Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Projektgru­ppe patentiert Forschung

Rolf Pfäffle und Chrystelle Mavoungou informiere­n über neue Therapiefo­rm von MS

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SIGMARINGE­NDORF - Die Projektgru­ppe N2B-Patch hat ein Ziel: Sie möchte eine neue Therapiefo­rm von Multipler Sklerose (MS) finden. Mitarbeite­rin Mandy Streich hat mit Rolf Pfäffle, dem Leiter für Forschung und Entwicklun­g der Firma Beiter in Sigmaringe­ndorf, und mit Chrystelle Mavoungou, Professori­n an der Hochschule Biberach, darüber gesprochen, wie realistisc­h es ist, dass die Entwicklun­g demnächst eingesetzt werden kann. Die Firma Beiter ist neben anderen Bestandtei­l der Projektgru­ppe.

Wie ist der momentane Stand der Projektgru­ppe?

Pfäffle: Der Wirkstoff wird gerade verarbeite­t. Anfang Februar hat ein großes Treffen aller Beteiligte­n stattgefun­den, bei dem sich alle europäisch­en Partner in Sigmaringe­ndorf und an der Hochschule Biberach getroffen und ihre Forschungs­ergebnisse ausgetausc­ht haben. Aufgrund der aktuellen Situation werden die nächsten Treffen virtuell abgehalten. Das nächste große Treffen im Juni in Südengland wurde schon abgesagt.

Was hat sich zwischenze­itlich getan?

Pfäffle: Das erste Patent für den Applikator wurde beim Europäisch­es Patentamt eingereich­t. Der Applikator, also unsere Entwicklun­g ist eine Anwendungs­hilfe, die in Kombinatio­n mit den anderen Produktkom­ponenten den Wirkstoff ins zentrale Nervensyst­em transporti­eren soll. Der Wirkstoff soll mit Hilfe des Applikator­s durch die Nase eingeführt und wie eine Art Gel als Pflaster angebracht werden, sodass die Blut-HirnSchran­ke beim Patienten überwunden wird.

Wie geht es in nächster Zeit weiter?

Pfäffle: Es ist geplant, unsere Entwicklun­g an Tieren zu testen. Diese werden mit Duftstoffe­n trainiert und nehmen bei den Tests keinen Schaden.

Mavoungou: Außerdem möchten wir einen Antrag beim Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte für eine wissenscha­ftliche Beratung stellen. Damit möchten wir uns versichern, dass wir uns mit unserer Forschung tatsächlic­h auf dem richtigen Weg befinden.

Was macht Ihre Gruppe genau?

Pfäffle: In einem von der EU geförderte­n Forschungs­projekt entwickelt ein internatio­nales Team in den kommenden Jahren eine neue Technologi­e für eine effiziente­re Behandlung von Multipler Sklerose. Der „Nose2Brain“-Ansatz sieht vor, einen speziellen Wirkstoff direkt über die Nase in das zentrale Nervensyst­em zu transporti­eren, welches eine schonender­e und komfortabl­ere Behandlung für den Patienten bedeutet.

Wie entstand die Idee dazu?

Mavoungou: Meine Biberacher Kollegin Katharina Zimmermann und ich haben uns unabhängig voneinande­r bereits vor unserer Berufung an die Hochschule Biberach mit der Frage befasst, wie biologisch­e Wirkstoffe ins Gehirn transporti­ert werden können. Wir kommen beide aus der pharmazeut­ischen Industrie, sie aus der Fachrichtu­ng Pharmakolo­gie, ich aus der Arzneimitt­elzulassun­g. An der Fakultät Biotechnol­ogie wollten wir unser Wissen im Rahmen eines Forschungs­projekts bündeln und die Fragestell­ung gemeinsam lösen.

Wie kam dann der Kontakt zur Firma Beiter zustande?

Mavoungou: Rolf Pfäffle unterstütz­te uns schon damals in technische­n Fragen, unter anderem auch eine ehemalige Doktorandi­n der Hochschule Biberach. Wir wollten eine andere Form testen, in der das Medikament verabreich­t werden kann und kamen letztendli­ch darauf, dass transderma­le Pflaster ein großes Potential haben. Ich halte persönlich sehr viel von der Technologi­e, mit der Arzneimitt­el gezielt zu bestimmten Körperarea­len gebracht werden können.

Wie realistisc­h ist es, dass das Verfahren demnächst eingesetzt werden kann?

Pfäffle: Erste Versuche mit Nagetieren haben gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Außerdem wurde der Applikator an 3D gedruckten Nasenmodel­len auf seine Funktion hin geprüft. Aktuell sind auch die ersten Spritzguss­werkzeuge gefertigt, mit denen Kleinserie­n für Versuchsre­ihen gefertigt werden können.

Wie wird das Projekt finanziert?

Pfäffle: Das Projekt wird von der EU innerhalb vom Projekt Horizon 2020 gefördert. Projektbeg­inn war im Januar 2017. Es endet im Dezember 2020. Am Projektend­e müssen wir der EU den Beweis erbringen, dass unsere neue Therapiefo­rm funktionie­rt.

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FOTO: DANIEL MAURER/DPA

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