dadurch entstehen dann Vakanzen“, erklärt Weinreich.
Die versuche man zu überbrücken, beispielsweise mittels Erziehe- rinnen aus anderen Häusern, die übergangsweise einspringen oder indem eine ungelernte Aushilfskraft mitarbeitet, die Erfahrung in der Arbeit mit Kindern hat. „Aber das gibt es heutzutage kaum noch“, so Weinreich.
Überbrückt worden sei der Personalengpass in den vergangenen Wochen auch durch Teilzeitkräfte, die vorübergehend aufgestockt hätten, sagt sie. Solche Maßnahmen funktionieren jedoch nur zu einem gewissen Grad, schließlich gilt es, einen Mindestpersonalschlüssel zu erfüllen. „Wir müssen unserer Aufsichtspflicht nachkommen, das geht nur, wenn der Mindestpersonalschlüssel erfüllt ist“, teilt Weinreich mit. In der Krippe in Neuhausen musste der Träger deshalb bereits die Reißleine ziehen und die Öffnungszeiten verkürzen. Seit Ende Januar ist das Betreuungsangebot von zehn auf acht Stunden reduziert.
Mangel an Ausbildungsplätzen für Erzieherinnen
Noch mindestens den ganzen Februar werde das auch so bleiben müssen, sagt Weinreich, der bewusst sei, dass dies die Eltern vor Probleme stellt. In Tuttlingen, wo der Träger ebenfalls eine Einrichtung betreibt, herrscht dasselbe Problem, auch hier werden die Öffnungszeiten ab dem 11. Februar verkürzt. In größeren Städten sei die Lage teils noch deutlich verschärfter, dort würden als Konsequenz des Personalmangels manchmal ganze Kindergartengruppen geschlossen, weiß Weinreich. „Das versuchen wir zu umgehen.“
Die Ursache des ErzieherinnenMangels sieht sie vor allem in fehlenden Ausbildungsplätzen: „Das Angebot weitet sich enorm aus und das erhöht den Personalbedarf, es gibt aber nicht genügend Ausbildungsplätze“, erklärt sie. Zwar sei die Anzahl der Ausbildungsplätze in den vergangenen Jahren schon aufgestockt worden, das reiche jedoch nicht aus. „Dazu kommt noch der allgemeine Fachkräftemangel und schwache Geburtenjahrgänge – es gibt zu wenig junge Leute“, sagt sie weiter.
Im Bärenthaler Kindergarten „Familie Glücksbär“mussten die Öffnungszeiten bisher zwar noch nicht reduziert werden, ganz glücklich ist Leiterin Susanne Mayer mit der Personalsituation aber nicht. Derzeit sei man noch unterbesetzt, erklärt sie, doch ab April bekommt der Kindergarten eine neue Leiterin in Vollzeit. Aktuell hat Mayer die Leitung mit einer 60-Prozent-Stelle inne. „Wir hatten auch lange Zeit eine 40-ProzentStelle ausgeschrieben und haben niemanden dafür gefunden“, berichtet sie. Ab April solle diese Stelle mit einer Erzieherin aus Polen besetzt werden, deren Ausbildung in Deutschland jedoch erst noch anerkannt werden müsse, erklärt Mayer. „Wir hoffen, dass das bis dahin klappt.“
„Ich muss immer wieder jonglieren“
Dann sei der Mindestpersonalschlüssel erfüllt – „aber ich muss immer wieder jonglieren“, so die Erzieherin. Bis April müsse man die Zeit bestmöglich überbrücken. „Das geht schon seit November so“, sagt sie. Und zwar mit Aushilfskräften, oder indem sie selbst – trotz ihrer eigentlichen Teilzeitstelle – volle 100 Prozent arbeitet. Im Februar helfe zudem eine ausgebildete Erzieherin, die jedoch inzwischen eigentlich studiert, übergangsweise aus.
„Wie es im März weitergeht, kann ich noch nicht sagen“, meint Mayer. Ihrer Meinung nach müsste sich vor allem bei der Bezahlung etwas ändern, damit wieder mehr Frauen den Beruf der Erzieherin einschlagen. „Es gibt auch immer mehr Kindergartengruppen, und viele bleiben nicht sehr lange in diesem Beruf“, fügt sie hinzu. Voll besetzt ist derzeit beispielsweise der Kindergarten Vogelsang in Fridingen – „zum Glück“, sagt Leiterin Sabine Hartel. Denn auch sie wisse durch Erfahrungen von anderen Kindergärten von der Problematik.