Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Weltmeister Buchwald tritt gegen Reschke nach
Ex-Kapitän lässt kein gutes Haar am VfB-Kader
STUTTGART (dpa/SID) - Weltmeister Guido Buchwald hat gegen den beim VfB Stuttgart als Sportvorstand abberufenen Michael Reschke noch einmal nachgelegt. Die VfB-Legende beklagte in der „Sport Bild“, der von Reschke zusammengestellte Kader „hat mit Didavi nur einen Standardschützen. Zudem fehlt es an Geschwindigkeit, Zweikampfstärke, Führung, defensiver Stabilität, Homogenität.“Und weiter: „Bei der Kaderplanung geht es nicht nur um die Summe der Klasse der Einzelspieler.“Die Aussagen tätigte er vor Reschkes Entlassung – hätte es den Rauswurf nicht kurz danach gegeben, die Aussagen hätten sicher für noch mehr Zündstoff beim kriselnden Tabellen-16. gesorgt.
Und das ist bereits Buchwalds dritter Streich: Anfang des Monats war der 58-Jährige aus dem Aufsichtsrat des VfB zurückgetreten. Seine erneute Kritik ist also auch als eine Art Revanche zu sehen. Als Grund hatte er ein gestörtes Verhältnis zu den anderen Mitgliedern des Gremiums angegeben. Nach dem 2:2 gegen Freiburg sei versucht worden, „mir die Schuld an der Situation, in der die Mannschaft steckt, in die Schuhe zu schieben“, hatte er erklärt. Diese Vorwürfe habe er sich nicht gefallen lassen können, sagte Buchwald nun. Denn der Aufsichtsrat sei „ein Kontrollorgan, kein ausführendes“.
Der 58-jährige Buchwald hatte bereits im November mit Kritik an Reschke für Aufsehen gesorgt. In einem Sport1-Interview hatte er die Entscheidungen kritisiert, dem ExTrainer Tayfun Korkut und Verteidiger Holger Badstuber längerfristige neue Verträge zu geben. Zudem hatte sich der einstige Defensivspieler für eine breitere sportliche Kompetenz im Verein ausgesprochen.
Derweil hoffen beim VfB viele auf Reschke-Nachfolger Thomas Hitzlsperger, der wieder in einer Art Retterrolle zu sein scheint. Und diese ist ihm bekannt. Am 19. Mai 2007 war es, als er Stuttgart mit einem Volleytreffer gegen Cottbus zurück ins Spiel brachte. Wenig später war der VfB zum fünften Mal deutscher Meister. Mehr als ein Jahrzehnt später soll der erst 36-Jährige als neuer Sportvorstand nun den entscheidenden Impuls im turbulenten Abstiegskampf der Bundesliga geben.
„Bei der Kaderplanung geht es nicht nur um die Summe der Klasse der Einzelspieler.“Guido Buchwald
Der ehemalige Kapitän der Stuttgarter, der seine Karriere nach mehreren Verletzungen mit nur 31 Jahren beendet hatte, fühlt sich bereit. Und er wurde langsam an seine neue Aufgabe herangeführt: Seit 2017 war er Präsidiumsmitglied, im Vorjahr übernahm er die Leitung im Nachwuchsleistungszentrum. „Ich habe gelernt, ein Team zu führen“, sagte Hitzlsperger. Und auch neben dem Platz setzte der WM-Dritte von 2006 und Vize-Europameister von 2008 Zeichen. Kurz nach dem Karriereende sprach er öffentlich über seine Homosexualität und brachte durch sein Coming-out eine Debatte über Homophobie im Fußball ins Rollen. Nun will er den VfB-Fans ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ex-VfB-Profi Thomas Berthold sieht Hitzlspergers wichtigste Aufgabe darin, für Ruhe im Umfeld zu sorgen, um das Minimalziel Klassenverbleib zu erreichen: „Mehr kann er nicht machen, er ist ja kein Zauberer.“