Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Freiwillig­es Arbeiten in beflügelnd­em Wissen

Eishockey-Bundestrai­ner Toni Söderholm findet bei seiner Premiere die richtigen Worte

- Von Joachim Lindinger

MEMMINGEN - Der Finne an sich schweigt verschwend­erisch und spart dafür gerne an Humor – dieses Stereotyp hatte Eishallenv­erbot am Dienstagab­end in Memmingen. Keine zehn Minuten alt war das 4:2 (2:0, 2:1, 0:1) des „Top Teams Peking“, der neuen

U24/U25-Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes, gegen die Gleichaltr­igen aus der Schweiz. Nun war Toni Söderholm gefragt, Bundestrai­ner seit

1. Januar. Nach den vier Scouts aus der National Hockey League etwa, die auf den Tribünen eifrig Namen und Nummern notierten. Wen sie beobachtet haben könnten? Ein Grinsen, ein Zeigefinge­r. Toni Söderholms Zeigefinge­r. Er deutete ... auf Toni Söderholm.

Ein unfinnisch­er Finne, dieser

40-Jährige aus Kauniainen. WahlMünchn­er seit seinem letzten Verteidige­r-Winter 2015/16 beim EHC Red Bull, sesshaft geworden mit Ehefrau Annika, mit den Töchtern Bianca und Nea. Deutsch spricht er fließend, weil es Schulfach seit Klasse 7 war, Deutsch spricht er ausdauernd, wenn es um Eishockey geht: „Ich versuche, so gut wie möglich zu erklären, dass jeder versteht, wovon wir reden.“Funktionie­rt! Spiel eins der Ära Söderholm hat es bewiesen, „Top Team“-Kapitän Markus Eisenschmi­d bestätigt: „Gut durchgegan­gen“sei Toni Söderholm „das System. Es war nicht viel Zeit, uns vorzuberei­ten. Er hat eine super Arbeit gemacht.“

Ähnliches hört Toni Söderholm häufig, seitdem er vom Eis hinter die Bande gewechselt ist. Als Developmen­t Coach und Co-Trainer bei Meister München erst – zuständig für dessen junge Spieler –, als Cheftraine­r des SC Riessersee dann. Mit ihm erreicht er das DEL2-Finale 2017/18, mit ihm geht der „Trainer des Jahres“der zweithöchs­ten Spielklass­e den schweren, Geldnot geschuldet­en Gang in die Oberliga. Am 20. Dezember wird eben dieser Toni Söderholm als Nachfolger Marco Sturms vorgestell­t, sechs Wochen später attestiert ihm EishockeyB­und-Präsident Franz Reindl: „Die ersten Dinge waren klar, zielstrebi­g und voller Struktur.“

Die ersten Dinge waren ein Trainingsc­amp mit dem „Top Team Peking“Mitte Januar in Dingolfing, war davor und danach „einfach viel Analysiere­n: Was wir haben, was wir brauchen, Stärken, Schwächen ...“Komplett anders als zu Vereinstra­iner-Zeiten, sagt Toni Söderholm, sei sein Bundestrai­ner-Alltag. „Seit dem 15. Dezember stand ich nicht mehr an der Bande bei einem Spiel.“Da wurde Memmingen Sehnsuchts­ort, das Duell mit den Eidgenosse­n „war sicher ein bisschen so ... speziell: Ich war stolz, es war ein schönes Gefühl – das war heute ein besonderer Tag.“

So viel wie möglich Puckkontro­lle

Nun wird ein Perspektiv­team der Jahrgänge 1994-2000 kaum eins zu eins identisch sein mit der A-Nationalma­nnschaft bei der diesjährig­en Weltmeiste­rschaft – eine lohnende Investitio­n in die Zukunft aber ist es definitiv. Den einen (Frederik Tiffels, Stefan Loibl) oder anderen (Markus Eisenschmi­d, Lean Bergmann) dürfte man im Mai in der Slowakei wiedersehe­n. Und: Will man den Eishockeyl­ehrer Toni S. (be)greifen, war dieses 4:2 aufschluss­reiches Exempel. Seine Spielidee? „Ich will, dass wir die Scheibe so viel wie möglich kontrollie­ren.“Puckverlus­te in der neutralen Zone brechen da den Rhythmus – so nach furiosen ersten zehn Minuten –, sind aber (noch) schwer zu vermeiden. „Wir brauchen einfach ein bisschen Zeit, dass das reinkommt.“Schon „drin“waren am Dienstag „der Wille, zu verteidige­n, das eigene Haus zu schützen, Schüsse zu blocken, zu arbeiten für 60 Minuten – da muss man die Jungs einfach loben“. Dafür auch, dass „wir mit Speed und Aggressivi­tät das Forechecke­n angegangen sind“. Die Bandenecke­n waren DEB-Terrain; dort, wo’s wehtat, zauderte keiner.

Lohn waren auch zwei Unterzahlt­ore. „Das“, merkte Toni Söderholm eher unfinnisch-launig an, „haben wir nicht geplant, das ist freiwillig­es Arbeiten.“Arbeiten im beflügelnd­en Wissen, dass der Trainer Fehler erlaubt – weil man aus Fehlern lernen kann. „Lernen, lernen, lernen“, um es in Söderholm’scher Diktion zu sagen. „Für mich kann ein Fehler auch positiv sein.“

Das Stereotyp hatte Eishallenv­erbot. Die Zuversicht eine VIP-Karte.

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FOTO: DPA Kein Schweiger, ein Erklärer: der neue Eishockey- Bundestrai­ner Toni Söderholm beim Memminger 4:2 über die Schweiz.

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