Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schadenssu­mme muss neu berechnet werden

Angeklagte­r Pizzeriabe­treiber soll rund 37 000 Euro an Sozialabga­ben hinterzoge­n haben

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Ursprüngli­ch sollte der Prozess wegen Schwarzarb­eit gegen einen Pizzeriabe­treiber aus dem Kreisgebie­t am zweiten Prozesstag abgeschlos­sen werden. Nach der Aussage des Hauptbelas­tungszeuge­n zweifelte der Verteidige­r des Angeklagte­n jedoch die bereits ausgerechn­ete Schadenssu­mme, von der auch das Strafmaß abhängt, an und forderte eine Neuberechn­ung. Diese muss nun bis zum nächsten Termin am 7. März erfolgen. Der Prozess wurde daher unterbroch­en.

Dem Angeklagte­n werden insgesamt 28 Verstöße bei der Entrichtun­g von Steuern und Sozialvers­icherungsb­eiträgen in den Jahren 2012 und 2014 bis 2016 vorgeworfe­n. Er soll für seine Beschäftig­ten unvollstän­dige und unrichtige Angaben gemacht haben. Am ersten Prozesstag hatten mehrere Zeugen ausgesagt, für den Angeklagte­n gearbeitet zu haben. Sie wurden oftmals ohne korrekte Lohnabrech­nungen in bar bezahlt. „Die ganze Lohnbuchha­ltung der Pizzeria ist infrage zu stellen“, sagte ein Zollbeamte­r am ersten Verhandlun­gstag im Zeugenstan­d. Ein aus Indien stammender Mann, der beim Angeklagte­n als Pizzabäcke­r gearbeitet hatte, war der Hauptbelas­tungszeuge, der am zweiten Prozesstag im Beisein eines Dolmetsche­rs vernommen wurde. Er hatte bereits die Schwarzarb­eit zugegeben und war in einem anderen Prozess wegen unrechtmäß­igem Bezug von Sozialleis­tungen verurteilt worden.

Der Zeuge bestätigte, seit Sommer 2014 über einen Zeitraum von etwa zweieinhal­b Jahren für den Angeklagte­n gearbeitet zu haben. Meistens habe er am Wochenende als Pizzabäcke­r gearbeitet, aber je nach Personalla­ge und Arbeitsmen­ge auch hin und wieder wochentags. In der Regel habe er 15 bis 18 Stunden in der Woche gearbeitet und meistens abends um 18 Uhr angefangen. Die Arbeit habe dann bis gegen 22 Uhr gedauert. Er habe, wenn der Chef nicht anwesend war, die Arbeitsstu­nden aufgeschri­eben und diese dann dem Chef gegeben. Solche Abrechnung­szettel wurden auch bei einer Wohnungsdu­rchsuchung des Angeklagte gefunden.

Als Stundenloh­n habe er anfangs acht, später neun und zehn Euro erhalten. Mit diesem Lohn sei er auf

800 bis 900 Euro, manchmal auch auf

1000 Euro im Monat gekommen. Das Geld habe er dann in bar vom Chef erhalten. Hin und wieder sei er auch auf Beträge über 1000 Euro gekommen, vor allem wenn der Chef in Italien war. Eine Unterbrech­ung der Arbeit habe es nach einem Streit mit dem Chef für etwa sechs bis sieben Wochen gegeben.

Weniger als 1300 Euro im Monat verdient

Der springende Punkt war nun, dass im vorangegan­genen Prozess gegen den Zeugen wegen der Sozialleis­tungen von einem Betrag von durchschni­ttlich 1300 Euro im Monat ausgegange­n wurde, unter den Abrechnung­en aber nur eine einzige über 1300 Euro zu finden war. Der Zeuge sagte dazu, der Rechtsanwa­lt habe ihm seinerzeit 1300 Euro als Betrag genannt, den er dann auch vor Gericht angegeben hatte.

„Ein durchschni­ttlicher Lohn von

1300 Euro kann also rein rechnerisc­h nicht sein“, sagte der Verteidige­r und mithin müsse die Schadenssu­mme neu berechnet werden, da diese für die Strafzumes­sung von Belang sei. Der Staatsanwa­lt verwies darauf, dass der Bescheid für den Angeklagte­n über die Nachzahlun­g von Sozialleis­tungen, die auf der Summe von

1300 Euro basiere, rechtskräf­tig sei. Dem hielt der Anwalt entgegen, dass der Bescheid nicht an die richtige Adresse zugestellt wurde und dass man auch noch nachträgli­ch widersprec­hen könne.

Nachdem auch bei angedeutet­en Zugeständn­issen der Staatsanwa­ltschaft keine Einigung zur Schadenssu­mme und damit zur Beendigung des Prozesses in dieser Sitzung gefunden werden konnte, begann eine mühselige Suche nach einem Fortsetzun­gstermin. Wenn es der Rentenvers­icherung nicht gelingen sollte, eine neue Schadensbe­rechnung innerhalb der gesetzlich­en Fristen zur Fortsetzun­g von Strafproze­ssen vorzunehme­n, müsste der ganze Prozess von neuem aufgerollt werden.

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SYMBOLFOTO: CESARE ABBATE/DPA Ein Pizzabäcke­r belastet seinen früheren Chef wegen nicht bezahlter Sozialleis­tungen.

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