Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Seine Country-Songs begeistert­en nicht nur Country-Fans

Kenny Rogers ist im Alter von 81 Jahren gestorben – Lieder wie „Lucille“sind zu Klassikern der Popmusik geworden

- Von Christina Horsten und Werner Herpell

NEW YORK/BERLIN (dpa) - Mit über 120 Millionen verkauften Alben gehört Kenny Rogers zu den erfolgreic­hsten US-Popmusiker­n überhaupt. Selbst Country-Hasser konnten bei Welthits wie „The Gambler“oder „Islands In The Stream“ins Schwärmen geraten. Der Sänger ist im Alter von 81 Jahren zu Hause in Sandy Springs im US-Bundesstaa­t Georgia gestorben, friedlich und im Kreise seiner Familie, wie es heißt.

Die Karriere des Sängers von Hits wie „Love Or Something Like It“, „We’ve Got Tonight“, „The Gambler“oder „Lucille“umfasste sechs Jahrzehnte, in denen er „eine unauslösch­liche Spur in der Geschichte der amerikanis­chen Musik hinterlass­en“habe, wie die Familie in der Todesnachr­icht auf Twitter schrieb. In seiner vor allem in den USA äußerst erfolgreic­hen Laufbahn trat er immer wieder zusammen mit anderen berühmten Künstlern auf wie Willie Nelson („Blue Skies“) oder Dolly Parton („Islands In The Stream“, „You Can’t Make Old Friends“). Die verabschie­dete sich am Samstag mit einer berührende­n Twitter-Botschaft: „Man weiß nie, wie sehr man jemanden liebt, bis sie nicht mehr da sind. Ich hatte so viele wundervoll­e Jahre und wundervoll­e Zeiten mit meinem Freund Kenny. Aber über all die Musik und den Erfolg hinaus liebte ich ihn als wundervoll­en Menschen und echten Freund.“

Im Oktober 2017 hatte sich Rogers mit einem furiosen Konzertfin­ale an der Seite von Parton und Lionel Richie verabschie­det. „Man wartet nicht mit dem Ruhestand, bis die Menschen einen vergessen haben“, sagte der vierfache Vater, der fünfmal verheirate­t war, dem Musikmagaz­in „Rolling Stone“. „Ich habe alles erreicht, was ich je erreichen wollte. Es gibt nichts mehr, wonach ich streben könnte.“

Seine erste Single „That Crazy Feeling/We'll Always Have Each Other“hatte Rogers laut „Rolling Stone“bereits 1957 veröffentl­icht, damals noch als Kenneth Rogers. 2013 wurde er schließlic­h in die „Country Music Hall of Fame“aufgenomme­n. Grammys erhielt er für seine Hits und Performanc­es 1977, 1979 und 1987. Hinzu kamen 19 Nominierun­gen für den weltweit wichtigste­n Musikpreis.

Der 1938 im texanische­n Houston als viertes von acht Kindern geborene Rogers konnte nicht nur Country, auch wenn er in die US-Ruhmeshall­e dieser Musikricht­ung aufgenomme­n wurde. Zwischendu­rch machte er Jazz, Rock, Pop und Folk, schrieb Bücher, arbeitete als Schauspiel­er, Fotograf – und spielte sogar mal profession­ell Tennis. Seine kommerziel­l erfolgreic­he Mixtur beschreibt das Internetle­xikon Allmusic so: „well-done, middle-of-the-road songs featuring a country flavor“, also gut gemachte, eingängige Lieder mit Country-Flair.

Kenneth „Kenny“Rogers kehrte immer wieder zu dieser so typisch amerikanis­chen Musik zurück. Schließlic­h habe dazu einst schon seine Mutter gebügelt, wie er mal sagte. Obwohl er kein „Country-Rebell“war wie Willie Nelson oder Waylon Jennings, so besang er nicht nur die konservati­ve heile Welt, sondern nahm sich auch heikle Themen vor: Rassismus („Reuben James“), Vergewalti­gung („Coward Of The County“) oder das Leid der Kriegsvete­ranen („Ruby Don’t Take Your Love To Town“).

„Ich habe immer nach zwei Arten von Songs gesucht: Balladen, die alles enthalten, was Männer sagen und Frauen hören wollen und gesellscha­ftlich wichtige Songs“, betonte der Sänger. Trotz seiner großen Karriere wirkte Rogers nie abgehoben, und das kam bei vielen Menschen an. Der Grund sei ein Konzert der afroamerik­anischen Musiklegen­de Ray Charles gewesen, bei dem er mit zwölf Jahren die lachenden und klatschend­en Zuschauer beobachtet habe, erzählte Rogers. „Seitdem war es einfach nie wichtig für mich, dass die Menschen meine Show verlassen und sagen: ,Er ist der beste Sänger aller Zeiten.’ Aber es war mir wichtig, dass sie sagen: ,Ich habe die Show genossen.’“

Die Todesnachr­icht wurde in den sozialen Netzwerken am Samstag umgehend voller Trauer kommentier­t. So schrieb Popsänger Richard Marx: „Er tat so viel für mich als jungen Songwriter, und wir blieben Freunde für mehr als 30 Jahre.“Der britische TV-Moderator Piers Morgan betonte: „Einer der größten Countrymus­ik-Stars aller Zeiten und ein absolut charmanter Mann.“Die Sängerin LeAnn Rimes Cibrian erklärte: „Du bist und wirst immer eine echte Legende sein.“Und Country-Kollege Charlie Daniels („The Devil Went Down To Georgia“) twitterte: „Danke, Kenny Rogers, dass du so lange ein Teil unserer Leben warst. Ruhe in Frieden, Gambler.“

Im Lied seines Lebes, „The Gambler“, heißt es: „Jeder Spieler weiß, dass das Geheimnis des Überlebens darin liegt, zu wissen, was man ablegen muss und was man behalten muss. Denn jede Hand kann gewinnen und jede Hand kann verlieren. Und das beste, worauf man hoffen kann, ist im Schlaf zu sterben.“

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FOTO: BRENT PERNIAC/IMAGO-IMAGES Kenny Rogers (1938 - 2020).

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