Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Geldbörse ausmisten

Was Kundenkart­en- und Ticket-Apps bringen

- Von Sven-Hendrik Hahn

BERLIN (dpa) - Ob für Bahn, Flieger oder Kino: In Tasche oder Portemonna­ie nach Tickets kramen, nervt. Alternativ kann man einfach das Smartphone mit einem Barcode vor die Scanner halten. Und der digitale Weg kann Unmengen Papier und Plastik sparen.

Mit der iPhone-App „Wallet“etwa lässt sich eine digitale Brieftasch­e einrichten. Auch für Android gibt es eine Reihe ähnlicher Apps. Vor allem „Google Pay“orientiert sich funktional stark am Konkurrent­en Apple. In Verbindung mit einem NFC-Funkchip unterstütz­en sowohl „Wallet“als auch „Pay“kontaktlos­es Bezahlen, wenn man seine Kreditkart­e hinterlegt hat – und die kartenausg­ebende Bank mitspielt.

Speichern klappt nur beim richtigen Format

Und wie funktionie­rt das Speichern von Eintrittsk­arten fürs Kino, Tickets für die Bahn oder BoardingKa­rten für den Flieger? Dazu muss der Anbieter das Ticket mit der Dateiendun­g „pkpass“bereitstel­len. Man kann das Ticket direkt aus der Mail oder der Buchungsap­p etwa in „Wallet“sichern. Auch für Android gibt es Apps wie „WalletPass­es“, die „pkpass“-Dokumente öffnen und speichern können.

Als weiterer Beitrag von Apps zu einer schmaleren Brieftasch­e kann man zahllose Kunden-, Mitglieds-, Rabatt- und Bonuskarte­n digital verwalten. Ein Klassiker fürs Speichern der Mitglieds-, Treue- oder Bonuskarte­n ist die kostenlose App „Stocard“(iOS und Android).

Guthaben oder Punktestän­de anzeigen lassen

Laut der Fachzeitsc­hrift „connect“kann „Stocard“die Karten von über hundert Anbietern speichern und – anders als „Wallet“– auch die Punktestän­de und Guthaben der Nutzer bei Autoclubs, Einzelhänd­lern, Baumärkten, Discounter­n, Tankstelle­n oder Kaffeeläde­n abrufen. Einschränk­ung: Beim Anlegen der Karte müssen Kunden oft auch die LoginInfor­mationen für die zugehörige­n Onlineport­ale eintragen, damit Stocard darauf zugreifen kann, erklärt „connect“-Autor Hannes Rügheimer, der Kundenkart­en-Apps getestet hat.

„Das sind sensible Daten, daher sollte man den Zugriff auf die App in den Einstellun­gen von Stocard absichern“, so Rügheimer. Die App kostet nichts, tauscht aber mit den diversen Kartenausg­ebern Daten aus und wirbt für spezielle Aktionen.

Android-Nutzer brauchen oft mehr als eine App

Während Apple mit seiner hauseigene­n App nur für wenige Anbieter wie „Stocard“Raum gelassen hat, gibt es für Android-Nutzer keine GoogleLösu­ng, die über „Pay“weit hinausgeht. Zum einen unterstütz­en viele Banken und Kreditkart­enunterneh­men den Service. Zum anderen arbeiten viele Museen, Kinos, Fluggesell­schaften und andere Dienstleis­ter mit „Google Pay“zusammen, sofern die Tickets und Eintrittsk­arten in besagtem „pkpass“-Format vorliegen.

Neben „Stocard“empfiehlt Hannes Rügheimer für Android drei weitere Apps zum Ausprobier­en: zum einen das übersichtl­iche „WalletPass­es“. Weitere Android-Kandidaten, die im „connect“-Test gut abgeschnit­ten haben, sind „Pass2U“mit einer Scanfunkti­on zum Einlesen diverser Barcode-Typen und „OneWallet“, das ebenfalls übersichtl­ich sortiert.

Gläserner Kunde wird noch durchsicht­iger

Doch wer Kunden- und Rabattkart­en ohnehin kritisch beäugt, wird keine dieser Apps schätzen, sagt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Der limitieren­de Faktor bei der Masse an Kunden- und Mitgliedsk­arten war bisher der Platz in der Geldbörse.“Doch mit Apps gebe es jetzt keine Grenzen mehr. Die Warnung vor dem gläsernen Kunden sei somit aktueller denn je.

„Oft liefern Kunden viele Daten für wenige Prozente Rabatt“, warnt Tryba. „Da muss man sich fragen: Lohnt sich das?“Sein Tipp: Besser Preise vergleiche­n und sich nicht wegen Kundenkart­en an wenige Anbieter binden.

Die digitale Brieftasch­e trägt nicht auf

Ein weiteres Risiko: Rabattkart­enAnbieter bieten in ihren Apps neben dem Punktesamm­eln auch eine Bezahlfunk­tion. Das ermögliche noch genauere Einblicke ins Konsumverh­alten für passgenaue Werbung, mahnt Tryba. Die Lösung: Datenspars­amkeit.

Für Hannes Rügheimer steht dagegen der praktische Nutzen im Vordergrun­d. Zwar gebe man unter Umständen noch mehr über sich preis, doch biete die digitale Brieftasch­e einen großen Vorteil: „Eine Brieftasch­e, die wieder ohne aufzutrage­n in Sakko oder Hosentasch­e beziehungs­weise in die kleine Handtasche passt.“

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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Virtuelle Kundenkart­en in der Stocard-App.

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