Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Was wäre, wenn das Virus ein Herzensvirus wäre?
Das Coronavirus hält die ganze Welt in Atem, es nimmt ihr sogar den Atem, den Atem der Weltwirtschaft, den Atem des Tourismus, den Atem der Kultur, den Atem der Schulen und Universitäten und hemmt auch den Atem kirchlicher Praxis. Es atmet also nicht mehr so selbstverständlich im globalen Gefüge. Und der Atem soll der Überträger sein von Mensch zu Mensch. Atem kann so gefährlich werden. Atem trennt die Menschen, lässt Abstand wachsen, lässt Misstrauen wachsen, lässt Ängste und Befürchtungen wachsen. Ein Szenario, das wir uns noch gar nicht vorstellen wollen und können. Ein Thema, das erst seit ein paar Wochen die Weltbühne beherrscht. Das
Kleinste kann zum größten GAU werden und unsere Verbundenheit wird offenkundig. Was hat China mit uns zu tun? Viel, Entscheidendes in unserer Ära.
Was wäre, wenn das Virus Cordia hieße und ein Herzensvirus wäre, das augenblicklich die Herzen öffnen könnte und Menschen würden sich verbinden, sich entgrenzen, Türen sich öffnen. Alles wäre Einladung, Einladung aus Herzensgrund. Statt Ich und Du gäbe es ein Wir. Miteinander, Zueinander, Ineinander verwoben sind wir ja allemal, dies aber bewusst zu initiieren könnte das Virus Cordia tatsächlich. Zuwendung und Hilfe, grenzenloses Vertrauen, Empathie und füreinander sorgen wären die Maximen. Einbeziehen und integrieren, Synergien entwickeln und daraus Kräfte schaffen fürs Zukünftige.
Atmen wir tief durch. Auf keinen Fall wollen wir diejenigen sein, die andere gefährden. Dann sind wir doch auch bereit, uns zurück zu halten, uns raus zu halten und gegeben falls auch uns in Quarantäne zu begeben und darin auszuhalten, solange es sein muss.
Was ist das gegen die aufopfernde Arbeit der Menschen, die in unserem Gesundheitssystem, in den Krankenhäusern, Arztpraxen für die Schwerund Schwerstkranken ihr Bestes geben. An diese Menschen denke ich in Dankbarkeit aus ganzem Herzen. An die Kinder denke ich und dass deren Eltern gesund bleiben mögen. An die Enge in manch familiären Wohnungen denke ich, wo Kinder nun wochenlang spielen, lernen und sich aufhalten sollen, an die psychische Belastung von Eltern und Alleinerziehenden. An die alten Menschen denke ich in unseren Heimen und Stiften und dass sie nicht besucht werden dürfen und an die Sorge ihrer Angehörigen. Ich denke auch an die bis zu ihrer Erschöpfung tätigen Pflegenden, die weiterhin den sozialen Kontakt gegen die Einsamkeit leisten. An finanzielle Engpässe, die existenzgefährdend sein können, denke ich und hoffe und bete: Gott verhüte das Schlimmste!
Eine Auszeit für die Erde, Sabbattage für die Erde sind es auch, diese Wochen, damit sie wieder atmen kann, ihren Hals frei kriegt, ihre Lungen belüftet werden und ein wenig Heilung geschehen kann. Könnte es sein, dass nun die Selbstheilungskräfte der Natur wirksam werden? Dann können wir nur hoffen, dass auch die Kräfte der Selbsttranszendenz freigesetzt werden und wir auf ein höheres Niveau kommen in unserem Bewusstsein. Ist in diesem kollektiven Welt-Burnout, wie der Bundestrainer Löw die Lage benennt, der Same für den Virus Cordia gelegt?
Das ist meine Hoffnung aus Kopf und Herz.
Um unsere Leser während der Corona-Krise zu stärken, erscheint ab sofort an dieser Stelle ein Wort der Kirchen. Evangelische und katholische Kirche werden abwechselnd ihre Gedanken aufschreiben.
wöchentlich