Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Chefwechsel bei Siemens
Roland Busch wird Nachfolger von Joe Kaeser
MÜNCHEN (dpa) - Inmitten von Corona-Krise und tiefgreifendem Konzernumbau wechselt Siemens zentrale Teile seiner Führung aus. Der neue starke Mann des Konzerns wird Roland Busch, der sukzessive Joe Kaeser ablöst. Dass überraschenderweise mit Michael Sen auch der designierte Chef von Siemens Energy und dessen Finanzchef, Klaus Patzak, gehen, hat die Entscheidung beschleunigt. Am Plan, Energy Ende September an die Börse zu bringen, soll dies aber ebensowenig rütteln wie die Corona-Krise.
„Wir sind im Zeitplan“, betonte Kaeser am Freitag in einer Telefonschalte, in der er und Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe die Personalien und die Zukunft von Energy erklärten. Dies gelte sowohl für die Abspaltung Ende März als auch die Vorbereitung des Börsengangs. Er gehe davon aus, dass die dafür wichtige Hauptversammlung am 9. Juli stattfindet, sagte Kaeser. Was passiere, wenn sie doch abgesagt werden müsse, blieb offen.
Noch sind diese Auftritte Sache des eher extrovertierten Niederbayern Kaeser, der seit August 2013 die Geschicke von Siemens lenkt. Spätestens zur nächsten regulären Hauptversammlung im Februar 2021 ist damit Schluss. Doch schon mit Start des nächsten Geschäftsjahres übernimmt der 55 Jahre alte Busch die Budgetverantwortung und damit weitgehend die Macht. Man habe „die optimale Lösung“gefunden, bei der Busch „ab 1. Oktober jetzt alles verantwortet“und Kaeser sich bei der Hauptversammlung „ordentlich und strukturiert“verabschiede, sagte Snabe.
Der in Erlangen geborene Busch gilt als zurückhaltender als Kaeser, der nicht zuletzt auch mit seinen Äußerungen im Kurznachrichtendienst Twitter immer wieder für Diskussionen gesorgt hat. Doch im Unternehmen wird Busch große Durchsetzungskraft nachgesagt. Er gilt als energisch und zielorientiert, ohne ideologische Mauern im Kopf. Busch ist – wie Kaeser – seit Beginn seiner Laufbahn Siemensianer, was ihm in einem Unternehmen, das seine Chefs meist aus den eigenen Reihen rekrutiert, zusätzliche Akzeptanz bringt.
Anders als der ehemalige Finanzvorstand Kaeser ist Busch allerdings Techniker. Eine Eigenschaft, die auch bei den Arbeitnehmervertretern gut ankommt: „Es ist bestimmt nicht schlecht für Siemens, wenn wieder ein Techniker an der Unternehmensspitze steht und weniger die Finanzkennzahlen als die technischen Fertigkeiten im Fokus stehen. Die machen ja traditionell die Stärke von Siemens aus“, sagt Hagen Reimer, der für die IG Metall im Siemens-Aufsichtsrat sitzt.
Buschs Durchsetzungsfähigkeit könnte auch beim überraschenden Abgang von Sen und Patzak bei Energy eine Rolle gespielt haben. In Kreisen wird darüber spekuliert, dass es Differenzen zwischen Busch und Sen gegeben hat. Kaeser betonte am Freitag, dass die Entscheidung einvernehmlich gefallen sei. Nachfolger von Sen wird Christian Bruch, der von Linde zu Siemens kommt.