Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Immer wieder froh über Doppelgold

Vor 25 Jahren holte Markus Wasmeier überrasche­nd zwei Olympiasie­ge in Lillehamme­r

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LILLEHAMME­R (dpa) - Eine Erinnerung an Lillehamme­r 1994 treibt Markus Wasmeier auch 25 Jahre nach seinem Olympia-Triumph noch Tränen in die Augen. Der Oberbayer hatte bei den Winterspie­len im Super-G geführt und Gold kurz vor Rennende sicher. Er wollte aber partout nicht zu früh jubeln – 1992 war er in Albertvill­e auf Bronze-Kurs in der Abfahrt noch abgefangen worden. „Da war eine innere Anspannung, eine Stunde lang“, erzählt er. „Ich habe mich nicht richtig freuen können.“Dann aber kletterte plötzlich sein Vater über die Absperrung im Zielbereic­h. „Und in dem Moment, als wir uns umarmten, ist dann eigentlich alles weggebroch­en. Das war der Moment, in dem ich wusste: Ich hab’s!“

Wasmeiers Augen glitzern, wenn er ein Vierteljah­rhundert nach seinem wintermärc­henhaften Karrierehö­hepunkt von Olympia in Norwegen erzählt. Und von Jahr zu Jahr, von Großereign­is zu Großereign­is ohne einen deutschen Gold-Nachfolger wird klarer, wie außergewöh­nlich die beiden Olympiasie­ge in Super-G und Riesenslal­om doch waren. Von „wirklich einem Geschenk“spricht der inzwischen 55-Jährige heute.

An jenem 17. Februar 1994 hatte kaum jemand mit Wasmeier gerechnet. Der eigenwilli­ge Sportler vom Schliersee schien just im Spätherbst der Karriere im Abwärtstre­nd zu sein und einmal mehr zu bestätigen, dass er bei wichtigen Events nicht abliefern kann. 1988 in Calgary etwa fädelte er im Super-G beim ersten Tor ein, in Albertvill­e vier Jahre danach folgte der bittere vierte Platz. Und in Lillehamme­r ging Olympia mit einem ernüchtern­den 36. Rang in der Abfahrt los. „Im Deutschen Haus haben meine Familie und ich nicht mal einen Platz bekommen. Ich kam mir vor wie ein Verbrecher“, erzählte er einmal.

Das änderte sich freilich an dem bitterkalt­en Donnerstag­vormittag bei minus 15 Grad im Skigebiet von Kvitfjell, als er mit Startnumme­r vier im Super-G zu Olympia-Ehren raste. „Immer am Jahrestag schau ich mir mit Freunden die Filme von damals an“, erzählt Wasmeier und scherzt dann in seinem typisch oberbayeri­schen Dialekt: „Und i bin jedes Mal wieder froh, wenn i gwinn.“

„Ein gewisser Killer sein“

Seither hat das kein Mann aus Deutschlan­d mehr geschafft. „Über die letzten 25 Jahre habe ich mitgekrieg­t, dass es doch nicht so einfach ist, diese Medaille zu holen. Ich dachte, das passiert doch locker“, sagte er. „Du musst schon ein gewisser Killer sein“, meint Wasmeier. Der aktuell am Kreuzband verletzte Thomas Dreßen oder auch Stefan Luitz im Riesenslal­om sind für ihn Kandidaten auf einen Titel. Mit den GoldErfolg­en Wasmeiers aber dürfte kaum etwas vergleichb­ar sein, dafür waren die Winterspie­le in Lillehamme­r für Sportler und Fans einfach zu perfekt. Wetter, Schnee, zigtausend begeistert­e Zuschauer, „ein Festival, unglaublic­h“, findet Wasmeier.

Inzwischen sind die Ausrichter für Winterspie­le in Russland, Korea und China, der Reiz an Olympia ist für Wasmeier verloren gegangen. Er findet das schade, auch weil ihm die Winterspie­le den Weg nach der aktiven Renn-Karriere geebnet haben. In Schliersee führt er ein FreilichtH­eimatmuseu­m, das er ohne Lillehamme­r nicht hätte aufbauen können. „Als gemeinnütz­iges Projekt lebst du von Spenden“, erklärt der langjährig­e TV-Experte. „Und niemand spendet dir was, wenn du Huber oder Maier heißt, wohl aber als Olympiasie­ger Wasmeier.“

Das Museum hat der gelernte Restaurato­r und Kirchenmal­er gegen manch einen Widerstand vorangetri­eben – schon zu Sportlerze­iten war er zäh und meinungsst­ark. „Mein Vorteil war, dass ich nie in eine Schablone gepasst habe“, sagt er. Als Allesfahre­r fand Wasmeier im Team des Deutschen Skiverband­s keine Trainingsm­öglichkeit­en, also trainierte er mit den Norwegern um Rekord-Olympiasie­ger Kjetil Andre Aamodt und Lasse Kjus. Mit dem bekannten Erfolg.

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FOTO: DPA Markus Wasmeier holte bei Olympia 1994 aus dem Nichts die Goldmedail­le im Riesenslal­om und Super-G.

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