Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Cyber-Bayern
Ungewöhnliche Trainingsmaßnahmen – Auch auf Ausgangssperre vorbereitet
MÜNCHEN (dpa) - Mit dem ersten Cyber-Training seiner Stars zeigte sich Hansi Flick zufrieden. Der Trainer des Rekordmeisters erlebte ein motiviertes Ensemble, tauschte sich zudem mit kleinen Spieler-Gruppen auch über Video-Calls aus. „Wir müssen alle versuchen, positiv mit der Lage umzugehen, wir Trainer, unser gesamtes Funktionsteam, die Spieler“, erklärte der 55-Jährige, der auf eine weitere Verschärfung der Situation eingestellt wäre. „Wir sind auch vorbereitet für eine denkbare Ausgangssperre, dafür haben wir Home-Office-Lösungen erarbeitet.“
Die Münchner entschieden sich zunächst einmal gegen die Option, die Profis in Kleingruppen an der Säbener Straße schwitzen zu lassen. In Absprache mit dem Trainerteam habe man darauf verzichtet, erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auf der Internetseite des Clubs. „Unsere Spieler trainieren derzeit von zu Hause aus. Wir versuchen auch hier Vorbild zu sein, weil ich das Gefühl habe, dass es immer noch Menschen gibt, die vielleicht nicht umfänglich verstanden haben, wie ernst die Lage ist.“
Bei der von Flick und von FitnessLeiter Holger Broich als Cyber-Training titulierten Einheit am Mittwoch stand Stabilitätstraining im Vordergrund. Zum Abschluss gab es eine intensive Belastung auf den SpinningBikes, mit denen der Club die Stars ausgestattet hatte. „Alle können den Trainer auf ihrem Tablet sehen, um so auch alle Übungen durchführen zu können, die wir von der Säbener Straße aus übertragen“, so Flick.
Über die Sozialen Netzwerke präsentierten sich die Stars an vorangegangenen Tagen wiederholt ihren Fans – auch beim Sport. Robert Lewandowski zeigte sich mit Töchterchen Klara beim Liegestütz, Thomas Müller beim Seitstütz mit Hund.
Insgesamt ist nach Angaben des wissenschaftlichen Leiters Broich vor allem „Erhaltungstraining“angesagt. „Die Fitness kann man im virtuellen Raum mit Funktionsgymnastik, Kraft- und Ausdauertraining gut steuern“, sagte Broich. Überwachung funktioniert auch aus der Ferne. „Die Jungs sind mit den FitnessErfassungsuhren ausgerüstet. Das heißt, wir bekommen alle relevanten Daten jedes Spielers, wie etwa die Herzfrequenz, auf unsere Monitore an der Säbener Straße. Die Erfassung der Leistung ist mit diesem System problemlos möglich, aber eben nur die Athletik, nicht alles“, beschrieb Broich die Hightech-Bedingungen. Nach der Einheit am Mittwoch sollen die Stars per Video noch weiter verbunden geblieben sein, sie hätten noch einige Zeit miteinander gesprochen. „Deshalb sind die Videotrainingskonferenzen wichtige Gemeinschaftserlebnisse in dieser Zeit.“
Abseits des Trainings bleibt die finanzielle Herausforderung auch für den Liga-Krösus groß. „Der FC Bayern hat sicher gut gewirtschaftet in den vergangenen Jahren, was ihn in die Lage versetzt, auch Krisen zu meistern“, sagte Finanzvorstand JanChristian Dreesen. „Natürlich müssen wir die sich stetig verändernde Lage immer wieder neu einschätzen und können daher heute noch nicht sagen, wie die wirtschaftlichen Auswirkungen bei einer Verschärfung der Lage sein werden“, so Dreesen.
Der finanzstärkste BundesligaVerein erzielte in der Vorsaison im Gesamtkonzern einen Umsatz von 750,4 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben 52,5 Millionen Euro.