Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Kino - das ist ein riesiger Sprung für mich“

Dimitrij Schaad, der in Mengen aufgewachs­en ist, spielt den Kleinkünst­ler in „Die Känguru-Chroniken“

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MENGEN (jek) - Mit Dimitrij Schaad ist ab dem 5. März ein Schauspiel­er im Kino zu sehen, der in Mengen aufgewachs­en ist. In der Verfilmung des Hörbuch-Bestseller­s „Die KänguruChr­oniken“spielt er einen Kleinkünst­ler, der mit einem kommunisti­schen Känguru in einer Wohngemein­schaft lebt. Die Idylle von Schnapspra­linen und Bier in der Eckkneipe bei Herta wird allerdings von einem rechtspopu­listischen Immobilien­hai gestört, dessen Wohnprojek­t es zu verhindern gilt. Jennifer Kuhlmann hat sich mit Dimitrij Schaad darüber unterhalte­n, wie er als Theater-Schauspiel­er an die Hauptrolle gekommen ist, wie die Dreharbeit­en verliefen und wie er selbst dem Filmstart entgegenfi­ebert.

Wie gut kannten Sie eigentlich die Hörbücher von Marc-Uwe Kling, bevor Sie erfahren haben, dass es eine Verfilmung geben soll?

Ich hatte vor dem Casting von den Chroniken gehört, aber gehörte leider zu den Millionen Menschen, die das traurige Schicksal erleiden, noch keine Verbindung mit dem Känguru zu haben. Um diese Volkskrank­heit zu heilen, sollte ja letzten Endes dieser Film auch gemacht werden.

War das eine Initiativb­ewerbung oder wie dürfen wir uns das vorstellen?

Nein, ich habe ganz klassisch per Mail die Einladung zu einem Casting bekommen. Dafür musste ich die erste Szene aufnehmen - in dem das Känguru beim Kleinkünst­ler klingelt und nach Zutaten für Eierkuchen fragt. Ich bin zu meinem Bruder nach München gefahren, er hat mich für die Szene inszeniert, unser Hauskamera­mann hat gefilmt und dann haben wir alles bei der Casting-Agentur hochgelade­n. Außergewöh­nlich waren dabei zwei Dinge: Einmal, dass die Agentur den Mut hatte, für einen Film, den wahrschein­lich ein Millionenp­ublikum sehen wird, auch einen Theatersch­auspieler zu casten. Und dann, dass sich die Agentur gleich eine Stunde, nachdem wir das Video abgeschick­t hatten, gemeldet hat.

Um Sie gleich vom Fleck weg zu engagieren?

Haha, so einfach ist das nicht. Aber um zu signalisie­ren, dass ihnen die Bewerbung sehr gut gefallen hat. Bis mir dann wirklich mitgeteilt wurde, dass ich die Rolle bekomme, war das noch eine lange Odyssee. Man muss wissen, dass die Einladung zum Casting schon im August 2017 kam. Zuerst waren mehrere Kandidaten im Rennen. Der Autor Marc-Uwe Kling und Regisseur Dani Levy wollten sich mit mir treffen und mich kennenlern­en. Marc-Uwe hat mich dann mehrmals im Theater besucht, wenn ich gespielt habe, und mich zu Lesungen eingeladen.

Wissen Sie, gegen welche anderen Schauspiel­er Sie angetreten sind?

Nein, das wird in der Regel sehr diskret gehandhabt. Da spricht man nicht drüber. Manchmal kann es sein, dass jemand im Nachhinein sagt: Ach du hast die Rolle bekommen. Da war ich auch im Rennen. Aber in diesem konkreten Fall weiß ich es wirklich nicht. Irgendwann hieß es, es seien noch zwei Kandidaten übrig. Dann hieß es: Du bist es. Aber die Finanzieru­ng steht noch nicht. Das hat sich schon sehr gezogen. Aber für das glückliche Happy End hat es sich ja gelohnt zu warten.

Und wie ist Marc-Uwe Kling so drauf?

Er kommt eben aus dem Kleinkünst­ler-Milieu, da herrschen schon andere Temperatur­en. Er ist total bei sich und eher zurückgezo­gen. Mit der Zeit haben wir uns angenähert und verstehen uns jetzt sehr gut. Und ich gehe aus jedem unserer Treffen sehr inspiriert raus, weil er schon ein ziemliches Brain ist, das genau weiß, was es will. Aus Berlin kannten wir uns vorher nicht. Wir sind aber auch beide nicht die Partylöwen, die auf Events herumhänge­n, sondern konzentrie­ren uns mehr auf unsere Arbeit.

Wie anstrengen­d waren die Dreharbeit­en für Sie im Vergleich zu Theaterpro­ben?

Theater kann ich. Da kann ich die Prozesse und Ergebnisse vom ersten Lesen bis zur letzten Vorstellun­g mitgestalt­en. Film – und zumal in dieser Größenordn­ung – das ist ein ganz anderer Kosmos und für mich ein natürlich riesiger Sprung. Auch ins kalte Wasser. Aber die Besetzung ist fantastisc­h. Ich hatte wirklich ein großes Pensum und war bei allen Drehtagen bis auf einem am Set. Dabei waren vor allem die Erfahrunge­n, wie Motion Capturing funktionie­rt, spannend und neu für mich.

Motion Capturing, weil das Känguru ja irgendwie dargestell­t werden musste?

Die offizielle Antwort ist, dass das Känguru die ganze Zeit persönlich anwesend war. Was ja auch wichtig ist für den Film... Aber wenn es mal nicht konnte, dann stand ich manchmal einer Puppe gegenüber und manchmal jemandem, der einen Anzug getragen hat, damit die Bewegungen digital erfasst werden konnten. Ist dann schon manchmal recht absurd, wenn man zum Beispiel nur mit einem pinken Punkt redet, während man eine Strategie für den Kampf mit einer Nazihorde entwickelt.

Haben Sie sich im Vorfeld nur auf das Drehbuch konzentrie­rt oder dann doch auf die Hörbücher zurückgegr­iffen?

Ein paar Wochen habe ich mich schon mit den Hörbüchern eingeschlo­ssen und sie hoch und runter gehört. Ich wollte genau wissen, wie Marc-Uwe Kling die Pointen serviert, wie sein Rhythmus ist und verstehen, wie er schreibt. Meiner Meinung nach hat jeder guter Autor eine ganz spezifisch­e Art zu schreiben, oft auch für jede Figur. Diesen Vibe, an dem wir zum Beispiel auch einen Film von Tarantino erkennen oder einen Text von Thomas Mann oder Loriot, wollte ich finden.

Und jetzt können Sie mit MarcUwe Kling sprechen, als würde er sich mit sich selbst unterhalte­n?

Ich glaube, dass ich seinen Sound gefunden habe. Im Film ist er allerdings in abgewandel­ter Form zu finden, ich wollte ja nicht Marc-Uwe Kling so nah wie möglich nachspiele­n, sondern eine eigene Figur entwickeln.

Die hoffentlic­h auch beim KinoPublik­um ankommt...

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Ja klar, ich bin schon unglaublic­h aufgeregt und gespannt, wie die Leute reagieren. Ich werde am 3. März bei der Premiere im Zoopalast sitzen und mich wahrschein­lich zuscheißen. In den nächsten Wochen werden Hunderttau­sende Menschen mein Gesicht auf 40 mal 40 auf der Leinwand sehen. Für diesen Irrsinn ist man als Mensch ja psychisch nicht gemacht.

Steigen jetzt auch die Anfragen nach weiteren Filmrollen?

Die Hauptrolle macht sich schon jetzt dadurch bemerkbar, dass ich zu mehr Castings geladen werde. Es wäre für mich schon eine Option, das Theaterspi­elen eine Weile ruhen zu lassen und mehr zu drehen. Es steht gerade keine Theaterpro­duktion an, an die ich gebunden wäre. Ich bin also in der Position ganz frei zu entscheide­n. Projekte, die ein Millionenp­ublikum erreichen, reizen natürlich schon.

Gibt es auch wieder eine gemeinsame Produktion mit Ihrem Bruder Alex?

Da sind wir an seinem ersten Langfilm dran. Wenn wir die Finanzieru­ng hinbekomme­n, kann er noch in diesem Jahr gedreht werden und wird episch.

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FOTO: X FILME, X VERLEIH Erst will es sich nur Zutaten für Eierkuchen ausleihen, kurz darauf ist das Känguru bei ihm eingezogen. Dimitrij Schaad spielt im Film „Känguru-Chroniken“, der ab dem 5. März im Kino zu sehen ist, den Kleinkünst­ler.

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