Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Pfullendorf kümmert sich verstärkt um Obdachlose
Ausschuss beschließt Einrichtung einer 15-Prozent-Stelle – Wohnungsnot verschärft sich
PFULLENDORF - Weil sich Wohnungsnot in der Stadt Pfullendorf zunehmend als Problem erweist, soll eine Fachkraft in Zukunft die Betroffenen betreuen. Zur Verfügung gestellt wird diese vom AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg, der auch im Landkreis Sigmaringen vertreten ist. Die Finanzierung der entsprechenden Stelle genehmigte der Finanz- und Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung in der vergangenen Woche.
Wie Ordnungsamtsleiter Manuel Oberdorfer in der Sitzung berichtete, hat die Stadt Pfullendorf derzeit zehn Menschen in Notunterkünften untergebracht – Tendenz steigend. Durch den Mangel an Wohnungen und steigende Mieten erweise sich Obdachlosigkeit immer mehr als Herausforderung, sagte er. Soziale Probleme der Betroffenen seien eine weitere Ursache. Die Stadtverwaltung stehe in der Pflicht, wohnungslosen Menschen ein Dach über dem Kopf zur Verfügung zu stellen.
Das Dilemma: Während die Stadt damit ihre Pflichtaufgabe erledigt, bleibt die Ursache des Problems bestehen. Wenn sich die Lebensumstände der Betroffenen nicht verbessern, wird die Notunterkunft häufig zur dauerhaften Bleibe. Das, sagte Oberdorfer, sei in Pfullendorf zunehmend der Fall. Deshalb wolle die Stadt den obdachlosen Menschen helfen und vorbeugend eingreifen. Was dafür nötig ist, sei von Mensch zu Mensch verschieden. „Das hängt auch davon ab, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, um einen Alleinstehenden oder eine Familie, um einen Menschen mit Behinderung oder ein alleinerziehendes Elternteil“, sagte Oberdorfer.
Dennoch gab der Ordnungsamtsleiter einen Überblick darüber, welche Aufgaben der AGJ-Mitarbeiter in Pfullendorf erledigen könnte. Dazu zählen beispielsweise die Begleitung der Betroffenen bei Behördengängen oder Hilfestellung bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder einer eigenen Wohnung. Kontakte zur Sucht- oder Schuldnerberatung zu vermitteln wäre ein weiteres Tätigkeitsfeld, ebenso wie Hilfe zur Selbsthilfe und die Klärung sozialrechtlicher Ansprüche.
Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass eine 15-Prozent-Stelle nötig ist, um die Betroffenen ausreichend betreuen zu können. Ähnliche Angebote des AGJ-Fachverbands für Prävention und Rehabilitation gebe es bereits in Sigmaringen und Mengen, sagte Manuel Oberdorfer. Von beiden Städten habe er über die Arbeit positives Feedback bekommen. Dort sei die Anzahl wohnungsloser Menschen zurückgegangen. Für Pfullendorf sei eine zweistündige Sprechstunde pro Woche angedacht – um Anonymität für die Betroffenen zu gewährleisten, möglichst nicht im Rathaus. „Uns liegt noch kein konkretes Vertragsangebot vor, aber wir rechnen mit Kosten von 13 000 bis 14 000 Euro pro Jahr“, sagte Oberdorfer.
Diese Ausgaben hätten sich bereits relativiert, wenn die Stadt zwei bis drei Menschen pro Jahr helfen könne, sagte Bürgermeister Thomas Kugler. Mit dem AGJ-Fachverband habe man einen kompetenten Partner gefunden. Das Votum des Ausschusses für die Umsetzung der Pläne fiel einstimmig aus.