Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der AfD-„Flügel“ist wohl Geschichte
Die rechtsextreme Parteigliederung soll aufgelöst werden – zumindest auf dem Papier
BERLIN (AFP) - Der rechtsextreme „Flügel“in der AfD löst sich offenbar auf. Sein Gründer Björn Höcke sagte am Samstag, die vom AfD-Bundesvorstand geforderte Auflösung sei „ein Vorgang, den der 'Flügel' längst umsetzt: seine Historisierung“. Der AfD-Vorstand hatte am Freitag die Auflösung des „Flügels“bis Ende April gefordert, nachdem der Verfassungsschutz ihn als rechtsextrem eingestuft hatte. Die Linke nannte die Auflösungsankündigung ein „Täuschungsmanöver“.
Auf seiner Facebook-Seite stellte der „Flügel“klar, dass es am Samstag keinen formellen „Beschluss“zur Auflösung des Netzwerks gegeben hatte, wie einige Medien berichtet hatten. „Zutreffend ist, dass wir uns derzeit intensiv mit der Bewertung und möglichen fristgemäßen Umsetzung des Bundesvorstandsbeschlusses zum Flügel beschäftigen.“Für weitere Informationen wurde auf das Höcke-Interview verwiesen. Höcke äußerte sich im Gespräch mit dem neurechten Verleger Götz Kubitschek, das auf dessen Webseite veröffentlicht wurde. Seit der „Flügel“-Gründung 2015 habe sich „die AfD sehr gut entwickelt“, sagte Höcke. Das Netzwerk habe die AfD maßgeblich geprägt. „Nun brauchen wir einen Impuls, der über den Flügel hinausweist und die Einheit der Partei betont“, fügte der thüringische Landes- und Fraktionschef an.
„Nun geht das, worüber wir längst nachdenken, eben schneller“, sagte Höcke weiter. Brandenburgs AfDChef Andreas Kalbitz, er und andere „politikfähige Flügler“würden „ihren
politischen Kurs im Sinne der AfD weiterführen“. Das Netzwerk habe nicht nur „geeignete Leute angezogen“, sagte Höcke und sprach von „Verfilzungen“mit dem „Establishment“. Höcke sagte, ohne „Flügel“wäre die AfD „keine Alternative“mehr: „Der 'Flügel' weiß, was er geleistet hat.“Das Netzwerk habe verhindert, dass die Partei ein „Mehrheitsbeschaffer“wie die konservative Werteunion in der CDU geworden sei, sagte der AfD-Rechtsaußen. Kalbitz wollte die Auflösung der Gruppierung nicht bestätigen, wie das ARD-Hauptstadtstudio berichtete. Er bleibe gegenüber dem Bundesvorstand gesprächs- und kompromissbereit, sagte er.
Der AfD-Bundesvorstand hatte am Freitag über den „Flügel“beraten. Für die Forderung nach Auflösung stimmten elf Vorstandsmitglieder, die einzige Neinstimme kam von Kalbitz. Aus zahlreichen westdeutschen AfD-Landesverbänden waren zuvor Maßnahmen gegen den „Flügel“gefordert worden.
Der Verfassungsschutz stuft die Gruppierung, deren Anhänger er auf 7000 schätzt, als rechtsextremistisch ein. Der „Flügel“ist damit offiziell Beobachtungsfall, es gibt somit mehr Möglichkeiten zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel.
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner erklärte: „Weder der Rassismus der AfD noch der Einfluss von Faschisten wie Björn Höcke wird geringer.“Der „Flügel“habe sich als zentrales Netzwerk in der Partei etabliert. Renner verwies darauf, dass Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland regelmäßig beim „Flügel“-Treffen war.
Der „Flügel“hatte seit seiner Gründung im März 2015 seinen Einfluss in der AfD beständig vergrößert. Bei den drei Landtagswahlen im vergangenen Herbst im Osten belegte die AfD mit ihren „Flügel“-Kandidaten jeweils den zweiten Platz.