Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schadenssumme muss neu berechnet werden
Angeklagter Pizzeriabetreiber soll rund 37 000 Euro an Sozialabgaben hinterzogen haben
SIGMARINGEN - Ursprünglich sollte der Prozess wegen Schwarzarbeit gegen einen Pizzeriabetreiber aus dem Kreisgebiet am zweiten Prozesstag abgeschlossen werden. Nach der Aussage des Hauptbelastungszeugen zweifelte der Verteidiger des Angeklagten jedoch die bereits ausgerechnete Schadenssumme, von der auch das Strafmaß abhängt, an und forderte eine Neuberechnung. Diese muss nun bis zum nächsten Termin am 7. März erfolgen. Der Prozess wurde daher unterbrochen.
Dem Angeklagten werden insgesamt 28 Verstöße bei der Entrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahren 2012 und 2014 bis 2016 vorgeworfen. Er soll für seine Beschäftigten unvollständige und unrichtige Angaben gemacht haben. Am ersten Prozesstag hatten mehrere Zeugen ausgesagt, für den Angeklagten gearbeitet zu haben. Sie wurden oftmals ohne korrekte Lohnabrechnungen in bar bezahlt. „Die ganze Lohnbuchhaltung der Pizzeria ist infrage zu stellen“, sagte ein Zollbeamter am ersten Verhandlungstag im Zeugenstand. Ein aus Indien stammender Mann, der beim Angeklagten als Pizzabäcker gearbeitet hatte, war der Hauptbelastungszeuge, der am zweiten Prozesstag im Beisein eines Dolmetschers vernommen wurde. Er hatte bereits die Schwarzarbeit zugegeben und war in einem anderen Prozess wegen unrechtmäßigem Bezug von Sozialleistungen verurteilt worden.
Der Zeuge bestätigte, seit Sommer 2014 über einen Zeitraum von etwa zweieinhalb Jahren für den Angeklagten gearbeitet zu haben. Meistens habe er am Wochenende als Pizzabäcker gearbeitet, aber je nach Personallage und Arbeitsmenge auch hin und wieder wochentags. In der Regel habe er 15 bis 18 Stunden in der Woche gearbeitet und meistens abends um 18 Uhr angefangen. Die Arbeit habe dann bis gegen 22 Uhr gedauert. Er habe, wenn der Chef nicht anwesend war, die Arbeitsstunden aufgeschrieben und diese dann dem Chef gegeben. Solche Abrechnungszettel wurden auch bei einer Wohnungsdurchsuchung des Angeklagte gefunden.
Als Stundenlohn habe er anfangs acht, später neun und zehn Euro erhalten. Mit diesem Lohn sei er auf
800 bis 900 Euro, manchmal auch auf
1000 Euro im Monat gekommen. Das Geld habe er dann in bar vom Chef erhalten. Hin und wieder sei er auch auf Beträge über 1000 Euro gekommen, vor allem wenn der Chef in Italien war. Eine Unterbrechung der Arbeit habe es nach einem Streit mit dem Chef für etwa sechs bis sieben Wochen gegeben.
Weniger als 1300 Euro im Monat verdient
Der springende Punkt war nun, dass im vorangegangenen Prozess gegen den Zeugen wegen der Sozialleistungen von einem Betrag von durchschnittlich 1300 Euro im Monat ausgegangen wurde, unter den Abrechnungen aber nur eine einzige über 1300 Euro zu finden war. Der Zeuge sagte dazu, der Rechtsanwalt habe ihm seinerzeit 1300 Euro als Betrag genannt, den er dann auch vor Gericht angegeben hatte.
„Ein durchschnittlicher Lohn von
1300 Euro kann also rein rechnerisch nicht sein“, sagte der Verteidiger und mithin müsse die Schadenssumme neu berechnet werden, da diese für die Strafzumessung von Belang sei. Der Staatsanwalt verwies darauf, dass der Bescheid für den Angeklagten über die Nachzahlung von Sozialleistungen, die auf der Summe von
1300 Euro basiere, rechtskräftig sei. Dem hielt der Anwalt entgegen, dass der Bescheid nicht an die richtige Adresse zugestellt wurde und dass man auch noch nachträglich widersprechen könne.
Nachdem auch bei angedeuteten Zugeständnissen der Staatsanwaltschaft keine Einigung zur Schadenssumme und damit zur Beendigung des Prozesses in dieser Sitzung gefunden werden konnte, begann eine mühselige Suche nach einem Fortsetzungstermin. Wenn es der Rentenversicherung nicht gelingen sollte, eine neue Schadensberechnung innerhalb der gesetzlichen Fristen zur Fortsetzung von Strafprozessen vorzunehmen, müsste der ganze Prozess von neuem aufgerollt werden.